Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)
„Ein vollkommen neues System“
Der Isnyer Stadtkämmerer Werner Sing zu Doppik und Haushaltsplan 2018
ISNY - Mit dem Haushalt 2018, den Stadtkämmerer Werner Sing diesen Montag ab 18 Uhr in den Gemeinderat einbringt, betreten er und seine Mitarbeiter, die gesamte Stadtverwaltung und der Gemeinderat Neuland: Wie mehrfach in der SZ berichtet, stellen die Kommunen von der kameralistischen auf die doppische Buchführung um. Letztere orientiert sich – stark vereinfacht erklärt – künftig an Unternehmensbilanzen. Was das im Einzelnen bedeutet, welche Eckwerte er für 2018 setzt und wie sich die Finanzsituation der Stadt Isny darstellt, darüber hat sich Werner Sing mit SZ-Redakteur Tobias Schumacher unterhalten.
Herr Sing, was charakterisiert einen doppischen Haushalt?
Der Gesetzgeber will, dass ein Gemeinderat die finanziellen Leitlinien bestimmt, kleinere Positionen dagegen in der Verwaltung abgestimmt werden. Einzelne Posten werden mehr zusammengefasst...
...die der Kämmerer von den einzelnen Fachbereichsleitern erhält. Genau. Die kommunale Doppik ist ein vollkommen neues System, das höhere Anforderungen stellt, weil sie die Erwirtschaftung der Abschreibungen vorsieht. Verbunden ist damit, dass wir alle Vermögenswerte der Stadt aufnehmen müssen: Straßen, Gebäude, Schulen, Kindergärten und so weiter. Interessant ist etwa der Bereich der Straßen: Die kann man nicht verkaufen, sondern muss sie erhalten. Trotzdem werden sie als Vermögen behandelt. Das alles zusammenzutragen, war eine gewaltige Aufgabe für Rita Rist, seit vielen Jahren Leiterin der Stadtkasse, und ihre Kolleginnen.
Führt die Doppik zu Intransparenz?
Das wollen wir unter allen Umständen vermeiden! Die neue Haushaltsführung ist tatsächlich nicht so transparent wie die Kameralistik, manches ist nicht mehr so leicht nachzulesen, aber wir werden die Gemeinderäte umfassend informieren.
Auf welchem Wege? Zuletzt gab es wiederholt kritische Stimmen ...
... die nicht den Tatsachen entsprechen. Das ist eher ein Gefühl, das geht Gemeinderäten in anderen Kommunen genauso. Nur ein Punkt: Bereits im Juli 2017 haben wir darauf hingewiesen, dass es verbesserte Steuereinnahmen gibt. Ein guter Ansatz bei der Vorbereitung für 2018 war auch, dass wir zum Beispiel den stellvertretenden Leiter vom Gymnasium und den Bauhofleiter in den Arbeitskreis Haushalt eingeladen haben, die ihre Kostenansätze gut darlegen konnten. So wollen wir das in Zukunft handhaben. Der Gemeinderat hat die Finanzhoheit, er kann sie nicht delegieren, das ist uns in der Verwaltung ganz wichtig.
Was heißt das mit
Blick auf den Haushalt 2018? Vorab zur Erklärung: Im neuen System gibt es keinen Verwaltungshaushalt mehr, der heißt jetzt Ergebnishaushalt. In dem sind die Abschreibungen enthalten, die erwirtschaftet werden müssen. Dieser Punkt gelingt uns mit einem positiven Saldo von 690 000 Euro. Daneben steht das Investitionsprogramm, bisher der Vermögenshaushalt. Das Volumen umfasst mit 13,6 Millionen Euro deutlich mehr als in den Vorjahren.
Aus welchem Grund?
Die Summe ist bedingt durch Schulzentrum, Stadtsanierung mit Hallge- bäude und Hofstatt und zahlreiche weitere Investitionen wie Krippenanbau am Kindergarten Spatzennest, die Baustelle Oberer Graben, wo wir 115 000 Euro ansetzen, Neubaugebiet Rohrdorf und in Beuren die Kanalsanierung und eine Gerätehalle für den Bauhof für rund 200 000 Euro. Was die Sportler interessieren wird: Für einen neuen Pistenbully haben wir 200 000 Euro veranschlagt.
Wie sehen Sie die Haushaltssituation allgemein?
Beim Volumen des Gesamthaushalts 2018 haben wir mit 51,6 Millionen Euro eine moderate Steigerung. Die interessanteste Entwicklung sind die Gewerbesteuern: 2016 hatten wir Gewerbesteuereinnahmen von 8,1 Millionen Euro, der Ansatz für 2017 lag bei 7,9 Millionen. Mit 11,7 Millionen gab es aber eine Rekordeinnahme, wofür wir den Isnyer Unternehmen alle dankbar sein können. So viel gab es noch nie! Wir konnten deshalb 1,9 Millionen Euro an Krediten tilgen. 2018 kalkulieren wir bei einer weiterhin guten wirtschaftlichen Entwicklung mit zehn Millionen, das hatten wir auch 2007 und 2015. Spannend wird es ab 2019 ...
... dem Jahr, für das Bürgermeister Rainer Magenreuter bereits Steuererhöhungen in Aussicht gestellt hat?
Das ist im Hinblick auf die Mega-Investitionen Schulzentrum und Stadtsanierung vorgesehen. Aber auch wenn die Finanzdaten des Landes positiv sind, ist der Haushalt 2019 aus heutiger Sicht schwer kalkulierbar. Wir unterrichten den Gemeinderat regelmäßig – mit einem ersten Quartalsbericht im April, den wir nach der Mai-Schätzung von Bund und Land im Juli untermauern.
Wie viel wird die neue Schule kosten?
Man muss davon ausgehen, dass das Schulzentrum nicht mit 34 Millionen Euro abgerechnet wird. Zugleich kann eine Schätzung in einer so frühen Phase nicht den Punkt treffen. Die nächste Kostenerhebung haben uns die Planer für März angekündigt. Erschwerend ist auch, dass die Hochkonjunktur nicht nur gute Steuereinnahmen bedeutet, sondern uns auch höhere Baupreise beschert. Aber: Das Schulzentrum ist – auch wenn ich mit dem Begriff eigentlich vorsichtig bin – ein Jahrhundertprojekt. Die Planungen kosten Zeit, die Ausschreibungen – das einfach mal über zwei Jahre zu schätzen, das ist zu knapp.
Mit 11,7 Millionen Euro Gewerbesteuer gab es eine Rekordeinnahme. So viel hatten wir noch nie! Stadtkämmerer Werner Sing
Wohingegen Bürger und Gemeinderäte ungeduldig sind ... Gemeinderat und Verwaltung sind mehrheitlich davon überzeugt, dass Investitionen uns voranbringen. Wir haben große Herausforderungen vor uns. Denen stellen wir uns, und wir freuen uns, wenn wir die Infrastruktur der Stadt verbessern können: Schule, Bücherei, Isny Marketing, Marktplatz, Obertorstraße. 2009/10 haben wir übrigens richtiggehend antizyklisch gehandelt mit Investitionen in Feuerwehr, Dorfgemeinschaftshäuser, Schulen. Das zahlt sich heute aus. Die Stadt wird auch in Zukunft investieren. Das ist möglich dank der erfolgreichen Unternehmen. Etwas zu verschieben ist aus finanzieller Sicht nicht angedacht.
Wie viele Schulden hat jeder Isnyer statistisch?
Wir liegen bei einer Pro-Kopf-Verschuldung von 762 Euro.