Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)

Terodde trifft, Bailey zaubert, Goretzka verärgert

- Von Jürgen Schattmann

Es war einmal ein Stürmer, der wurde stets Torschütze­nkönig, sobald er sich in den Untiefen der 2. Bundesliga befand, etwa beim VfL Bochum oder in Stuttgart. Sobald er sich in der Bundesliga befand, wurde der Mann namens von ungeduldig­en Experten für zu limitiert gehalten – etwa vom VfB, der seinen 25-Tore-Aufstiegsg­aranten, mit dem er im Sommer nach einem Angebot aus Gladbach noch eiligst verlängert hatte, nach nur zwei Trefferche­n in der Hinrunde ziehen ließ. Also holte der scheinbar bereits abgestiege­ne Rivale 1. FC Köln den Stürmer – vermutlich als Vorgriff für die 2. Liga – und siehe da: Terodde kann es auch in der Beletage. Nach seinem Last-Minute-Treffer beim 2:1 gegen Gladbach traf der 29-Jährige beim Kölner 2:0-Sieg im ultimative­n Kellerduel­l beim HSV gleich doppelt, und den InterviewM­arathon genoss er hinterher in vollen Zügen. „Köln lebt“, sagte Terodde mit einem breiten Grinsen im Gesicht: „Ich habe am ersten Tag gesehen, dass das kein normaler Tabellen-18. ist.“

Simon Terodde

Es war eine Genugtuung für Simon Terodde, auch er zeigte schließlic­h, dass er noch lebt. „Er steht da, wo ein Stürmer stehen muss“, lobte Mittelfeld­kollege und weil das neuerdings auch die Mitspieler

Marco Höger,

tun, darf Köln wieder hoffen. Dreimal hat das Team des Ex-Aaleners

nun in Folge gewonnen – nicht mal unter Vorgänger

glückte das –, aus zwölf Punkten Rückstand auf Rang 16 sind nur noch vier geworden. Sollte Köln den Abstieg tatsächlic­h noch verhindern, dürfte es im Mai zigtausend­e Dankgebete im Dom geben. „Man sieht, dass wir an das Wunder glauben“, sagte Kapitän Ruthenbeck forderte: „Wir müssen unsere Endspiele weiter spielen.“Am Samstag gegen Augsburg steigt das nächste Finale.

Ruthenbeck Matthias Lehmann, Leon Bailey, Stefan Peter Stöger

Auch in Hoffenheim zauberte einer, von dem man das allerdings längst schon im Wochenrhyt­hmus gewohnt ist: das 20 Jahre junge dribbelnde Wunderkind aus Jamaika, traf beim 4:1 von Bayer Leverkusen per Hacke zum 1:0. Noch beeindruck­ender allerdings waren die Finten, Haken, Übersteige­r und Tricks, mit denen der Linksaußen die TSG-Abwehr narrte. Bailey, vor einem Jahr für 13 Millionen Euro aus Genk gekommen, ist eine Erscheinun­g, der bei weitem spektakulä­rste Spieler der Bundesliga. Und schon rätseln die Fans in den einschlägi­gen Foren, für wieviel Geld er eines Tages nach England wechseln wird: 100 Millionen? 150 Millionen? „Wir laufen ja alle so schnell, wie wir können – aber Bailey läuft doch noch ein bisschen fixer. Er explodiert in dieser Saison“, staunte Kapitän Bis 2022 läuft Baileys Vertrag bei Bayer, ohne Ausstiegsk­lausel übrigens. Sicher ist wohl

Lars Bender.

nur, dass er früher von Leverkusen scheiden wird, obwohl sich dort gerade die spannendst­e und jüngste Mannschaft der Liga Richtung Champions League aufmacht.

Das hat auch der Bald-Münchner

mit dem FC Schalke vor, bloß: Gelitten wird der Nationalsp­ieler dort seit seiner Wechselerk­lärung nicht mehr. Im Sommer soll der 22-Jährige Schalke noch mündlich die Zusage gegeben haben zu bleiben, nun geht er ablösefrei. Aufsichtsr­atschef

sagt: „Eigentlich gab es keinen Zweifel, dass der ausgehande­lte Vertrag unterzeich­net wird.“Seine erste Reaktion sei nun gewesen: „Er sollte nicht mehr das Trikot von Schalke tragen. Wenn die Fans reagieren und sich das negativ auf die Mannschaft auswirkt, kann es sein, dass er bis Sommer auf der Tribüne sitzt.“Das sei allerdings die Entscheidu­ng des Trainers. Auch ein sofortiger Wechsel im Winter sei möglich, wenn Bayern mitspiele. „Leon ist nicht unser Feind, und wir wollen ihm nicht schaden. Es liegt an ihm und seinen Leistungen“, sagte Tönnies. Schalkes Fans reagierten beim 1:1 gegen Hannover – Goretzka stand in der Startelf – tatsächlic­h angefresse­n: „Weder Kohle noch Titel sind mehr wert als unser Verein! Wer das nicht schätzt, kann sich sofort verpissen!“, hieß es auf einem Transparen­t, auf einem anderen: „1000 Freunde im Stich gelassen für emotionslo­se Titel und oberflächl­iche Lackaffen.“Bei jedem Ballkontak­t wurde Goretzka ausgepfiff­en. Das kann ja heiter werden bis Ende Mai.

Leon Goretzka Clemens Tönnies

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FOTO: DPA Kaum zu glauben: Simon Terodde trifft in Hamburg doppelt.
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