Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)
Die Zwölf-Millionen-Euro-Maschine läuft
Pfleiderer-Konzern nimmt in Leutkirch neue Anlage in Betrieb und kündigt weitere Investitionen an
LEUTKIRCH - Der Oberbürgermeister ist froh, der Betriebsratsvorsitzende erleichtert. Eine neue sogenannte „Hotcoating-Anlage“, aktuell die größte dieser Art weltweit zur Beschichtung von Dekorplatten, ist am Dienstag am Pfleiderer-Standort Leutkirch in Betrieb genommen worden. Zwölf Millionen Euro hat der Konzern, der in Warschau an der Börse notiert ist, in diese 165 Meter lange Produktionsstrecke investiert. Und dabei soll es nicht bleiben.
Blaue Helme, gelbe und orangefarbene Jacken für die Gäste, beim Betreten der Fertigungsanlagen zudem Überzieher für die Straßenschuhe – einfach so hineinspazieren konnten die Gäste nicht, um die Investition zu inspizieren. Wer Holzplatten veredelt, wer in aufwendigen Verfahren Lackierungen und Dekors auf die Unterlagen bringen will, muss auf absolute Sauberkeit achten. Und weil die neue Maschine technisch raffiniert ist und neue Maßstäbe in der Produktion setze, darf auch nicht an jeder Stelle während des Firmenrundgangs fotografiert werden. Eine Maschine von der Stange ist da nicht entstanden. Im Gegenteil. 42 verschiedene Lieferanten einzelner Komponenten mussten von einem achtköpfigen Entwicklungsteam koordiniert werden. „Es ist nichts dem Zufall überlassen worden“, betonte Dirk Hardow, einer der PfleidererVorstände.
Bürgergespräch folgt
„Für uns ist das ein klares Signal, dass der Konzern unseren Standort stärken will“, sagte während des Rundgangs der Betriebsratsvorsitzende Jürgen Schnarr. Er spricht auch von einem klaren Zeichen an die Stadt und die Bevölkerung, dass bei Pfleiderer mit sicheren Arbeitsplätzen zu rechnen sei. Schon in der kommenden Woche will der Konzern bei einem Bürgergespräch am Dienstag um 18 Uhr im Gasthof Rad die nächste Großinvestition in Leutkirch erläutern. Nach ersten Angaben könnte diese Erweiterung mehr als 20 Millionen Euro kosten.
So ein Bekenntnis zum Standort Leutkirch gefällt auch Oberbürgermeister Hans-Jörg Henle: „Ich bin froh über diese erfreuliche Entwicklung.“Bis vor wenigen Jahren noch galt der Standort in Leutkirch als gefährdet. Keine Rede mehr davon am Dienstag. Auch Pfleiderer-Vorstandsmitglied Ivo Schintz spricht von einem „Meilenstein“, der jetzt in Leutkirch mit Blick auf die Wachstumsstrategie des Konzerns entstanden sei. Bis 2021 strebt das Unternehmen einen Umsatz von 1,2 Milliarden Euro an – aktuell ist es eine Milliarde. Pfleiderer sei auch dank des Standorts Leutkirch eine Premiummarke in dem hart umkämpften Markt der Holzwerkstoffhersteller. „Wir spielen mit der neuen Anlage jetzt in einer ganz anderen Liga“, meint Schintz. Die Belegschaft vor Ort habe ein besonderes Lob verdient, weil sie innerhalb vergleichsweise kurzer Zeit dazu beigetragen habe, die neue Anlage zum Laufen zu bringen. Vier Monate früher als geplant konnte während der Testläufe die erste Platte gepresst werden. An dieser versammelten sich die Gäste am Dienstag noch zu einer Signierstunde.
Mit dem neuen Verfahren tritt Pfleiderer nun auch auf dem Weltmarkt mit beschichteten Platten für den Außenbereich an. Dieses Segment fehlte bislang im Angebot. Die mehrfach lackierten Platten können für Möbel, für Fassaden oder Balkonbrüstungen eingesetzt werden. Michael Scheller vom Produktmanagement erklärte, bis zur Markteinführung lägen alle notwendigen Zertifikate vor. „Alle Tests haben gezeigt, dass unsere Produkte über die Nutzungsdauer hinweg farbstabil sind.“
Aktuell werden, so Betriebsleiter Diethard Singer, am Standort Leutkirch knapp 500 Personen beschäftigt. Mit der neuen Anlage entstehe ein wichtiges weiteres Standbein. „Wir sind nun mal dazu da, Oberflächen zu veredeln.“Schnarr meint dazu: „Wir sind die Spezialisten.“