Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)
Tote Frau aus Wilhelmsdorf: Heute startet der Prozess in der Schweiz
Vater des Opfers muss sich unter anderem wegen vorsätzlicher Tötung verantworten
WILHELMSDORF/FRAUENFELD (ric) - Es ist ein spektakulärer und zugleich mysteriöser Fall, den das Bezirksgericht Frauenfeld im Schweizer Kanton Thurgau heute, Mittwoch, verhandelt. Hier in der Region ist er als der Fall der toten Wilhelmsdorferin im Gedächtnis geblieben, in der Schweiz nennen ihn die Medien „Fall Wagenhausen“. Der Verhandlungsbeginn ist um 7.45 Uhr, bis zum Abend soll es auch ein Urteil geben, wie es auf Nachfrage in Frauenfeld heißt.
Vor Gericht steht der Vater von Vanessa W., dem 25-jährigen Opfer, der aus Leutkirch im Landkreis Ravensburg stammt. Ihm wird von der Staatsanwaltschaft unter anderem (eventual-)vorsätzliche Tötung vorgeworfen. (Eventual-)Vorsätzliche Tötung bedeutet, dass der Vater seine Tochter nicht absichtlich getötet hat, dass er aber bei seiner Tat mit ihrem Tod hätte rechnen müssen beziehungsweise diesen billigend in Kauf genommen hat. Darauf können die Gerichte laut Schweizer Strafgesetzbuch eine mehrjährige Haftstrafe nicht unter fünf Jahren verhängen.
Länger als eineinhalb Jahre ist ermittelt worden, bis schlussendlich im September 2017 Anklage beim Bezirksgericht Frauenfeld erhoben wurde. Die Staatsanwaltschaft Ravensburg war ebenfalls in die Ermittlungen eingebunden, schlussendlich haben dann aber die Schweizer Behörden übernommen.
Silvesterfeier eskalierte
Wie die „Schwäbische Zeitung“mehrfach berichtet hatte, ereignete sich die Tat am 2. Januar 2016 in der Wohnung des Ex-Freundes des Opfers in einem Mehrfamilienhaus in Wagenhausen (Kanton Thurgau). Dort wollte man gemeinsam Silvester feiern und ein paar Tage verbringen. Die Polizei hatte nach einem Notruf die Wohnungstür geöffnet und eine am Boden liegende Frau vorgefunden. Außerdem standen zwei Männer im Raum: der Tatverdächtige und sein Freund.
„Außergewöhnlicher Todesfall“
Schnell habe sich dann der Verdacht auf eine vorsätzliche Tötung erhärtet, sagte der Thurgauer Oberstaatsanwalt Stefan Haffter der SZ. Die Ermittler hatten es mit einem sogenannten „außergewöhnlichen Todesfall“zu tun, wie es damals die Behörden ausdrückten. Beide Männer wurden festgenommen und kamen in vorzeitige Haft. Der ExFreund von Vanessa W. wurde aber bereits im Februar wieder freigelassen. Laut Schweizer Medienberichten ist er auch vom Vorwurf der unterlassenen Hilfeleistung freigesprochen worden.
Laut Berichten der Schweizer Boulevard-Zeitung „Blick“bewegten sich das Opfer sowie die beiden Männer in der Mittelalter-Szene. Man traf sich auf speziellen Mittelalter-Märkten, Ritterturnieren und Konzerten. Ihren Vater hat die 25Jährige erst zwei Jahre vor ihrem Tod zum ersten Mal getroffen.