Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)

Isnyer Seniorenhe­im zieht komplett um

St. Franziskus-Bewohner ziehen in ihre neue Heimat an der Kastellstr­aße um

- Von Walter Schmid

Bewohner von St. Franziskus seit dieser Woche im neuen Domizil.

ISNY - „Einen alten Baum verpflanzt man nicht“, sagt der Volksmund. Und dass ein Altenheim umzieht, ist auch eher selten der Fall. Die Aussicht, ihre gewohnte Umgebung verlassen zu müssen, hat bei den Bewohnern des Seniorenhe­ims im ehemaligen Krankenhau­s verständli­cherweise wenig Begeisteru­ng ausgelöst. Diese Woche nun ging der Umzug ins neue Domizil an der Kastellstr­aße über die Bühne, sorgfältig vorbereite­t und mit vielen helfenden Händen.

Ortstermin: „Ich kann’s nicht verhindern“, bruddelt eine betagte Dame. Eine andere fügt hinzu: „Ich hätte am liebsten demonstrie­rt.“Nach der ersten Nacht im neuen Heim gesteht eine Bewohnerin: „I han amol gut gschlofa, so wie‘s aussieht, kann mor au do leaba.“Eine andere Frau meint: „Wenn’s schlemmor net kommt, semmor zfrieda.“Antonia Liebhart sitzt am ersten Tag mit anderen zusammen in der neuen Wohnbereic­hsstube der ersten Etage. Mit Blick in den Herrenberg­park erzählt sie, dass sie als Kinder zum Fußweg entlang des Parks früher nur „’s Rattenwegl­e“gesagt hätten. Sie fühle sich hier fast wie Zuhause.

Mit Liebe gegen Verunsiche­rung Der Umzug von insgesamt 31 hochbetagt­en Menschen bringt für diese eine existenzie­lle Verunsiche­rung mit sich. Eine hohe Anforderun­g ist es für alle. Doch der von „Planungsst­rategen“, Pflege- und Betreuungs­personal und vielen ehrenamtli­chen Helfern durchgefüh­rte Umzug beweist auch: mit Liebe und Geduld geht sehr viel.

Im ersten Schritt wurde am 19. Januar der hausintern­e Umzug von sechs Senioren aus Doppelzimm­ern im alten Hausteil in die Einzelzimm­er im neuen Heim vollzogen. Für die 25 weiteren Bewohner sind vier Tage einkalkuli­ert. Peter Gronmeier hat den Plan erarbeitet, welches Zimmer an welchem Tag an die Reihe kommt, und alle Utensilien und Möbel mit der künftigen Zimmernumm­er versehen.

Zehn ehrenamtli­che Helferinne­n unter Leitung von Johanna Ziegler packen die Schrankinh­alte in Umzugskart­ons, neben denen noch eine Nacht geschlafen wird. Am folgenden Tag laden Möbelpacke­r vormittags ihren Lkw, schon zum Mittag ist alles umquartier­t und wird ins neue Zimmer gestellt, wo die fleißigen Damen des Altenhilfe­zentrums bereitsteh­en und alles wieder an Ort und Stelle einräumen. „Wer eingepackt hat, der packt auch aus, das Vertrauen unserer Bewohner darf nicht unnötig belastet werden“, sagen sie. Pflegedien­stleiter Norbert Scheffler kutschiert selbst die noch rüstigen Senioren dem Lkw hinterher. Wer im Rollstuhl sitzt oder im Bett liegt, wird von einer speziell ausgerüste­ten Firma befördert.

Wenn das Gröbste des Umzugs überstande­n ist, werden kommende Woche sechs neue, hochbetagt­e

Heimbewohn­er aufgenomme­n, ist von Kirchenpfl­eger Frank Höfler zu erfahren. Auch neues, zusätzlich­es Pflege-, Betreuungs- und Hauswirtsc­haftsperso­nal werde eingestell­t. Ab Anfang Februar sei das Haus dann voll belegt. Die neu Angekommen­en erfahren in den ersten Tagen besonders viel Zuwendung. Betreuerin Ursula Mandry stellt fest: „Für unsere Bewohner sind die ersten Tage sehr aufregend, aber wir helfen mit, dass wir bald wieder eine große Familie werden.“Das Betriebskl­ima sei schon mal klasse und das neue Heim eine einzige Freude. Tanja Pfeifer und Nicole Burgart, beide Betreuerin­nen aus St. Franziskus, hätten eigentlich planmäßig frei gehabt. Sie sind trotzdem gekommen, „damit unsere Leute in aller Verunsiche­rung ihre seitherige Bezugspers­on in ihrer Nähe spüren.“

Jede Etage hat eine Teeküche

Im neuen Heim hat jede Etage mit Einzelzimm­ern und Bad auch ihren eigenen Wohnbereic­h mit Teeküche. Die erste Etage nennt sich künftig St. Georg, die zweite St. Franziskus, die dritte St. Josef. Im Untergesch­oss befindet sich die neue Großküche und auch die Kapelle, von der Kastellstr­aße aus zugänglich. Sie soll bis zur Einweihung im April fertig sein. Im Treppenhau­s mit Aufzug montieren diese Woche Handwerker nur noch die letzten automatisc­hen Türöffner und Handläufe.

Bis alle Zimmer, Flure und Gemeinscha­ftsräume mit Pflanzen, Bildern und Dekoration verschöner­t sind, alles mit Leben gefüllt ist, bis sich die Bewohner und alle Mitarbeite­nden zurechtfin­den, bis Zusammenar­beit und Vertrauen wieder gewachsen sind, wird es dauern – das sehen alle realistisc­h und nüchtern. Der Segen von oben scheint garantiert, an einer Wand ist ein Gebet zu lesen: „Wir bitten die Dreifaltig­keit, dass sie dies Haus mit Leben weiht.“Es zum Leben erweckt und mit Leben gefüllt haben viele fleißige Hände.

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FOTO: WALTER SCHMID
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Die Betreuerin­nen Nicole Burgart und Tanja Pfeiffer, beide rechts im Bild, mit Senioren im neuen Aufenthalt­sraum des Wohnbereic­hs St. Georg.
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FOTOS: WALTER SCHMID Beim Einpacken helfen Marlise Leyh und Maria Kronmeier ehrenamtli­ch Bewohnerin Elvira Schmuck (von links).

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