Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)
Klimawandel-Skeptiker leitet bald Umweltausschuss
AfD-Landtagsabgeordneter Grimmer lässt sich zum Vorsitzenden wählen – Mitglieder anderer Fraktionen hadern
STUTTGART - Der AfD-Abgeordnete Bernd Grimmer soll an diesem Donnerstag zum Vorsitzenden des Umweltausschusses im Stuttgarter Landtag gewählt werden. Mitglieder der anderen Fraktionen haben ein Problem damit, Grimmer auf diesen Posten zu hieven – ausgerechnet einen Leugner des von Menschen gemachten Klimawandels.
„Wir haben eine Befragung vorgesehen“, sagt Paul Nemeth. Er ist Vorsitzender des Arbeitskreises Umwelt der CDU-Fraktion und Mitglied im Umweltausschuss. Dort habe er Grimmer noch nicht wahrgenommen – auch deshalb die Befragung. „Wir kennen ihn nicht, er ist nicht präsent.“Nemeths Gegenpart auf grüner Seite ist Bettina Lisbach. Auch sie sagt: „Wir wollen Herr Grimmer ein paar Fragen stellen.“Gewöhnlich ist ein solches Vorgehen nicht.
Egal, was Grimmer sagt – am Ende wird er wohl den Vorsitz übernehmen können. Denn: „Wir müssen anerkennen, dass der AfD ein Vorsitz zusteht“, sagt Nemeth. „Das ist auch einklagbar.“Was also tun? Im Landtag kursiert bei dieser Frage die Geschichte der Republikaner (REP). Als sie in den 1990er-Jahren in den baden-württembergischen Landtag einzogen, standen ihnen Ausschussvorsitze zu. Bei den Wahlen enthielten sich alle außer die REP-Abgeordneten. Das Vorgehen könnte bei Grimmers Wahl als Vorbild dienen.
Das Problem, das die anderen Ausschussmitglieder umtreibt, erklärt Paul Nemeth: „80 Prozent unserer Ausschussarbeit hängt mit dem vom Menschen gemachten Klimawandel zusammen.“Genau den leugnet die AfD. „Das ist so, als wenn ein Vegetarier eine Fleischfabrik erbt.“
Grimmer, der bei der Landtagswahl 2016 per Direktmandat aus Pforzheim in den Landtag einzog, bezeichnet den Klimawandel als „nicht bewiesen.“Studien dazu seien sehr selektiv. „Wir stehen am Ende einer Kaltzeit, Schwankungen gab es schon immer“, sagt Grimmer, der früher auch mal den Grünen angehörte.
Erleichtert äußert sich Nemeth darüber, dass Grimmer nicht die geplante Informationsreise nach Skandinavien Anfang Mai begleitet. Delegationsleiter wird sein Stellvertreter sein, der Ravensburger CDU-Abgeordnete August Schuler. Nemeth äußert sich erleichtert darüber, denn Grimmer könne weite Teile des Landtags nicht vertreten.
Ein Jahr lang haben SPD und AfD um die Vorsitze in den Landtagsausschüssen gerungen. Die SPD hatte drei, die AfD lediglich einen besetzt. Wegen ihrer Stärke stehen aber beiden Fraktionen je zwei Vorsitze zu.
Eigentlich stünde der AfD als größter Oppositionsfraktion traditionell der Vorsitz des mächtigen Finanzausschusses zu. Den wollte die SPD aber nicht abgeben und bot den Umweltausschuss an. Ein Kompromiss, mit dem zwar die AfD leben konnte, nicht aber die SPD-Abgeordnete Gabi Rolland. Sie saß bislang dem Ausschuss vor und wehrte sich vehement – inklusive Attacken gegen die männliche Fraktionsspitze.