Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)
Anna-Maria Wagner blickt Richtung Tokio
Judoka aus Ravensburg will zu den Olympischen Spielen 2020
RAVENSBURG - Den ersten großen Titel des Jahres hat sich Anna-Maria Wagner bereits gesichert. Als deutsche Meisterin geht die Judoka des KJC Ravensburg in die weitere Saison, in der die Qualifikation für die Olympischen Spiele 2020 in Tokio beginnt. Die Teilnahme im Mutterland ihres Sports ist das erklärte Ziel der 21-jährigen Sportsoldatin.
Um 2020 in Tokio dabei sein zu können, muss sich Wagner in ihrer Gewichtsklasse (bis 78 Kilogramm) weiter gegen ihre deutschen Konkurrentinnen durchsetzen. Dazu zählen vor allem Luise Malzahn, OlympiaFünfte in Rio de Janeiro, und Maike Ziech. Bei den Deutschen Meisterschaften in Stuttgart ließ Wagner schon mal beide hinter sich. Malzahn verlor überraschend gegen die spätere Vizemeisterin Julie Hölterhoff vom KSV Esslingen. „Es zählt im Judo eben jede Sekunde“, sagt Wagner. „Man hat gesehen, dass eine gute Judoka wie Luise eben auch mal nur Dritte werden kann, weil sie eine Sekunde nicht aufgepasst hat.“
Nur zehn Sportlerplätze für Frauen bei der Bundeswehr
Für das Ausscheiden von Maike Ziech war Anna-Maria Wagner selbst verantwortlich. Im Halbfinale feierte die Ravensburgerin einen späten Sieg durch eine Wurftechnik mit Ipponwertung, nach der ein Kampf sofort zu Ende ist. „Ich hatte noch nie gegen sie gewonnen, wusste aber, dass ich sie schlagen kann“, sagt Wagner. Nach dem Sieg in Finale gegen Hölterhoff war die Ravensburgerin „mega zufrieden“.
Vom Judo leben kann Wagner trotz ihrer Erfolge – sie ist auch amtierende U-23-Europameisterin – nicht. Die 21-Jährige ist Sportsoldatin der Sportfördergruppe Köln, lebt in der Domstadt und trainiert dort am Olympiastützpunkt. „Ich habe einen Sportlerplatz, eine Art Jahresvertrag“, sagt Wagner. Zehn Sportlerplätze für Frauen gibt es in Deutschland bei der Bundeswehr. „Mein Platz ist jetzt erst einmal sicher“, meint sie lachend mit ihrer Goldmedaille aus Stuttgart in der Hand. Wagner weiß aber auch: „Es hängt natürlich immer von der Leistung ab.“
Wagner möchte noch so lange wie möglich Teil der Sportfördergruppe bleiben – schon alleine aus finanziellen Gründen. „Ohne die Bundeswehr könnte ich den Leistungssport so nicht betreiben.“Um für die Karriere nach der Karriere gerüstet zu sein, studiert Wagner an der Fernhochschule Riedlingen Hotel- und Tourismusmanagement. „Ich bekomme alles unter einen Hut. Und ich liege meinen Eltern nicht mehr auf der Tasche.“Ihren Eltern, die sie schon als kleines Kind zum Judotraining beim KJC Ravensburg gebracht haben. Unter ihrer Heimtrainerin Christa Hoffmann wurde Anna-Maria Wagner immer besser – inzwischen ist sie zweimalige deutsche Meisterin und hat zahlreiche weitere Titel gewonnen. Die Judo-Bundesliga gewann sie in der vergangenen Saison mit der TSG Backnang.
Doch über allem steht die Qualifikation für Olympia in Tokio. „Das ist mein großes Ziel“, sagt Wagner. „Es ist realistisch.“Es gibt beim Deutschen Judobund quasi eine eigene Olympiarangliste der jeweiligen Gewichtsklassen. „Es geht für mich darum, Punkte zu sammeln. Dann hoffe ich, dabei zu sein.“Zusätzlich zu den ersten Qualifikationswettkämpfen stehen in diesem Jahr noch zwei weitere Großereignisse bevor: die Europameisterschaft Ende April in Tel Aviv sowie die Weltmeisterschaft Ende September in Baku. „Ich möchte mich für die EM und WM qualifizieren“, so Wagner. „Vielleicht kann ich ja schon in diesem Jahr bei den Großen eine Medaille holen.“Daneben gibt es zahlreiche Turniere – sowohl im Europacup als auch auf Grand-Prix-Ebene – sowie diverse Trainingscamps.
Doch wie lange lässt sich der Judosport mit diesem Aufwand auf diesem Niveau betreiben? „Schwierig zu sagen“, meint Wagner. Natürlich hängt es in einem Sport, der von Kraft, Schnelligkeit und auch Ausdauer geprägt ist, von der Fitness ab. „Ich hatte glücklicherweise noch keine großen Verletzungen.“Und so plant Wagner nicht nur bis zu den Olympischen Spielen 2020 („Da wäre ich dann 24 Jahre alt, das ist voll in Ordnung.“), sondern sogar noch vier Jahre weiter. „Wenn es klappt, würde ich auch bis 2024 weitermachen“, sagt Wagner. Dann sind die Olympischen Spiele in Paris. „Mit 28 Jahren könnte ich mir dann aber gut vorstellen, aufzuhören.“