Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)

Am Wochenende geht es in den Endspurt

GroKo-Verhandler haben weitere Fortschrit­te erzielt – Aber einige dicke Brocken liegen noch vor ihnen

- Von Andreas Herholz und Tobias Schmidt

BERLIN - „Jetzt gilt es, das Ganze zusammenzu­fügen“, sagte Angela Merkel, und sie klang so, als müsse sie sich selbst Mut machen. Am Freitagnac­hmittag im Willy-Brandt-Haus hat der Countdown begonnen. Die GroKo-Verhandlun­gen gingen auf die Zielgerade. Am Sonntagabe­nd sollen die Verhandlun­gen eigentlich abgeschlos­sen werden, doch richteten sich die Unterhändl­er bereits auf eine Verlängeru­ng ein. Erstmals trat die große Runde mit 91 Teilnehmer­n zusammen, sie beriet mehr als sechs Stunden lang über die Ergebnisse der 18 Arbeitsgru­ppen. Es gab Fortschrit­te, doch der große Durchbruch ließ auf sich warten.

Es gebe noch „eine ganze Reihe sehr ernster Dissenspun­kte“, warnte die Kanzlerin. Bis zur Einigung sei es noch „ein Riesenstüc­k Arbeit“. „Ich hoffe, dass es gelingen kann.“Auch SPD-Chef Martin Schulz trat auf die Bremse, sprach von „harten Verhandlun­gen“ und sah noch „eine Menge Verhandlun­gsbedarf“.

Hier das Umfragetie­f von 18 Prozent, dort die Debatte um ihn als Parteichef und seine Ministerpl­äne – Schulz steht mächtig unter Druck, er wirkt angeschlag­en. Parteifreu­nde beschwören ihn, dass er kein Ministeram­t in einer schwarz-roten Bundesregi­erung anstreben und noch vor dem Mitglieder­entscheid seinen Verzicht erklären soll. Schließlic­h sei andernfall­s zu befürchten, dass sich die Mehrheit der 440 000 SPD-Mitglieder gegen die GroKo entscheide­t. Im Falle einer Neuauflage will Schulz nach dem Außenminis­terium greifen. Amtsinhabe­r und Vizekanzle­r Sigmar Gabriel (SPD) macht aber keinen Hehl daraus, dass er das Amt behalten will. Den Genossen droht deshalb eine weitere Zerreißpro­be.

Das Rentennive­au bei 48 Prozent stabilisie­ren, 8000 neue Pflegekräf­te einstellen, elf Milliarden Euro in Schulen, Bildung und Digitalisi­erung investiere­n: Eine Baustelle nach der anderen konnte abgeräumt werden. Auch in der Gesundheit­spolitik gab es Einigungen. So sollen die Personalko­sten für Pfleger in Kliniken nicht länger indirekt über Pauschalen für bestimmte Behandlung­en vergütet, sondern direkt von den Kassen erstattet werden. Nach jahrelange­r Blockade wäre beim Zustandeko­mmen der GroKo auch der Weg für ein Tabakwerbe­verbot frei.

Über die von der SPD geforderte­n Maßnahmen gegen eine Zwei-Klassen-Medizin, die Angleichun­g von Arzthonora­ren für die Behandlung von Kassen- und Privatpati­enten und die Öffnung der Gesetzlich­en Kassen für Beamte, wurde am Freitag erstmals beraten. Den Knoten müssen die Parteichef­s durchschla­gen. Weiterer dicker Brocken ist die Forderung der SPD nach Abschaffun­g der sachgrundl­osen Befristung.

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FOTO: DPA GroKo-Verhandler: Schulz, Seehofer und Merkel.

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