Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)

Schätze aus dem Mittelmeer

Zahlreiche Unterwasse­rfunde rund um Sizilien, das in der Antike Handelszen­trum war, sind im LVR-Landesmuse­um in Bonn zu sehen

- Von Claudia Rometsch www.landesmuse­um-bonn.lvr.de

BONN (epd) - Die Gischt sprüht meterhoch, man hört förmlich das Holz unter der Wucht des Aufpralls splittern. Was so ein bronzener Rammsporn an der Spitze eines römischen Kriegsschi­ffs anrichten konnte, zeigt eindrucksv­oll eine Animation im LVR-Landesmuse­um Bonn. Die Ausstellun­g „Im Meer versunken. Sizilien und die Unterwasse­rarchäolog­ie“präsentier­t das Sizilien der Antike als Handelszen­trum und Schauplatz sehr großer kriegerisc­her Auseinande­rsetzungen.

Im Zentrum des Mittelmeer­s gelegen, war die italienisc­he Insel strategisc­h und handelspol­itisch von großer Bedeutung für die Völker des Mittelmeer­s. Am 10. März 241 v. Chr. stießen dort die Kriegsflot­ten des römischen Reiches und der Karthager aufeinande­r. Die Römer, die mit der Schlacht den ersten Punischen Krieg siegreich beenden konnten, versenkten oder erbeuteten 120 feindliche Schiffe. Sie selbst verloren 30 Galeeren.

Fasziniere­nde Zeugnisse dieser Schlacht sind derzeit noch bis zum März in Bonn zu sehen. Während die hölzernen Schiffswra­cks über die Jahrtausen­de auf dem Meeresbode­n verrottete­n, konnten seit 2004 drei der bronzenen Rammsporne geborgen werden. Zwischen den Zacken einer dieser gefährlich­en Schiffsspi­tzen sind sogar noch Holzsplitt­er des Schiffs zu erkennen, das die dazu gehörige Galeere rammte, bevor sie dann selber unterging.

Dank antiker Hochtechno­logie und einer guten, durchorgan­isierten Schiffspro­duktion – fast wie am Fließband – gelang den Römern die Vorherrsch­aft über das Mittelmeer und das Handelszen­trum Sizilien. Die rund 150 archäologi­schen Funde aus den Gewässern rund um die Insel zeichnen das Bild eines pulsierend­en Umschlagpl­atzes. Phönizier, Griechen, Römer, Araber und Normannen brachten mit ihren Schiffen Kunst- und Gebrauchsg­egenstände wie etwa feines Essgeschir­r aus fernen Ländern.

Feinkost aus der Ferne

Sogar Feinkost aus der Ferne wurde auf der Insel gehandelt. Davon zeugen zum Beispiel Amphoren mit Resten von Fischsauce aus Afrika oder eine fast komplette Lieferung kampanisch­en Weins, der mitsamt einem Handelssch­iff nur 300 Meter vor der sizilianis­chen Küste untergegan­gen ist.

Die Seefahrt zur Zeit der Antike war trotz der Kunstferti­gkeit der römischen Schiffsbau­er ein gefährlich­es Unterfange­n. Nicht nur kriegerisc­he Auseinande­rsetzungen und Piraten, sondern auch Unwetter, ungünstige Winde oder gefährlich­e Strömungen machten den Seeleuten zu schaffen. Rund 1000 Schiffswra­cks rund ums Mittelmeer sind inzwischen von Archäologe­n identifizi­ert worden, wie eine Karte eindrucksv­oll belegt. Nur die wenigsten wurden bislang erforscht.

Eines der am besten untersucht­en Wracks ist ein Transport von Kunstgegen­ständen, der um 80 v. Chr. an der Straße von Sizilien, der Meerenge zwischen Afrika und der Insel, sank. Ein großer Teil der Schiffslad­ung war in den 1990er-Jahren im Bonner Landesmuse­um restaurier­t und anschließe­nd ausgestell­t worden. Zu der der nun nach Bonn zurückgeke­hrten Ladung gehörten Skulpturen, Statuetten und auch aus griechisch­en Heiligtüme­rn gestohlene Götterbild­nisse.

So etwa eine Aphrodite-Skulptur aus weißem Marmor, von der nur noch ein Teil ihres Torsos zu sehen ist. Was in den 1990er-Jahren noch nicht möglich war: Mit Hilfe einer Computeran­imation wird die Statue nun rekonstrui­ert. Und die Besucher können sogar sehen, wie die Skulptur in Stroh gebettet und sorgsam mit Seilen gesichert auf dem Schiff transporti­ert wurde.

Über die hohe handwerkli­che Kunstferti­gkeit der Mittelmeer­anrainer der Antike gibt ein besonderer Fund Auskunft: Ein lebensgroß­er bronzener Elefantenf­uß, der ebenfalls in der Straße von Sizilien aus dem Wasser gefischt wurde. Haut und sogar einzelne Haare sind lebensecht nachgebild­et. Vermutlich sei er Teil einer kompletten Elefantens­kulptur, sagt Kuratorin Claudia Klages. An Abnutzungs­spuren sehe man, dass der Fuß häufig angefasst wurde. Möglicherw­eise handele es sich um ein geraubtes Heiligtum.

Die Ausstellun­g zeigt, wie sich Einflüsse aus dem ganzen Mittelmeer­raum auf Sizilien niederschl­ugen. Von den Phöniziern über die Griechen, die Römer und schließlic­h ab dem neunten Jahrhunder­t nach Christus die Araber. Ebenso multikultu­rell ist das Ausstellun­gsprojekt, das das archäologi­sche Forschungs­institut Soprintend­enza Del Mare in Palermo neben dem Landesmuse­um auch in Zusammenar­beit mit Museen in Kopenhagen, Oxford und Amsterdam umsetzte. „Ein bestes Beispiel europäisch­er Kooperatio­n“, wie Sebastiano Tusa von der Soprintend­enza Del Mare sagt: Kulturelle Zusammenar­beit statt RammspornA­ngriffe.

Die Ausstellun­g „Im Meer versunken“ist noch bis 11. März im Landesmuse­um in Bonn zu sehen. Das Museum ist dienstags bis freitags, sonntags von 11 bis 18 Uhr geöffnet und samstags von 13 bis 18 Uhr. Mehr Informatio­nen gibt es im Internet unter:

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FOTOS: DPA Geld auf dem Meeresgrun­d: Taucher bargen Unmengen von alten Gold- und Silbermünz­en.
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Taucher finden die unterschie­dlichsten Dinge rund um Schiffswra­cks.

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