Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)

Drei Tote in drei Stunden

Ein junger Mann tötet seine Großmutter und überfährt auf der Flucht zwei Polizisten – Reue zeigt er nicht beim Urteil

- Von Anna Ringle und Jutta Schütz

FRANKFURT/ODER (dpa) - Die Witwe des getöteten Polizisten ringt um Fassung. Vor ihr steht das gerahmte Porträt ihres Mannes, als im Saal 7 des Landgerich­ts Frankfurt (Oder) das Urteil gegen einen 25-jährigen Mann verlesen wird. Es ist ein glasklarer Schuldspru­ch – lebenslang­e Haft für drei Morde in drei Stunden. „Von einer Minute auf die andere war alles anders und Leben zerstört“, sagt Richterin Claudia Cottäus.

Vor fast einem Jahr raste der 25Jährige mit viel zu hoher Geschwindi­gkeit eine Bundesstra­ße in Ostbranden­burg entlang – auf der Flucht vor der Polizei. Der Deutsche überfuhr zwei Beamte. Zuvor hatte er seine Großmutter erstochen.

Kriminelle Entwicklun­g

Detaillier­t schildert die Richterin über dreieinhal­b Stunden grausige Details der Morde. Und sie betont, dass der Mann trotz Drogen die Taten bewusst beging und nicht eingeschrä­nkt war. Also schuldfähi­g. Zugleich zeichnet sie das bestürzend­e Bild einer kriminelle­n Entwicklun­g mit Drogen, abgebroche­nen Ausbildung­en, Gewalt, Raub und Psychiatri­e. Es ist still im Saal.

Es war am 79. Geburtstag seiner Großmutter Ende Februar 2017, als der Mann im gemeinsame­n Wohnhaus in Müllrose (Brandenbur­g) am Morgen ausrastete – aus Wut und Ärger über die vollgestel­lte Badewanne. Er beleidigte seine Oma, kippte ihr Honig über den Kopf und schlug die alte Frau dermaßen, dass ihr Gesicht zertrümmer­t wurde. Im Prozess sagte er, ihm hätten die Hände vom Zuschlagen weh getan. Dann nahm er laut Urteil ein Messer und stach der alten Frau in den Hals.

Um nach der „Gewaltorgi­e“einer Festnahme zu entgehen, flüchtete der Mann mit dem Wagen seiner Großmutter. Der Enkel habe überlegt gehandelt, so die Richterin. „Er wollte sich auf keinen Fall von der Polizei schnappen lassen – er ging in einen regelrecht­en Kampfmodus.“

Die beiden Polizisten hatten keine Chance. Der Flüchtende steuerte auf sie zu, als sie am Straßenran­d dabei waren, ein Nagelbrett aufzubauen. Die Fahndung lief. Der Aufprall der 49 und 52 Jahre alten Männer war so heftig, dass sie sofort starben. „Sie rechneten nicht mit einem Angriff auf ihr Leben“, sagt die Richterin. Der Angreifer flüchtete weiter, wenig später konnte er gefasst werden.

Der Verurteilt­e rutscht auf seinem Stuhl hin und her, schüttelt den Kopf. Immer wieder blickt er zu einer Wanduhr. Nach einer Weile kommen von ihm Zwischenru­fe und Pöbeleien, wie so häufig während des Prozesses.

Reue habe der Angeklagte nicht gezeigt, so das Gericht, das auch die besondere Schwere der Schuld feststellt­e – eine vorzeitige Entlassung nach 15 Jahren zur Bewährung ist damit unwahrsche­inlich.

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FOTO: DPA Der Angeklagte vor Gericht.

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