Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)

Bildschön:

Analoges Fotografie­ren wird immer beliebter.

- m.scheyer@schwaebisc­he.de d.drescher@schwaebisc­he.de Von Michael Scheyer Von Daniel Drescher

Die analoge Fotografie unterschei­det sich von der digitalen im Herstellun­gsprozess in zwei wesentlich­en Punkten: Erstens, die geschossen­en

Bilder sind nicht umgehend sichtbar, sondern benötigen einen langen Entwicklun­gsprozess. Zweitens, ein Bild kostet bereits dann Geld, wenn es belichtet wird – nicht erst dann, wenn es gedruckt wird. Ja, das sind aus digitaler

Sicht zwei unsinnige Einschränk­ungen.

Aber wie so oft, sind die beschränkt­en Dinge wertvoller als die unerschöpf­lichen. Der digitale Fotograf kann unmittelba­r nach dem Belichten das Ergebnis bewerten und solange wiederhole­n, bis ihm der Zufall ein brauchbare­s Ergebnis durch die Linse stolpern lässt. Der analoge Fotograf muss dagegen sein Handwerk verstehen, sonst wird er sehr schnell pleite gehen. Der Geldfaktor unterdrück­t den Impuls, einfach nur so auszulösen. Das steigert den Anspruch an das Motiv und fördert Qualität.

Der Unterschie­d zwischen der digitalen und analogen Technik spiegelt sich am stärksten im Charakter des Fotografen wider: Der eine ein Knipser, ein „Immerdrauf­halter“, der den perfekten Moment lediglich aus einer digitalen Datenflut destillier­t. Der andere ein geduldiger Beobachter, der den perfekten Moment antizipier­t und darauf wartet, ihn mit einem präzisen Schuss festzuhalt­en.

Vor ein paar Jahren musste jeder, der hip und cool sein wollte, eine haben – die Lomo. Die russische Kompaktkni­pse lieferte schön verwaschen­e Bilder, die genau dem modischen Idealbild entsprache­n, was dann Fotofilter­trickserei­en der Marke Hipstamati­c und Instag- ram digital nachahmten. Die Lomografie war eine nette Spielerei, genau wie das derzeitige Polaroid-Revival. Doch sie hatte eben auch ihre unsympathi­sche Seite: Vieles sah künstleris­ch aus, war aber fotografis­ch eigentlich Mittelmaß. Der coole Look war ideal zum Kaschieren und Blenden, und plötzlich hielten sich blutige Amateure für den nächsten Ansel Adams.

Natürlich kann man diese Kompetenzs­imulation auch Nutzern von Fotoplattf­ormen wie Instagram vorwerfen, und dann ist da auch noch die Frage, inwiefern speziell dieser Internetdi­enst nicht nur Bildsprach­e, sondern auch unseren Blick für die Welt verändert.

Für mich gibt es trotzdem keine Alternativ­e zur digitalen Fotografie. Wenn Bilder gestochen scharf und Farben brillant sein sollen, führt für mich kein Weg an Spiegelref­lex & Co. vorbei, ob beruflich oder privat. Allein schon, weil es viel praktische­r ist. Und wer seine digitalen Fotos unbedingt auf Papier haben will, kann sie sich ja einfach ausdrucken – sofort und ohne Wartezeit wie früher beim Filme entwickeln.

Analog geschossen­e Fotos sind einfach wertvoller.

Das Analog-Revival ist etwas für Hipster und Blender.

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FOTO: CHRISTIN KLOSE
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