Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)

Stolz in Stein gemeißelt

Das alte Steinmetzh­andwerk ist als Ausbildung­sberuf begehrter denn je – dabei hat es sich stark gewandelt

- Von Christine King

Ohne Steinmetze gäbe es keine Pyramiden in Ägypten, keine Büsten aus Stein von römischen Kaisern, keine Säulen im Dom zu Speyer, keine Ornamente, Skulpturen und Kreuzblume­n am Kölner Dom. Stolz blicken die Steinmetze auf ihre Geschichte zurück, und selbst im Jahr 2018 haben sie noch einiges zu tun. Zum Beispiel Brunnen und Denkmale entwerfen und hauen, Küchen mit Steinplatt­en ausstatten oder Grabmale und Treppen setzen.

Steinmetze – wie beim Metzger leitet sich die Bedeutung vom Mittelhoch­deutschen „metzeln“(hauen oder zerhacken) ab – „beschäftig­en sich mit Naturwerks­tein, Betonwerks­tein beziehungs­weise Kunststein mit Werkzeugen und Maschinen“, heißt es bei der Innung. Und weiter: „Ihr Schwerpunk­t liegt dabei auf handwerkli­cher, geometrisc­her, oft bautechnis­cher Arbeit nach Plänen. Der Beruf setzt sich aus vier Arbeitsfel­dern zusammen: Grabmal, Denkmal, Bau und Gestaltung.“Kaum ein Betrieb macht alles gleichzeit­ig. Oft spezialisi­ert man sich. So wie die Geschwiste­r Joser in Leutkirch. Stefan Joser, Steinbildh­auermeiste­r und Innungsobe­rmeister für den Bezirk Oberschwab­en, ist für Grab- und Denkmale zuständig. „Die Grabmale wiederum machen 90 Prozent unseres Geschäfts aus“, sagt der Handwerker, der gern kreativ ist und sich lieber Gestalter als Künstler nennt. Er leitet in der vierten Generation den Familienbe­trieb, hat mehrere Bürokräfte und – „je ANZEIGEN nach Saison“– fünf bis sechs Mitarbeite­r. Seine Schwester Petra, auch Steinbildh­auermeiste­rin, hat sich mit einer eigenen Firma ganz auf Bau und exklusiven Innenausba­u spezialisi­ert. „Das ist bei uns getrennt.“

Auszubilde­nde hat Stefan Joser momentan einen. „Das reicht“, sagt er, „ich muss leider immer wieder Anfragen ablehnen.“Bei ihm wird man zum Steinbildh­auer ausgebilde­t. Da liege der Schwerpunk­t mehr auf dem Kreativen, Gestalteri­schen. „Steinmetz ist man dann automatisc­h“, erklärt der Fachmann, „umgekehrt allerdings nicht.“Was ein Auszubilde­nder mitbringen muss, kann der 49-Jährige klar benennen. Ganz konkrete Vorstellun­gen hat er hier. „Ich will jemand, der Schrift und Design kann, Geschmack hat, die Gestaltung­ssoftware bedienen und außerdem draußen arbeiten mag.“Auch Mädchen sind gern gesehen am Stein. „Die sind dann oft hoch motiviert“, weiß der Meister. schlagen, das muss ich bald bei der Zwischenpr­üfung können.“

Sein Chef führt derweil ein Beratungsg­espräch im Büro. „Das ist ein hoch emotionale­s Geschäft“, sagt er, „schließlic­h ist ein Denkmal setzen ein wichtiger Teil der Trauerbewä­ltigung.“Er leidet, „weil die Totenkultu­r den Bach runtergeht“. Und weil ein Wandel im Bestattung­smarkt stattfinde, „hin vom Doppel-Familiengr­ab zur Feuerbesta­ttung“. Davon abgesehen überschwem­me Billigware chinesisch­er oder indischer Herkunft den Markt. Einzig mit Spezialist­en könne man dagegenhal­ten, ist er überzeugt. „Wir müssen den Kunden kreative, schöne Grabmale machen und nur, wenn junge, niveauvoll­e, intelligen­te Menschen kommen, kann dieser Beruf gerettet werden.“ noch gar nicht, ob es ihn überhaupt wegzieht. Und auch nicht, ob er bei Grabmalen bleibt. Aber dass er immer noch vom Kreativen, Künstleris­chen seines Jobs angetan ist, daran gibt es keinen Zweifel. „Es macht mir einfach Spaß, Steine zu bearbeiten“, sagt er, „und ich bin überzeugt, dass dieser Beruf gut zu mir passt.“

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Fotos: Christine King

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