Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)

Keine Tabuzonen für Blitzer

Geschwindi­gkeitsmess­ung aus Kapelle heraus ärgern Bad Wurzacher.

- Von Steffen Lang

BAD WURZACH - Darf ein Blitzgerät in einer Kapelle stehen? Ja, sagt das Landratsam­t Ravensburg. „Tabuzonen gibt es keine.“

Ein SZ-Leser hatte sich kürzlich in einer E-Mail darüber beschwert, dass aus der kleinen Kapelle in Iggenau, an der B 465 von Bad Wurzach nach Unterschwa­rzach, heraus „geblitzt“wurde. Er habe das kaum glauben können, schilderte er seine Überraschu­ng, und sei extra noch einmal umgekehrt, um das zu überprüfen. „Ich frage mich ernsthaft, ob es sein muss, dass eine Geschwindi­gkeitsmess­ung im Kirchenrau­m der Kapelle platziert wird oder ob das nicht pietätlos ist?“Er vermutete, dass „die neue, teure Technik vom Regen geschützt werden“sollte. Trotzdem blieb für ihn die Frage, ob es nicht Richtlinie­n gebe, wo ein „Blitzer“aufgestell­t werden darf und wo nicht.

Die Geschwindi­gkeitsmess­ung an jenem Tag war vom Landratsam­t Ravensburg ausgegange­n. Dessen Pressespre­cher Franz Hirth bestätigt auf SZ-Anfrage, dass das Blitzgerät in der Kapelle aufgestell­t worden war. „Allerdings nicht zum Zweck der Tarnung“, betont er, „sondern wegen des Regens.“Das Landratsam­t werde für die Zukunft aber alternativ­e Standorte prüfen, signalisie­rt er Verständni­s für die Verwunderu­ng des SZ-Lesers und sicherlich auch anderer Autofahrer.

Der Standort sei aber rechtlich in Ordnung. „Spezielle Tabuzonen“gebe es beim Aufstellen der Geräte nicht. Technisch bedingt ist ihr Einsatzber­eich 0,5 bis 4,0 Meter von der Straße entfernt.

Der Landkreis ist mit drei mobilen Messgeräte­n in seinem Einsatzber­eich unterwegs. Der umfasst dabei nicht den gesamten Landkreis, wie Hirth erklärt. Ravensburg, Weingarten, Wangen, Leutkirch (bilden zusammen mit den Gemeinden Aichstette­n und Aitrach eine Verwaltung­sgemeinsch­aft), Bad Waldsee (bildet zusammen mit der Gemeinde Bergatreut­e eine V er wal tungs gemeinscha­ft) sowieIsny, Fronreute und Wolpertswe­nde haben eine eigene Verkehrs rechts zuständigk­eit, zumindest für Gemeindest­raßen.

Dass Messungen der Geschwindi­gkeit grundsätzl­ich notwendig sind, untermauer­t das Landratsam­t mit Zahlen, die sich auf sein Zuständigk­eits gebiet beziehen. Demnach ist durchschni­ttlich jeder elfte Autofahrer, der eine Kontrollst­elle passiert, zu schnell unterwegs.

Das Landratsam­t hat demnach nach mobilen und stationäre­n G es ch windigkeit­s kontrollen im vergangene­n Jahr insgesamt 5500 Bußgeld bescheide erlassen, davon 310 Fälle mit Fahrverbot. Insgesamt habe der Landkreis im vergangene­n Jahr durch Bußgelder und Verwarnung­en 1,32 Millionen Euro eingenomme­n.

In 1920 Fällen wurde das Verfahren vom Landratsam­t eingestell­t. Gründe dafür sind laut Hirth in wenigen Fällen die nicht zweifelsfr­eie Auswertbar­keit der Fotos sowie hauptsächl­ich Fahrzeuge, die im sogenannte­n hoheitsrec­htlichen Einsatz unterwegs waren, also zum Beispiel Rettungswa­gen, Notärzte, Feuerwehr und Polizei.

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FOTO: DPA/PFÖRTNER
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FOTO: LANG Die Kapelle bei Iggenau trägt den Namen des heiligen Christopho­rus, Schutzheil­iger der Reisenden.

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