Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)
Zeugnisse erlebter Naturbeobachtung
Malerin Isabella Senger eröffnet ihre Ausstellung „Strukturen“in der Stadtbücherei in Wangen
WANGEN - Anregend ist es, wenn sich Bildmotive auf vielfachen Wegen zu erkennen geben. Je nach Standort des Betrachters. Der Malerei von Isabella Senger wohnt diese Qualität leise und unerwartet inne. Schlicht „Strukturen“nennt sie ihre Ausstellung, die sie jüngst in der Stadtbücherei im Kornhaus eröffnet hat. Mit einer Einführung von Manfred Hagel, der sich der Bedeutung von Landschaft zuwandte.
Es ist die erste Ausstellung in diesem Jahr in der Stadtbücherei, die von der Wasserburger Künstlerin mit 17 Werken bespielt wird. In Acryl und Mischtechniken sind die in der Größe variierenden Bilder gefertigt, wobei es sich materialtechnisch um ein weiter gefasstes Spektrum handelt. Papier, Stoffe, Sand, Pigmente, sogar eine Landkarte habe Büchereileiterin Susanne Singer unter den Farbschichten entdecken können. Aufgebrochen, vernarbt und durchfurcht wirken diese überwiegend matt leuchtenden dickwandigen Oberflächen. Grüne, türkisblaue und warme Gelbtöne bestimmen die Farbpalette. Gespachtelte deckende Partien wirken schwer im Kontrast zum leichten Schweben eines hellen Wasserblaus.
In Stuttgart geboren hat Isabella Senger ein Studium der Pädagogik, Psychologie, Sozialwissenschaften und Kunsttherapie absolviert. Seit 30 Jahren ist sie auch Malerin mit einem großen Atelier in Heimenkirch im Atelier K4 und einem in Wasserburg. Seit 2000 besucht sie verschiedene freie Kunstakademien, seit acht Jahren stellt sie regelmäßig aus.
Landschaften verbergen sich hinter den Strukturen
Was bei diesen in den letzten Monaten entstandenen Winterbildern neu dazugekommen ist, ist das Gold. Eher zufällig als gezielt eingesetzt, erzählt sie, die in ihrer Malerei einen Prozess sieht, der sie immer wieder überraschen müsse. Die sich von ihren Emotionen leiten lasse, um einer Farbspur zu folgen und dem, was das Bild von ihr verlange. Ihr liegt das Experiment, und da kommt ihr die abstrakte Bildkomposition entgegen.
Eher zurückhaltend und offen für die persönliche Interpretation seien die Bilder, wandte Manfred Hagel sich an die Besucher und verwies auf den Aspekt der Landschaft, der sich darin widerspiegele. Kein auf den ersten Blick erkennbares Idyll, denn steht man unmittelbar davor, sind es Sengers Strukturen aus Linearem und Schraffiertem, die in den Vordergrund rücken.
Doch bei veränderter Perspektive, zum Beispiel einer Untersicht, lüftet die Malerei ihr Geheimnis. Offenbaren sich verschneite Flussläufe, Atmosphärisches am See, gewaltige Himmel oder zarte Obstbaumreihen. Im Falle der „Texturen in Gold“glaubt man sich Fernsichten aus der Vogelperspektive gegenüber.
Manfred Hagel sprach bei der Vorstellung von Landschaft von „geprägter Gegend“und verwies auf den Hamburger Kulturphilosophen Ralf Konersmann, der Landschaft als Verballung ansieht.
Als das Zusammenkommen aller Partikel, die durch den Menschen gestaltet sind. „Alles, was uns umgibt, ist Struktur“, resümierte Hagel. Auch Luft, denn wo ist die Grenze zwischen uns und ihr. Das verleiht Isabella Sengers Strukturen, geistig betrachtet, eine nochmals andere Dimension, die über das eingrenzende Bildgeviert hinausreicht.
Zeugnisse erlebter Naturbeobachtung seien ihre Bilder, die in langwierigen Prozessen aus Werden und Vergehen, Aufbauen und Zerstören, Chaos und Ordnung ihren Weg finden. Eine Titelfindung sei für sie schwierig. „Goldene Stunde am See“oder „White Field“ist da neben „Struktur in Weiß“zu lesen. Doch genau genommen zählen die Optik und die eigenen, dabei freigelassenen Gedanken.
Die Ausstellung „Strukturen“von Isabella Senger in der Stadtbücherei im Kornhaus, Postplatz 1, dauert bis 24. Februar 2018. Geöffnet ist sie dienstags und donnerstags von 11 bis 18.30 Uhr, mittwochs und freitags von 9 bis 18.30 Uhr, samstags von 9 bis 13 Uhr.