Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)
Die Narren regieren in Stadt und Land
Gumpiger Donnerstag mit Rathausstürmen – Jetzt kommt die autofreie Innenstadt
BAD WURZACH - Die Narren haben die Macht übernommen in Stadt und Land.
In Bad Wurzach übergab ohne jeden Widerstand Bürgermeister Roland Bürkle den Rathausschlüssel an Zunftmeister Markus Birk von den Riedmeckelern. „Alls tanz jetzt noch unsre Gsetz“, jubelte der Wurzacher Obernarr und freute sich, dass „a Zeit voll Fruscht und d’Lätschnahanga“vorbei ist.
Bürkle seinerseits freut sich über die vor ihm liegenden freien Tage und weiß die Stadt beim „Wurzacher Dreigestirn“Högerle-Rude-Kunz in besten Händen. Stefan Kunz werde bis dahin das Breitband verlegt haben, Frank Högerle einen Pächter fürs Kurhaus finden und Rude die autofreie Innenstadt durchsetzen (weil er sie am Rosenmontag zur Probe absperrt und mit den trotzdem vielen Passanten alle überzeugt). „Wenn i am Mittwoch komm zuruck, vor Freude i werd ganz verruckt“, ist der Schultes überzeugt.
Die Zimmerer stellten anschließend den Narrenbaum vor dem Rathaus auf – als sichtbares Zeichen ihrer Regentschaft. Das Kommando von der Bühne gab wie immer „Chief“Franz-Josef Maier. Der verabschiedete auch schon gleich mal Bürkle, der bekanntlich nicht mehr zur Bürgermeisterwahl antritt: „Drum bleibt uns zum Schluss nur, ihm zu danken für sein Engagement und seine Gedanken, die Wurzach haben vorangebracht. Wir denken, er hat es gut gemacht.“Der Chief und der Schultes sind ab jetzt auch per Du: „Bald isch alles vorbei, drum will ich es wage: Herr Bürkle, ab heut’ derfscht Du ,Du’ zu mir sage.“Das wurde mit einem kräftigen Schluck aus dem Maßkrug besiegelt.
Anschließend setzte sich der Kinderumzug zur Festhalle an der Memminger Straße in Bewegung. Dort gab’s ein buntes Programm mit Fanfarenzug, Spielstraße und Tänzen für den Nachwuchs. Am Vorabend hatte dort bereits die zweite Feierabendhockete der Narrenzunft stattgefunden
„Rettet den Krebs“
Im Rathaus hatte bereits am Morgen mit der Stadtbauamtsfasnet der Tag begonnen. „Ai feel gudd im Stadtbauamt“– diesen Slogan propagierten die Feiernden auf ihren grünen TShirts. Gemeinsam begaben sie sich auf die Suche nach einer MarketingDachmarke. Wer Lust hatte, konnte seine Vorschläge für einen Slogan und ein Logo zu Papier bringen. Beispiele bekannter Marken zierten die Wände, überall aber war der Krebs als Wappentier allgegenwärtig. „Rettet den Krebs“hatte sich eine andere Gruppe auf die Fahnen, beziehungsweise aufs T-Shirt geschrieben, damit dieser nicht nach der Einführung einer neuen Corporate Identity der Stadt plötzlich als aussterbende Art gehandelt werden muss.
Bürkle gab sich bei seiner letzten Fasnet in Amt und Würden prophetisch: Er gab kostümmäßig einen Einblick in sein zukünftiges Leben als Gespenst, als das er in Zukunft in der Stadt unterwegs sein wird.
Musikalisch gaben sich Lumpenkapelle, Schalmeien und Fanfarenzug die Klinke in die Hand.
Seibranzer feiern Dorffasnet
Die Seibranzer Narrenzunft „D’Langjupp“bot am „Gumpigen“zur Dorffasnet mit Schülerbefreiung, Rathaussturm und Kindernachmittag gleichfalls ein buntes und abwechslungsreiches Programm.
Der Tag begann mit der Schülerbefreiung und dem Rathaussturm, mit dem Ortsvorsteher Thomas Wiest bis Aschermittwoch außer Gefecht gesetzt wurde. Unterstützung erhielten Zunftmeister Willi Butscher sowie Rektorin Elena Wild von Herbert Sgier, ehemaliger Schulleiter, der sich im Häs der Langjupp unters Volk mischte.
Anschließend zogen die Narren nicht nur zum Mittagessen sondern auch zum Feiern in die Turn- und Festhalle. Dort sorgten neben der Vollgas-Bänd insbesondere die Kindergartenkinder, die Schüler sowie der Narrensamen der Ortschaft mit verschiedenen Tänzen für beste Stimmung. Zur Belohnung gab es jeweils einen Griff in Butschers Schatzkiste. Auch Mitglieder von Bliems Bunter Bühne aus Ottmannshofen zeigten ihr Können. Des Weiteren ließ es sich Sgier nicht nehmen, gemeinsam mit Zunftmeister Butscher seinen Beitrag zum Vergnügen zu leisten. So trällerten die beiden zunächst ein Liedchen über vergangene Zeiten, bevor Sgier sein Dasein als Pensionär im Lied „Mit 65 Jahren fängt das Leben an“beschrieb.
Wie in den meisten anderen Ortschaften auch wurden die Schüler und Kindergartenkinder von Hauerz von den Narren befreit. Selbst scheinbar gute Verstecke hinter Vorhängen halfen nicht, die Baadgoischd’r fanden alle Lehrer und führten sie ab. Anschließend wurde das Rathaus gestürmt, und Jung und Alt tanzten fröhlich um den soeben aufgestellten Narrenbaum. Als erste Amtshandlung der Narren erhielt Hauerz den Zusatz „Bad“.
Weitere Bilder vom Gumpigen Donnerstag gibt’s in einer Galerie unter schwaebische.de/bw-fasnet18