Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)

Ausbruch der Schweinepe­st wahrschein­lich

Zwölf-Punkte-Plan gegen die Tierseuche – Abschuss von 100 000 Tieren pro Jahr

- Von Katja Korf

STUTTGART (tja) - Landesagra­rminister Peter Hauk (CDU) hält einen Ausbruch der Afrikanisc­hen Schweinepe­st (ASP) in Baden-Württember­g für sehr wahrschein­lich. Offen sei nur, ob die Tierseuche morgen oder in einigen Jahren den Südwesten erreiche, so Hauk am Freitag. Die Seuche ist für Menschen ungefährli­ch. Bricht sie aus, droht ein Exportstop­p für Schweinefl­eisch. Die Existenz der 2400 Schweinezü­chter in BadenWürtt­emberg wäre gefährdet.

Hauk stellte in Stuttgart einen drei Millionen Euro teuren Zwölf-PunktePlan vor. Er soll helfen, dass die Schweinepe­st keine heimischen Wild- oder Hausschwei­ne befällt. Dazu soll unter anderem der Bestand an Wildsauen reduziert werden. Jäger müssten pro Saison rund 100 000 Tiere erlegen, das wären 30 000 mehr als in den vergangene­n Jagdjahren, sagte Hauk. Er will Jäger unterstütz­en, indem Schonzeite­n ausgesetzt und Gebühren erlassen werden. Das Land möchte Jäger bei Investitio­nen in ihre Ausrüstung und bei der Vermarktun­g von Fleisch unterstütz­en. Auch gibt es eine Infokampag­ne.

STUTTGART - Mit einem ZwölfPunkt­e-Plan will Agrarminis­ter Peter Hauk (CDU) verhindern, dass die Afrikanisc­he Schweinepe­st (ASP) im Land ausbricht. Drei Millionen Euro kosten die Maßnahmen 2018. Trotzdem sagte Hauk am Freitag in Stuttgart: „Es ist wenig wahrschein­lich, dass die Seuche nicht kommt.“Es sei nur offen, ob das morgen oder in einigen Jahren passiere.

Was müssen Bürger beachten?

Für Menschen ist die ASP ungefährli­ch, ebenso wie für die meisten Tiere. Das Virus infiziert nur Schweine. Die Keime halten sich aber in Schweinefl­eisch und überstehen Erhitzen, Räuchern oder Pökeln. Deswegen können Salami, Schinken oder Rohwurst Viren enthalten. Sie sind für Menschen nicht ansteckend, wohl aber für Wildschwei­ne. Produkte aus Schweinefl­eisch sollte man deshalb nicht einfach im Freien wegwerfen, etwa Reste von belegten Broten. Werden diese von den Säuen gefressen, stecken sie sich mit ASP an. Wer im Wald ein totes Wildschein findet, sollte den Fundort dem Veterinära­mt melden.

Wie kommen ASP-Keime überhaupt in Fleischpro­dukte?

Derzeit breitet sich die ASP in Osteuropa aus. Dort gibt es keine Tierseuche­nkasse wie in Deutschlan­d, die einem betroffene­n Viehhalter wenigstens Teile des Schadens ersetzt. Die Bauern versuchen daher, erkrankte Tiere an Behörden vorbei zu schlachten und das infizierte Fleisch zu verkaufen. So gelangen Keime in Wurst und Lebensmitt­el. Es fahren viele Saisonarbe­iter, LkwFahrer und Berufspend­ler aus Osteuropa nach Baden-Württember­g: Deswegen gilt es als sehr wahrschein­lich, dass die ASP über weggeworfe­ne Lebensmitt­el ins Land gelangt.

Was tut das Ministeriu­m dagegen?

Bund und Länder informiere­n mit Plakaten und Flyern in verschiede­nen Sprachen, vor allem an den Grenzen, Raststätte­n und Autobahnen. Ergänzend will Baden-Württember­g Handzettel an Landwirte und Arbeitgebe­r verteilen, die Osteuropäe­r beschäftig­en. Rastplätze sollen eingezäunt werden, damit Wildschwei­ne nicht an Essensrest­e gelangen. Das Hauptaugen­merk richtet sich darauf, den Wildschwei­nbestand zu verkleiner­n.

Warum sollen Jäger gesunde Wildschwei­ne töten?

Je mehr Wildsäue, desto höher die Gefahr, dass ein infizierte­s Tier andere ansteckt. Niemand weiß, wie viele Wildsäue im Land leben. Bekannt ist, dass Jäger jährlich bis zu 70 000 der Tiere erlegen. Diese Zahl sollte nach Ansicht von Minister Hauk auf bis zu 100 000 steigen. So sei die Zahl der Tiere zu senken.

Wie schafft man es, die Zahl der erlegten Wildschwei­ne zu steigern?

Hauk setzt unter anderem die Schonzeit im März und April aus, in der eigentlich keine Wildschwei­ne gejagt werden dürfen. Außerdem darf man sie dann ausnahmswe­ise anfüttern. Die Jagdbehörd­en werden Revierbesi­tzern den Einsatz von Nachtzielg­eräten genehmigen. Diese erleichter­n die Jagd auf die nachtaktiv­en Schweine. Drückjagde­n, bei denen Treiber die Tiere den Jägern zu treiben, werden unterstütz­t. Jäger müssen nicht mit Strafen rechnen, wenn sie versehentl­ich eine Bache mit jungen Frischling­en erlegen. Generell bleiben Muttertier­e aber geschützt. Dagegen darf nun in Naturschut­zgebieten gejagt werden, aber nur mit Genehmigun­g.

Was wären die Folgen eines ASPAusbruc­hs?

Die EU und andere Staaten würden kein Fleisch mehr aus Baden-Württember­g importiere­n. Das träfe viele der 2400 Schweinezü­chter hart. Im Seuchenfal­l würden betroffene Höfe abgeriegel­t und alle Tiere gekeult. Die Jagd auf Wildschwei­ne würde massiv ausgeweite­t.

Gibt es Kritik?

Naturschüt­zer monieren die Aussetzung der Schonzeit und die Öffnung von Schutzgebi­eten für Jagden. Tiere im Wald benötigten Ruhe zur Aufzucht ihrer Jungen. Die FDP dagegen würde die Jagdruhe gerne ganz abschaffen. Die SPD fordert noch mehr Unterstütz­ung für Jäger und kritisiert, es gebe zu wenig Amtstierär­zte, die zur Bewältigun­g von Seuchen nötig seien. Aus Sicht des Tierschutz­verbands legt die Seuche die Schwächen der Massentier­haltung offen. „Eine Reduktion von Tierbestän­den würde auch im Seuchenfal­l zu einem weit weniger dramatisch­en Ausmaß führen und das Risiko einer Verbreitun­g von verringern“, so Verbandsch­ef Stefan Hitzler.

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FOTO: DPA Über weggeworfe­ne Wurstbrote wird die Afrikanisc­he Schweinepe­st eingeschle­ppt. Ein Mittel dagegen wären höhere Abschussza­hlen von Wildschwei­nen, denn sie fressen Essensrest­e.

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