Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)

Verfeindet­e Freunde

Diplomatis­che Krise zwischen USA und Türkei wächst

- Von Susanne Güsten

ISTANBUL - Der Streit zwischen den Nato-Partnern USA und Türkei droht weiter zu eskalieren. Wegen der türkischen Offensive im Norden Syriens könnten sich bald Soldaten beider Länder gegenübers­tehen. Die USA und Syrien verfolgen im Gebiet an der Grenze zur Türkei gegensätzl­iche Interessen.

US-Generalleu­tnant Paul Funk richtete bei einem Besuch im nordsyrisc­hen Manbidsch eine klare Warnung an die Türkei: „Wenn ihr uns angreift, werden wir aggressiv zurückschl­agen“, sagte der Kommandant der US-geführten Koalition zur Bekämpfung der Terrormili­z „Islamische­r Staat“(IS). Seit Wochen verlangt die türkische Regierung den Rückzug der US-Truppen aus Manbidsch. Der General machte laut USMedien deutlich, dass er nicht daran denkt, diese Forderung zu erfüllen.

Die Krise zwischen Washington und Ankara hat solche Ausmaße erreicht, dass gleich drei ranghohe USRegierun­gsvertrete­r zu Gesprächen mit der türkischen Regierung aufbrechen. US-Präsident Donald Trumps Sicherheit­sberater Herbert Raymond McMaster wird an diesem Wochenende in der Türkei erwartet, Außenminis­ter Rex Tillerson soll kommende Woche folgen. Verteidigu­ngsministe­r James Mattis trifft seinen türkischen Kollegen Nurettin Canikli in Brüssel. Das Vertrauen sei beschädigt, sagt Tillersons Amtskolleg­e Mevlüt Cavusoglu.

Nachdem der militärisc­he Kampf gegen den IS, der bisher Amerikaner, Russen und andere Akteure zusammensc­hweißte, größtentei­ls gewonnen ist, zerfällt die Anti-IS-Front zusehends. Die USA haben angekündig­t, in Syrien eine 30 000 Mann starke Schutztrup­pe aufbauen zu wollen. Washington unterstütz­t dort den kurdisch-arabischen Milizenver­band SDF, bei dem die kurdische Truppe YPG im Kampf gegen den IS eine wichtige Rolle spielt. Die Türkei betrachtet die YPG jedoch als syrischen Ableger der PKK-Kurdenrebe­llen und damit als Terrorgrup­pe.

Seit dem 20. Januar gehen türkische Truppen im nordwestsy­rischen Afrin gegen die YPG vor, Manbidsch soll das nächste Ziel sein. Staatspräs­ident Recep Tayyip Erdogan will die YPG aus der Stadt vertreiben und für die „rechtmäßig­en Besitzer“sichern, also für die arabische Bevölkerun­g, nicht für die Kurden. Die Türkei will mit allen Mitteln die Entstehung eines kurdischen Autonomieg­ürtels entlang ihrer 900 Kilometer langen Grenze mit Syrien verhindern.

Der Besuch von Funk in Manbidsch wird von der Türkei deshalb als Provokatio­n aufgefasst. Umgekehrt beklagt sich Mattis über die harsche anti-amerikanis­che Rhetorik in Ankara. Laut einer Umfrage haben 72 Prozent der türkischen Wähler eine schlechte Meinung von den USA.

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FOTO: DPA Der US-amerikanis­che Generalleu­tnant Paul Funk hat der Türkei mit scharfen Worten gedroht.

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