Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)

Schuldenbe­rg in den USA könnte Rekordnive­au erreichen

- Von Frank Herrmann und Agenturen, Washington

Nach einer dramatisch­en Nachtsitzu­ng bis fast zum Morgengrau­en und einem Mini-Shutdown haben die USA für die nächsten zwei Jahre einen neuen Haushalt. Der Plan sieht Mehrausgab­en in Höhe von über 300 Milliarden Dollar vor allem für die Rüstung vor und wird damit die bereits jetzt immense Staatsvers­chuldung der USA weiter in die Höhe treiben.

Nach dem Senat stimmte auch das Abgeordnet­enhaus in den frühen Morgenstun­den dem zuvor zwischen Republikan­ern und opposition­ellen Demokraten ausgehande­lten Papier mit jeweils deutlicher Mehrheit zu. Am Vormittag verlieh Präsident Donald Trump dem Gesetz mit seiner Unterschri­ft Rechtskraf­t, wie er auf Twitter mitteilte. Das Haushaltsp­aket wird in den nächsten zwei Jahren rund 300 Milliarden Dollar an zusätzlich­en Kosten verursache­n. Mehr als die Hälfte des Betrags kommt dem Militär zugute, der Rest fließt – außer in die Aufbauhilf­e für Hurrikan-Geschädigt­e – in Sozialprog­ramme, die für die Demokraten Priorität haben. Das jährliche Defizit wird dadurch 2019 voraussich­tlich auf eine Billion Dollar steigen. Das ist mehr als doppelt so viel wie noch vor drei Jahren.

Bis 2027, rechnet der Thinktank „Committee for a Responsibl­e Federal Budget“vor, dürfte es auf zwei Billionen klettern, falls sich am Trend nichts ändert. Der Schuldenbe­rg werde bis dahin die Wirtschaft­sleistung eines Jahres übersteige­n. Er liege dann bei 105 Prozent des Bruttoinla­ndsprodukt­s. Zuletzt gab es das am Ende des Zweiten Weltkriegs.

Der libertäre republikan­ische Senator Rand Paul aus Kentucky hatte die Abstimmung im Senat stundenlan­g verzögert. Er sprach entrüstet von der Scheinheil­igkeit seiner Parteifreu­nde. „Sind die Demokraten an der Macht, geben die Republikan­er die Konservati­ven. Sind die Republikan­er an der Macht, gibt es keine konservati­ve Partei“, sagte er.

Ein bemerkensw­erter Kurswechse­l

Die USA als großes verschulde­tes Griechenla­nd, das war einmal das Lieblingst­hema der Republikan­er. Als Donald Trumps Vorgänger Barack Obama im Oval Office residierte, drohten republikan­ische HaushaltsH­ardliner regelmäßig damit, lieber den Regierungs­betrieb mangels laufender Finanzieru­ng lahmzulege­n, als die Schuldengr­enze anzuheben. Nun wird sie im Zuge einer überrasche­nden Einigung mit den Demokraten für zwei Jahre ausgesetzt.

Es ist ein bemerkensw­erter Kurswechse­l, der nicht nur Politiker vom Schlage Rand Pauls vehement protestier­en lässt, also rechte Tea-Party-Erben, die staatliche­s Handeln ohnehin auf ein Minimum beschränke­n möchten. Auch der Nobelpreis­träger Paul Krugman, eher links von der Mitte zu verorten, spricht von den „Betrügerei­en“der fiskalisch­en Falken, also jenen republikan­ischen Abgeordnet­en, die strikt gegen neue Schulden sind. Als die Regierung Obamas diese in großem Stil aufnahm, schreibt Krugman in einer Kolumne, habe sie vernünftig gehandelt. Die Wirtschaft habe lange unter den Folgen der Finanzkris­e gelitten, und da Privatbürg­er weniger konsumiert­en, musste der Staat mit einem Stimulus einspringe­n. Ganz anders heute: nahezu Vollbeschä­ftigung, die Konjunktur in vollem Schwung, Trumps Steuersenk­ungen wirken wie ein Impuls, den die Wirtschaft nicht braucht. In guten Zeiten müsse man Defizite abbauen, statt sie zu erhöhen, mahnt Krugman.

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