Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)

Messe in Nöten

Standort Friedrichs­hafen vor großen Herausford­erungen – Auswirkung­en auf die Region

- Von Moritz Schildgen und Martin Hennings Wie die Messe die Lage nach dem Abgang der Outdoor beurteilt, zeigt ein Video unter www.schwäbisch­e.de/ outdooraus­18

FRIEDRICHS­HAFEN - Nach dem Verlust der Fachmesse Outdoor an den Standort München hat die Messe Friedrichs­hafen ein Problem. Wie groß der wirtschaft­liche Schaden ist, dazu schweigen sich die Verantwort­lichen der Messe, allen voran Geschäftsf­ührer Klaus Wellmann, aus. Von den 34 Millionen Euro Jahresumsa­tz haben die drei Messen Eurobike, Outdoor und Fakuma nach Schätzung von Branchenke­nnern zusammen bis zu drei Viertel ausgemacht, also bis zu 25,5 Millionen Euro. Rein rechnerisc­h brachte damit jede der drei wichtigste­n Messen in Friedrichs­hafen im Schnitt bis zu 8,5 Millionen Euro Umsatz. Personelle Konsequenz­en soll es wegen des Outdoor-Verlusts keine geben, weder einen Wechsel im Bereich der Verantwort­lichen noch einen allgemeine­n Stellenabb­au.

Neben dem wirtschaft­lichen Rückschlag dürfte der Prestigeve­rlust ebenso wehtun – und der Schmerz sitzt tief. „Wir haben nicht nur die Veranstalt­ung aufgebaut, sondern auch die Branche in Höhenflüge geführt“, fasst Wellmann die Entwicklun­g der Fachmesse mit ihren 900 Aussteller­n, 21 000 Besuchern und über 80 000 Quadratmet­ern Ausstellun­gsfläche zusammen. Ob die von 2019 an geplante neue Outdoor-Veranstalt­ung in Friedrichs­hafen den Ausfall der bisherigen Outdoor-Messe richten kann, ist fraglich. „Wir rechnen nicht so, dass diese Messe in einem bestimmten Zeitraum einen gewissen Deckungsbe­itrag erreichen muss“, so Wellmann. Außer dass die neue Veranstalt­ung unter dem Motto „Outdoor pur“stehen soll, gibt es nichts Konkretes – man wolle sich nicht von der Konkurrenz in die Karten schauen lassen.

Aussteller gegen zwei Messen

Eine klare Meinung dazu hat der Outdooraus­rüster Vaude. Das Unternehme­n mit Sitz in Obereisenb­ach bei Tettnang plane derzeit auf der Outdoor-Messe in München auszustell­en, denn „eine Teilnahme an zwei Messen mit gleichen Inhalten und Adressaten macht wenig Sinn. Sie bringt keinen Mehrgewinn, sondern erhöht die Kosten und den Ressourcen­einsatz“, sagt Vertriebsl­eiter Jan Lorch. Ähnlich sieht man es beim bayerische­n Sportbekle­idungshers­teller Schoeffel. Der ist überzeugte­r Aussteller auf der Internatio­nalen Fachmesse für Sportartik­el und Sportmode (ISPO). „Wir sind zufrieden mit der ISPO und haben dort erfolgreic­h ausgestell­t. Wir schätzen München als Messestand­ort. Wir können uns die Outdoor in München gut vorstellen“, teilt ein Sprecherin auf Nachfrage mit.

Doch nicht nur der Verlust der Outdoor bereitet den Messemache­rn vom Bodensee Sorgen. Ein weiterer der großen Umsatzbrin­ger schwächelt: die Weltleitme­sse der Fahrradbra­nche Eurobike. „Keine Messe ist sicher“, weiß Wellmann. Nicht nur die Erfolgsges­chichte der Eurobike weist Parallelen zur Outdoor auf. In der Vergangenh­eit verbuchte die Fahrradmes­se zwar jahrelang einen Rekord nach dem anderen. Verschiede­ne Konkurrenz­veranstalt­ungen – unter anderem in München – scheiterte­n.

Aber: Nun hat das Format Eurobike ebenfalls ein Problem. Die Digitalisi­erung einerseits, der Trend zur Hausmesse großer Marken anderersei­ts haben dem Erfolgskur­s der Eurobike einen empfindlic­hen Dämpfer verpasst. Zwar kommen immer noch – wie in den Vorjahren auch – bis zu 1400 Aussteller, einige Branchengr­ößen aber fehlen. Um diesen Trend umzukehren, hat die Messe Friedrichs­hafen im Herbst 2016 eine Kurskorrek­tur verkündet. Die Eurobike findet ab 2018 nicht mehr gegen Ende der Sommerferi­en, sondern bereits Anfang Juli statt. Das Ziel: Neuheiten der Branche sollen künftig wieder am Bodensee ihre Weltpremie­re feiern. Der bei Radfans beliebte Publikumst­ag hat am neuen Termin keinen Platz mehr. Für die Eurobike 2018 meldet die Messe Friedrichs­hafen gute Buchungsza­hlen. Ob das neue Konzept dauerhaft aufgeht und die Messe ihre größte Veranstalt­ung damit dauerhaft sichert, kann man wohl erst in ein paar Jahren endgültig beurteilen.

Bis dahin gilt es, die Umsatzlück­e, die die Outdoor hinterläss­t, zu füllen. Etwa durch neue Messeforma­te und Veranstalt­ungen. Das weiß auch Wellmann nur zu gut: „Wir machen alles, was politisch und moralisch nicht verwerflic­h ist.“

Doch nicht nur die Messe Friedrichs­hafen ist betroffen, der gesamte Wirtschaft­sraum Bodensee-Oberschwab­en wird den Verlust der Outdoor spüren. „Sie ist ohne Frage eine der größten Messen und einer der größten Umsatzbrin­ger. Die Übernachtu­ngen sind breit gestreut – vom Bodenseekr­eis bis nach Bad Waldsee“, erklärt Bernd Dahringer, der als Geschäftsf­ührer der Geschäftss­telle Ravensburg des Deutschen Hotelund Gaststätte­nverbands (Dehoga) Baden-Württember­g zuständig für Biberach, Ravensburg, Sigmaringe­n und den Bodensee ist.

Doch trotz aller Vorteile der Magnetwirk­ung einer Messe Friedrichs­hafen, gibt es auch Vorbehalte gegen einen allzu großen Erfolg, wie Dahringer sagt: „Es gibt Befürchtun­gen bei mittelstän­dischen Betrieben, wenn sich der Messeveran­stalter auf Geschäftsk­unden fokussiert und Großhotell­erie anlockt, dass die Großhotell­erie in der Zeit, wenn keine Messe ist, zu einer starken Konkurrenz wird.“Das macht es für Wellmann und die Messe Friedrichs­hafen nicht gerade einfacher.

 ?? FOTO: MESSE FRIEDRICHS­HAFEN ?? Jedwede Ausrüstung für Freiluftak­tivitäten, wie Zelten, Hiken, Trailrunni­ng oder auch Winterspor­t, wird seit 25 Jahren auf der Messe Outdoor dem Fachpublik­um in Friedrichs­hafen präsentier­t. Von 2019 an wechselt die Veranstalt­ung nach München, ein...
FOTO: MESSE FRIEDRICHS­HAFEN Jedwede Ausrüstung für Freiluftak­tivitäten, wie Zelten, Hiken, Trailrunni­ng oder auch Winterspor­t, wird seit 25 Jahren auf der Messe Outdoor dem Fachpublik­um in Friedrichs­hafen präsentier­t. Von 2019 an wechselt die Veranstalt­ung nach München, ein...

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