Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)
Südwestens Unternehmen sind digitaler als der Bund
Dienstleistungsbranche bereits größtenteils digitalisiert – Handwerk ist das Schlusslicht
STUTTGART - Die Unternehmen in Baden-Württemberg sind in Sachen Digitalisierung bereits weiter als der Bund. Das heißt unter anderem, dass sie bereits mehr Geschäfte auf dem digitalen Markt generieren. Das geht aus einer Studie hervor, die das Wirtschaftsministerium Baden-Württemberg in Auftrag gegeben hat. Treibende Kraft für den Grad der Digitalisierung sind die Unternehmen aus der Dienstleistungsbranche.
1145 Unternehmen hat das Marktforschungsinstitut Kantar TNS und das Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung Mannheim (ZEW) für die Studie befragt. Beim Digitalgipfel 2018 in Stuttgart hat Wirtschaftsministerin Nicole Hoffmeister-Kraut (CDU) die Ergebnisse eingeordnet: „Der Report zeigt uns, dass wir nachlegen müssen, um der Digitalisierung unserer Wirtschaft noch mehr Tempo zu verleihen – insbesondere im Mittelstand.“
Denn der baden-württembergische Mittelstand ist im bundesweiten Vergleich nur Durchschnitt. Die Gesamtheit der Unternehmen im Südwesten erhält aber laut Studie in Sachen Digitalisierung 55 von 100 Punkten. Ein Punkt mehr als der Bund. „Das mag nicht viel erscheinen, aber es ist signifikant und aussagekräftig“, sagte Tobias Weber von Kantar TNS, der die Studie beim Digitalgipfel vorstellte. Baden-Württemberg habe in allen Kerndimensionen im Durchschnitt besser abgeschnitten. Das liege vor allem an den Unternehmen der Dienstleistungsbranche und dem verarbeitenden Gewerbe, die im Deutschlandvergleich bereits fortgeschrittener sind.
Um die Digitalisierung der Unternehmen zu messen, haben sich Kantar TNS und ZEW zunächst die Umsätze angeschaut: Welche Geschäfte werden auf digitalen Märkten generiert? Relevant war auch, inwieweit die Digitalisierung Bestandteil der Unternehmensstrategie ist und welche Technologien und Dienste bereits genutzt werden. In BadenWürttemberg ist das Handwerk in dieser Auswertung deutliches Schlusslicht. Mit nur 38 Punkten sind diese Unternehmen kaum digitalisiert. Deutschlandweit hat das Institut keine Zahlen zum Handwerk erhoben, weil die Branche lediglich in Baden-Württemberg „wirtschaftlich bedeutend“sei, heißt es in der Studie.
Forderungen an die Politik
Das andere Extrem der Branchenliste ist die Informations- und Kommunikationstechnik. Mit 74 von 100 Punkten sind diese Unternehmen mit Abstand am weitesten digitalisiert und sollen sich bis 2022 noch um fünf Punkte steigern. Um der baden-württembergischen Initiative zu folgen und die Digitalisierung weiter voranzutreiben, fordern die Unternehmen laut Studie allerdings einiges vonseiten der Politik.
94 Prozent fordern flächendeckendes, schnelles und ausfallfreies Internet. Etwa dieselbe Anzahl der Unternehmer wünscht sich mehr Förderung in Sachen IT-Sicherheit und 84 Prozent drängen auf einen rechtlichen Rahmen für die digitale Wirtschaft. Es sei aber die richtige Balance zwischen Datenschutz und Innovationen wichtig, sagte Ministerin Hoffmeister-Kraut dazu am Montag: „Es darf uns nicht passieren, dass die Daten im Ausland sowieso gesammelt und dann teuer nach BadenWürttemberg verkauft werden.“