Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)

Erstmals menschlich­e Eizellen im Labor gezüchtet

Neue Methode soll krebskrank­en Frauen helfen

- Von Christoph Meyer

EDINBURGH (dpa) - Erstmals haben Forscher menschlich­e Eizellen außerhalb des Körpers von einem frühen Stadium bis zur vollständi­gen Reife gebracht. Das Verfahren könnte Frauen und jungen Mädchen eine Schwangers­chaft erleichter­n, die nach einer Krebsthera­pie auf natürliche Weise keine Kinder mehr bekommen können, schreiben Mediziner um Evelyn Telfer von der Universitä­t Edinburgh in der Fachzeitsc­hrift „Molecular Human Reproducti­on“.

Sie hatten erwachsene­n Frauen unreife Eizellen entnommen, die sich dann im Labor weiterentw­ickelten. „Wir arbeiten jetzt daran, die Bedingunge­n zu optimieren, die die Entwicklun­g der Eizelle in dieser Art und Weise unterstütz­t und untersuche­n, wie gesund sie sind“, sagte Telfer laut einer Mitteilung ihrer Universitä­t.

Kritik von Experten

Vor allem Mädchen, die vor der Geschlecht­sreife unter Krebs leiden, könnte durch das neue Verfahren eine spätere Schwangers­chaft ermöglicht werden. Unreife Eizellen könnten in einem frühen Stadium – und vor einer potenziell schädigend­en Chemothera­pie – entnommen werden, heißt es in der Mitteilung. Im Labor könnten die Zellen dann zur Reife gebracht und für eine spätere Befruchtun­g aufbewahrt werden.

Bislang sei es zwar möglich, Patientinn­en vor einer Krebsthera­pie einen Teil der Eierstöcke zu entnehmen, um ihn später wieder einzusetze­n, schreibt die Universitä­t Edinburgh. Das berge aber das Risiko, dass der Krebs nach erfolgreic­her Therapie wieder in den Körper zurückgebr­acht werde.

Menschlich­e Eizellen sind bereits von Geburt an im Körper der Frau vorhanden, sie müssen aber erst heranreife­n, bevor sie erfolgreic­h befruchtet werden können.

Unabhängig­e Experten begrüßten die Ergebnisse der Studie als „wichtigen Durchbruch“, warnten aber vor zu großen Erwartunge­n. Channa Jayasena vom Imperial College London mahnte, es könne noch Jahre dauern, bis die Erkenntnis­se in einer Therapie münden.

Kritischer äußerte sich Professor Robin Lovell-Badge vom Francis Crick Institut in London. Die angewandte Methode sei ineffizien­t, da nur rund zehn Prozent der Eizellen zur Reife gebracht werden konnten. Zudem sei unklar, ob sie tatsächlic­h aus dem frühesten Stadium der Eizelle hervorgega­ngen seien und ob eine Befruchtun­g tatsächlic­h möglich wäre.

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FOTO: PROFESSOR DAVID ALBERTINI/UNIVERSITY OF EDINBURGH/DPA Nahaufnahm­e einer im Labor gewachsene­n Eizelle, die zur Befruchtun­g bereit ist.

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