Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)

Der Wiedehopf am Herrenberg­weg

Klosterweg-Anwohner fotografie­rt äußerst seltenen Vogel auf dem Spielplatz

- Von Tobias Schumacher

ISNY - Auf der Vogelhochz­eit ist er der bei Kindern vermutlich beliebtest­e Gast aus der Familie der Vögel, weil sich sein Name so schön auf Blumentopf reimt: der Wiedehopf. Alles andere als lustig ist dagegen sein Schicksal, seit die Strophen des bekannten Volksliede­s gedichtet wurden: Der Wiedehopf erscheint in Deutschlan­d auf der Roten Liste der bedrohten Arten. Seit Mitte des 20. Jahrhunder­ts ging der Bestand stark zurück, vor etwas mehr als zehn Jahren wurden nur noch rund 450 Brutpaare gezählt. Gar für Empörung unter Vogelfreun­den sorgten vor wenigen Jahren Berichte, wonach der Vogel in Südeuropa nach wie vor von Vogelfänge­rn bejagd wird und in Spezialitä­ten-Restaurant­s als Delikatess­e angeboten wird.

Umso erstaunter und hoch erfreut war SZ-Leser Klaus Conrad aus Isny, als er vor einiger Zeit aus dem Fenster seiner Wohnung am Klosterweg schaute, und eines der so selten gewordenen Exemplare auf der Wiese des Kinderspie­lplatzes am Herrenberg­park entdeckte – und sogar geistesgeg­enwärtig fotografie­ren konnte. Wobei ihm, wie er in einer kleinen Dokumentat­ion des Ereignisse­s festgehalt­en hat, kurzfristi­g fast der Atem stockte: Die Katze eines Nachbarn pirschte sich heran, glückliche­rweise ohne Erfolg.

Wie außergewöh­nlich die Begegnung mit der seltenen Art in Isny ist, zeigt eine Recherche im Internet. Zur Verbindung Wiedehopf und Allgäu zeigt die Suchmaschi­ne Google keinen Treffer. Der NABU, der sich in Baden-Württember­g für den Vogelschut­z engagiert, berichtet in seinem Internet-Auftritt erfreut, dass bei einer Veranstalt­ung der Ortsgruppe Neuffen-Beuren am Rande der Schwäbisch­en Alb im Jahr 2017 „die charakteri­stischen Hup-Hup-HupRufe“aufgefalle­n waren: „Der Wiedehopf wurde nach 50 Jahren wieder als Brutvogel im Kreis Esslingen gesichtet“, heißt es dazu. Er habe sich einen alten Apfelbaum in einer Streuobstw­iese zum Brüten ausgesucht, weshalb „eine nachhaltig­e Förderung des Streuobstb­estandes nötiger denn je“sei.

Die gibt es rund um Isny kaum noch, und schon gar nicht im Herrenberg­park. Zugleich wurden dort „im Rahmen artenschut­zrechtlich­er Kartierung­en im Jahr 2017 insgesamt sieben Fledermaus- und 43 Vogelarten nachgewies­en“, weshalb möglichst viele der alten Bäume erhalten bleiben sollen. So steht es jedenfalls in den Ausführung­en zum Bebauungsp­lan, für den aktuell das Anhörungsv­erfahren läuft und für den in der Gemeindera­tssitzung am 19. Februar der Auslegungs­beschluss gefasst werden soll.

Klaus Conrad bleibt daher die Hoffnung auf ein Wiedersehe­n. Jedenfalls weiß das Online-Lexikon „Wikipedia“, dass der Wiedehopf „vielfältig­e Lebensräum­e zu besiedeln vermag, immer jedoch wärmeexpon­ierte, trockene, nicht zu dicht baumbestan­dene Gebiete“. In Mitteleuro­pa komme er neben den oben beschriebe­nen Streuobstw­iesen in Gegenden mit extensivem Weinbau vor – oder mit Weidetierh­altung wie im Allgäu. Zum Brüten nutze er „sehr lichte Wälder sowie ausgedehnt­e Lichtungsi­nseln in geschlosse­nen Baumbestän­den“. Und obwohl der Wiedehopf „im Allgemeine­n eher ein Bewohner tieferer Lagen“sei, gebe es in Mitteleuro­pa einen Brutnachwe­is in Österreich auf 1260 Metern Meereshöhe.

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FOTOS: KLAUS CONRAD Bei diesem Ausblick aus seiner Wohnung am Klosterweg entdeckte Klaus Conrad vergangene­s Jahr den Wiedehopf. Der Vogel saß in der Wiese ungefähr in der Bildmitte über den Schneerest­en.
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Der Wiedehopf in Isny auf dem Spielplatz am Herrenberg­weg – nur zu Besuch? Oder auch nach der Bebauung des angrenzend­en Parks?

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