Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)
Olympia gucken - trotz dringenden Doping-Verdachts?
Wir alle sind Realisten und Kinder unserer Zeit. Dass der Fußball mit seinen Ablösesummen und Vermarktungswegen ins Groteske abgedriftet ist, haben wir akzeptiert. Trotz
Kritik und den Befürchtungen, dass die Blase bald platzen und der Fernse- her ausbleiben könnte, verzeichnet die Bundesliga Rekordeinschaltquoten. Und so wird es auch bei Olympia sein – denn es ist, trotz Doping, immer noch das, was wir alle lieben – Sport. Und solange der frei Haus geliefert wird, solange binnen weniger Sekunden Helden geboren werden und ehemalige Überflieger ganz tief fallen: Ja, solange werde ich – und die ganze Welt – den Fernseher einschalten. Allerdings anders – aufgeklärter – als noch vor Jahren. Ein „Treffen der Jugend der Welt“, bei dem der sportliche Vergleich im Vordergrund steht, der gleichzeitig noch der Völkerverständigung dient – all das hört sich löblich an, doch genauso antiquiert. Auch wenn Olympia natürlich auch dieses Jahr noch Brücken baut – längst geht es um ganz andere Dinge.
Und die Doper? Zerstörung des Weltbildes: Gedopt wurde immer. Natürlich ist heute alles trickreicher, und neue Abgründe kommen ans Licht. Doch das Gute ist: Als Konsument habe ich das im Hinterkopf und kann dennoch den Wettkampf genießen. Lasst die Spiele also beginnen.
Echt bestechend, dieses olympische Motto: „citius, altius, fortius“– schneller, höher, stärker. Ein friedliches
Treffen der Jugend der Welt zum edlen, sportlichen Wettstreit. Eine fröhliche Zusammenkunft, die gleichzeitig auch noch der Völkerverständigung dient. Herrlich! Herz, was willst du mehr?
Ein bisschen Ehrlichkeit vielleicht. Denn vom löblichen olympischen Ideal sind die Winterspiele in Südkorea in etwa so weit entfernt wie Pita Taufatofua aus Tonga von einer Goldmedaille im Langlauf. Und das ist wahrscheinlich noch stark untertrieben.
Nicht nur, dass zwielichtige Funktionäre und überbordender Kommerz das „Fest des Sports“im eisigen Würgegriff halten. Das allein würden wir ja vielleicht noch ertragen. Nein, die kesse Erweiterung des olympischen Mottos um das schnöde Adjektiv „dopius“ist es, die die Zornesröte ins Gesicht treibt und den Spaß verdirbt. Schon klar, wahrscheinlich sind nicht alle Athleten gedopt, vielleicht kann wenigstens Pita Taufatofua mit reinem Gewissen und ebensolchem Blut in den Wettkampf starten. Aber wer weiß das schon mit Gewissheit? Deshalb bleibt die Glotze diesmal aus. Über die Leistungsfähigkeit der pharmazeutischen Betriebe informieren wir uns dann doch lieber in der „Apotheken Umschau“. Dabei sein ist in diesem Fall eben nicht alles.
Dabei sein ist in diesem Fall nicht alles.
Von Dirk Uhlenbruch
Als Konsument kann ich das Gesehene gewichten.
Von Felix Alex