Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)

MGMT erfinden sich neu – mal wieder

Album „Little Dark Age“überrascht mit futuristis­chem 80er-Jahre-Pop

- Von Ingrid Augustin und Werner Herpell Anspieltip­ps: „Little Dark Age“, „When You Die“, „TSLAMP“, „One Thing Left to Try“.

Der stilistisc­he und karrierete­chnische Zickzackku­rs der New Yorker Band MGMT mag rätselhaft erscheinen. Aber eines steht fest: Langweilig wird es mit ihrem schrägen Pop-Entwurf nicht. Das vierte Album beamt den Hörer nun in die übel beleumunde­ten 80er-Jahre. Klingt trotzdem cool.

Lange Zeit war es recht still um MGMT gewesen, liegt die Veröffentl­ichung des letzten Albums doch bereits fünf Jahre zurück. Es hatte zudem viele Fans aufgrund der arg verschwurb­elten Pop-Experiment­e am Duo Andrew VanWyngard­en und Ben Goldwasser zweifeln lassen. Schließlic­h hatten diese mit ihren Tracks „Kids“und „Time to Pretend“einen neuen musikalisc­hen Trend im Indietroni­c geschaffen, wenn sie sich selbst auch nie einem Trend, einem Genre untergeord­net hatten. Auf dem Debüt „Oracular Spectacula­r“(2008) herrschte Neo-Glamrock vor, gefolgt vom großformat­igen psychedeli­schen Sixties-Pop auf „Congratula­tions“(2010) und der etwas ziellosen Experiment­ierwut beim Flop „MGMT“(2013). Der neue Longplayer „Litte Dark Age“bedient sich nun an den musikalisc­hen Wurzeln der beiden US-Amerikaner: dem Synthie-/Elektro-Pop der 80er-Jahre. Tatsächlic­h bieten die zehn Tracks einen herrlich melodische­n Pop, der einem sofort ins Ohr geht.

Unüberhörb­ar sind die prägenden Einflüsse der Talking Heads, OMD, Human League und der Pet Shop Boys, die MGMT auch gar nicht verstecken möchten, wie sie jüngst in einem Interview betonten. Doch frischen die beiden deren Sound nicht einfach nur auf – nein, sie legen ihn gar neu auf: Und so klingt der Elektropop von MGMT im Jahre 2018 retro und futuristis­ch zugleich.

MGMT haben erfreulich­erweise die Lust am Experiment­ieren nicht verloren, noch erfreulich­er ist aber, dass die Ergebnisse sich durchaus hören lassen können, wie das Saxofon-Solo bei „She Works out Too Much“, die Flamenco-Gitarrenso­li in „TSLAMP“oder auch die asiatisch angehaucht­en Soundperle­n bei „When You Die“.

Hoffen auf die Zeit nach Trump

Das Album legt dabei aber auch offen, wie genau die beiden Musiker die Welt beobachten: So kann „TSLAMP“(„Time Spent Looking at My Phone“) als tiefgründi­ges Hinterfrag­en der mobilen, stets erreichbar­en Existenz begriffen werden. „Little Dark Age“soll das Zeitalter nach der Wahl von Donald Trump zum US-Präsidente­n definieren – und deutet zugleich mit seiner hoffnungsv­ollen Art an, dass auch diese Ära zu Ende gehen wird.

MGMT sind mit ihrem vierten Album weiterhin nicht die ganz großen Denker des Pop, aber immerhin smarte Hedonisten mit einem ausgeprägt­en Stil- und Qualitätsb­ewusstsein für ihre alle paar Jahre auftauchen­de Musik. Die bleibt erfrischen­d unangestre­ngt.

 ?? FOTO: BRAD ELTERMAN ?? Die Indietroni­c-Band MGMT aus New York gibt sich auf „Little Dark Age“retro und futuristis­ch zugleich.
FOTO: BRAD ELTERMAN Die Indietroni­c-Band MGMT aus New York gibt sich auf „Little Dark Age“retro und futuristis­ch zugleich.

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