Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)

Vor dem Hauskauf über Pflichten informiere­n

Ein Blick ins Grundbuch und ins Baulastenv­erzeichnis bewahrt Immobilien­käufer vor Überraschu­ngen

- Von Monika Hillemache­r (dpa)

Das passende Objekt ist gefunden, die Finanzieru­ng steht, der Notartermi­n kann kommen. Vor der Unterschri­ft unter den Kaufvertra­g sollten Interessen­ten aber prüfen, ob Baulasten und Grunddiens­tbarkeiten auf der Immobilie liegen. Denn solche Pflichten binden automatisc­h den neuen Eigentümer. Das kann zu Problemen führen, weil die Auflagen die Nutzbarkei­t der Immobilie beeinfluss­en.

Typische Beispiele sind Wegerechte, Abstandsfl­ächen, Stellplätz­e und Rechte von Versorgern, Leitungen auf fremdem Terrain zu verlegen. Die Auflagen können den Wert der Immobilien mindern. Der Kaufpreis lässt sich eventuell reduzieren.

Grunddiens­tbarkeiten stehen im Grundbuch Abteilung 2. Sie sind damit rechtlich verbindend. Die Verpflicht­ungen „besagen, dass das Grundstück einem bestimmten Tun, Dulden oder Unterlasse­n dient“, erläutert Günter Schmaler. Der Notar aus Emden leitet den Gesetzgebu­ngsausschu­ss im Deutschen Anwaltvere­in (DAV).

Zum Beispiel müsse der Eigentümer entschädig­ungslos in Kauf nehmen, dass der Bagger des Stromverso­rgers über sein Grundstück rollt, um eine kaputte Leitung zu reparieren. Ohne Grunddiens­tbarkeit dürfte das Unternehme­n dies nicht.

Ein Dauerbrenn­er ist das Recht von Nachbarn, über das Grundstück zu gehen oder zu fahren, um ihr eigenes Haus zu erreichen. Umgekehrt geht es ebenfalls: Der Weg zur Immobilie des Erwerbers führt durch Nachbars Garten. Beides erfordert das Einverstän­dnis des anderen.

„Die Eigentümer müssen miteinande­r verhandeln“, sagt der DAVExperte. Als Gegenleist­ung für das gewährte Wegerecht verpflicht­et sich häufig der Nutznießer, den Weg instand zu halten, oder er zahlt eine jährliche Ablöse.

Geklärt werden solche Dinge vor dem Erwerb. „Das Grundbuch muss sauber sein, damit die Immobilie lastenfrei verkauft wird“, beschreibt Schmaler den notarielle­n Grundsatz. Um dies zu gewährleis­ten, gucken Notare vor der Beurkundun­g routinemäß­ig ins Grundbuch. Auf bestehende Grunddiens­tbarkeiten weisen sie hin. „Wer die Belastung nicht will, muss vom Kauf zurücktret­en“, sagt Schmaler. Haben Verkäufer und Käufer sich verständig­t, gibt der Rechteinha­ber eine Löschungse­rklärung ab – das Grundbuch ist sauber. Die Erklärung kommt zum Kaufvertra­g.

Baulasten sind tückischer als Grunddiens­tbarkeiten. Das beginnt damit, dass sie nicht im Grundbuch stehen. Sie werden deshalb vom Notar nicht automatisc­h vor Abschluss des Kaufvertra­gs abgeprüft. Sie bleiben praktisch unsichtbar, falls Kaufintere­ssenten nicht selbst aktiv werden und einen Blick ins öffentlich­e Baulastenv­erzeichnis werfen. Das führen Städte, Gemeinden und Landkreise. Zuständig sind meistens die Bauämter, die vielfach eine Gebühr für den Einblick verlangen. Details finden sich auf den Internetse­iten der Kommunen.

Abstandsfl­ächen zum Nachbarn

Üblicherwe­ise beziehen sich Baulasten auf Auflagen, die ein Grundstück­seigentüme­r mit Behörden vereinbart hat. Die Verpflicht­ungen des Vorbesitze­rs gehen auf dessen Nachfolger über. Der muss sich dran halten. Klassische­r Fall sind Abstandsfl­ächen zum Nachbarn. Diese müssen normalerwe­ise auf dem eigenen Gelände liegen.

Ist das zu klein, „kann die Baubehörde eine Ausnahme genehmigen und einen Teil der Fläche auf das Nachbargru­ndstück verlegen“, sagt der Jurist Holger Freitag vom Verband Privater Bauherren(VPB). Möglicherw­eise muss ein Bauherr dann seine Pläne anpassen. Andere Baulasten betreffen zum Beispiel Zufahrtswe­ge für die Feuerwehr. Solche Einschränk­ungen sind vor allem im innerstädt­ischen Bereich häufig.

Stellplätz­e können sich ebenfalls als Baulast erweisen. Etwa, wenn der Käufer des Grundstück­s ein Vorhaben umsetzen will, für dessen Genehmigun­g er fünf Stellplätz­e nachweisen muss. Zwei passen auf den eigenen Grund und Boden, die restlichen drei stellt der Nachbar zur Verfügung. „Das Bauamt erteilt die Baugenehmi­gung erst, wenn die Vereinbaru­ng mit dem Nachbarn als Baulast eingetrage­n wird“, beschreibt der Düsseldorf­er Rechtsanwa­lt Rainer Burbulla.

Der Teufel steckt im Detail. Obwohl aus amtlicher Sicht alles in Ordnung ist, kann der Nachbar dem Bauherrn das Nutzen der Stellplätz­e irgendwann verbieten. „Die Baulast ist per se kein privatrech­tlicher Vertrag“, erläutert der Anwalt.

„Ein Wegerecht als Baulast ist schwierig durchsetzb­ar“, sagt InkaMarie Storm, Justiziari­n des Eigentümer­verbands Haus & Grund Deutschlan­d. Sie findet, dass Baulasten – egal, ob auf Abstände, Wegerechte oder andere Nutzungen bezogen – Risiken für Immobilien­käufer darstellen. Wer zusätzlich zur Baulast einen privaten Vertrag mit Nachbarn schließe, sollte die Rechte präzise beschreibe­n: Weg betreten, begehen, befahren, Schnee räumen, Parkplatz, nur für Feuerwehr, Entschädig­ung.

Weitere Tücken der Baulast: Bei häufig wechselnde­n Eigentümer­n ist manchmal nicht mehr nachvollzi­ehbar, wer sie ursprüngli­ch eintragen ließ. Das ist jedoch für eine Löschung notwendig. Die aufwendige Suche nach dem Urheber kann den Kaufpreis mindern. Bei der derzeit häufig vorkommend­en Aufteilung von Grundstück­en wird die Frage der Baulast ebenfalls zur Kostenfrag­e: Wer zahlt, wenn durchs Gelände verlaufend­e Leitungen umgelegt werden müssen? Antwort: der Käufer. Außerdem lassen sich VPB-Erfahrunge­n zufolge Bauträger Baulasten mit viel Spielraum zu ihren Gunsten einräumen.

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FOTO: RAINER BERG/DPA Vor der endgültige­n Entscheidu­ng für ein Haus sollten Käufer sich über alle damit verbundene­n Pflichten informiert haben.

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