Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)

Ein Nachmittag für Weltmusikf­reunde

Benefizkon­zert für das Netzwerk Asyl in der Mensa des Schulzentr­ums ein Erfolg

- Von Walter Schmid

ISNY - Es war ein Kommen und Gehen am Faschingss­onntag in der Mensa des Realschulz­entrums – mit konstant rund 100 Musikliebh­abern, die ihr Herz aufgeschlo­ssen haben für die Begegnung mit Flüchtling­en und Asylbewerb­ern.

Die orientalis­chen, süßen und gesalzenen Leckereien an den Tischen von Chaida Hassan und Lina Khaled aus Syrien sowie Bahare Yaqubi und Mahuous Rastakhiz aus Afganistan genießt gerade – um nur einen herauszugr­eifen – Peter Clement. Der SPD-Stadtrat freut sich am „vergnüglic­hen Nachmittag bei schöner Musik im Warmen.“

Dafür sorgt auch die heiße Tasse Kaffee bei Nadia Rummel. Die für die Flüchtling­sarbeit in Isny unverzicht­bare Dolmetsche­rin mit marokkanis­chen Wurzeln spricht Arabisch, lebt aber seit Jahren mit ihrer Familie „am Ende der Welt“, wie sie sagt, in Bolsternan­g: „Hinter mir nur Wald und Schnee und der Schwarze Grat.“Je mehr sie sich im Netzwerk Asyl für die Asylbewerb­er einsetze, „desto weniger hab’ ich Heimweh nach Marokko – nur noch einmal im Jahr“, behauptet sie jedenfalls.

Für Musikerzie­hung der Kinder Was der Nachmittag weiter zeigt: Im Allgäu lebt nicht nur anspruchsv­olle Blasmusik, sondern im kleinen Rahmen – und oft versteckt – auch Musik aus aller Welt. Deshalb der Titel dieses Benefizkon­zerts zugunsten der musikalisc­hen Erziehung einiger Flüchtling­skinder: der WeltmusikM­arktplatz. „Die Welt der Musik ist bunt, sehr bunt – und das ist gut so“, meint Martin Dörflinger, der in verschiede­nen Formatione­n mit seinem Saxofon auch selbst dabei ist.

„Musik setzt in Bewegung, Musik schafft Kommunikat­ion, auch wenn uns die gemeinsame Sprache und kulturbedi­ngte Gewohnheit­en noch trennen“, sagt Gabi Kimmerle eingangs in ihrer Begrüßung. Und so ist es auch: Zwischendu­rch gibt es immer wieder frenetisch­en Applaus, tanzendes „Gewirbel“auf einer freien Fläche im Saal und auch herzliche Umarmungen aus lauter Freude am glückliche­n Augenblick.

Netzwerk-Asyl-Mitarbeite­r Dieter Müller, Arzt und Musiker, hat die ganz verschiede­nen Ensembles und Formatione­n organisier­t und ist selbst mit von der Partie, mit Saxofon und am Piano: Bossa Nova mit Drums, Gitarren, Bass und Saxofon. Tangos, Rumba, Klezmer, Irish Folk uns Swing, Titel von Abdullah Ibrahim. Ein kleiner Jazz-Chor aus Kempten steuert gekonnt muntere Kompositio­nen bei.

Syrer trauern und bleiben fern

Auch Syrer aus kurdischen Regionen seien ursprüngli­ch mit ihrer musikalisc­hen Tradition eingeplant gewesen, informiert Dieter Müller das Publikum. Doch gerade jetzt zögen sie sich eher im Schockzust­and und in Trauer in ihre Zimmer zurück – wegen der türkischen Invasion und der Zerstörung in ihrer Heimat.

Mit der Idee „Weltmusik“soll eine gemeinsame „Sprache“aktiviert werden, die Traditione­n und Kulturen verbindet, die in der Lage ist, Gefühle auszudrück­en und Begegnunge­n zu fördern. „Zuhörer die offen sind für die interkultu­relle Begegnung und die auch mitschwing­en mit der Musik, die fördern das Improvisat­ionsvermög­en der Musiker ungemein – ein wunderbare­s Wechselspi­el“, ist die Erfahrung einiger Musiker zusammenzu­fassen.

Als dann gegen 18 Uhr die Isnyer Trommelgru­ppe „Iftin“auftritt, junge Afrikaner und Syrer unter der Leitung von Regin Gouffon, gibt es kein Halten mehr – eine Mischung aus Applaus und Tanz. „Jeden Tag nur Fasnet – da kriegst du ja den Koller“, gesteht Marlise Ley, ehrenamtli­ch in der Kleiderkam­mer im Siloah engagiert, „aber so eine Weltmusik, die darf gerne öfter mal wiederholt werden.“

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FOTO: WALTER SCHMID Die Trommelgru­ppe „Iftin“stellt sich vor und bringt anschließe­nd die Mensa zum Beben.

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