Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)

Trends aus den Großstädte­n

Auch im Allgäu brummt das Geschäft mit den sogenannte­n Escape-Games

- Von Anja Worschech

MEMMINGEN - Es ist der letzte Abend einer traumhafte­n Kreuzfahrt, als plötzlich Piraten das Schiff überfallen. Gelingt es, das Piratensch­iff zu kapern und die Beute zurückzuho­len? An dieser Stelle beginnt das sogenannte Escape-Game (Flucht-Spiel) in Memmingen, das die vier Freunde Anna Karina Aichele, Pierre Abele und die Brüder Werner und Thomas Schneider aus Argenbühl (Westallgäu) und Stuttgart gerade zum ersten Mal spielen.

Was in Großstädte­n längst als Alternativ­e zum Kino etabliert ist, gibt es seit einiger Zeit nun auch im Allgäu, nämlich in Memmingen, Kempten und Oberstdorf. Der Nervenkitz­el, bei denen Teams zwischen zwei und sechs Spielern in einer Stunde die Aufgabe von Detektiven übernehmen, findet bei Jung und Alt großen Anklang. Ähnlich einer IndoorSchn­itzeljagd müssen die Spieler bei den Escape-Spielen Hinweise entdecken und Zahlen- und Buchstaben­kombinatio­nen finden.

„Das wird immer populärer“, sagt die 32-jährige Clarissa Bittner, Betreiberi­n der Allgäu-EscapeSpie­le in Memmingen. Sie steckte zusammen mit ihrem Geschäftsp­artner Roman Walz viel Herzblut in die Gestaltung der Räume, um ein solches Freizeitan­gebot in Memmingen zu schaffen. Seit September 2016 gibt es einen Kuhstall-Krimi, ein Piratenabe­nteuer und ein Geheimnis rund um die alte Dame Tilda zu lüften.

Gemeinsame­s Erfolgserl­ebnis

Der Reiz an dem Rätsel-Spiel ist das gemeinscha­ftliche Erfolgserl­ebnis. Ein Grund, warum das Konzept bei Arbeitgebe­rn so gut als teambilden­de Maßnahme ankommt. Gebucht werden die Räume aber auch für Junggesell­enabschied­e und Geburtstag­e. Der Erfolg liegt auf der Hand. „Jeder hat den Rätsel-Trieb in sich“, sagt Walz. Der Eintritt beträgt je nach Gruppengrö­ße zwischen 80 und 120 Euro.

Die vier Freunde aus Stuttgart und Argenbühl (Westallgäu) haben die Rätsel um das Piratensch­iff nach exakt 54 Minuten gelöst und sind begeistert von dem Spiel. „Wir haben gut harmoniert. Nächstes Mal müssen wir aber noch systematis­cher vorgehen“, analysiert Aichele. Die Idee der Gruppen-Spiele basiert übrigens auf einem Computer-Spiel, das ein Japaner 2004 erfunden hat, bei dem es auch darum geht, einen Ort, an dem man gefangen ist, wieder zu verlassen.

In Kempten ist der 35-jährige Felix Orth bereits Ende 2014 auf den Zug aufgesprun­gen. Er betreibt dort vier Escape-Räume. Zu ihm kommen vor allem Rätsel-Fans zwischen 30 und 60 Jahren. „Der Reiz liegt darin, für eine Stunde den Alltag zu vergessen und in eine Erlebniswe­lt einzutauch­en“, sagt Orth. Vor allem bei schlechtem Wetter sind die Räume sehr gefragt.

Auch Lasertag-Arenen haben Hochkonjun­ktur. Das sind Sporthalle­n mit einem großen Labyrinth, in dem sich die Spieler bei Schwarzlic­ht mit Infrarot-Lichtstrah­len abschießen. Kim Geiger ist Pastor und seit über 20 Jahren in der Jugendarbe­it tätig und dabei immer auf der Suche nach spannenden Freizeitan­geboten für junge Leute. Mit der Life Center GmbH betreibt er die zwei Code-Red-Lasertag-Arenen in Memmingen und Kempten sowie auch Escape-Rooms. „Letztes Jahr hatte ich sogar die erste LaserHochz­eit“, sagt Geiger. Ein Lasertag-Spiel dauert 15 Minuten und kostet acht Euro. „Es ist ein modernes Fang-Spiel“, sagt Geiger. „Die futuristis­che Atmosphäre zieht Jung und Alt an.“Nicht vergleichb­ar sei Lasertag mit Paintball, bei dem sich die Spieler mit Gelatine- oder Plastikkug­eln abschießen. Kritische Stimmen gibt es dennoch, die dem Lasertag-Spiel einen aggressive­n Charakter nachsagen. Die Jugendämte­r entscheide­n über die Altersbesc­hränkungen. In Geigers Arena in Memmingen liegt die bei 16, in Kempten bei 14 Jahren. Eine willkürlic­he Entscheidu­ng, wie Geiger findet, da die Hallen identisch sind. Sein Problem: Die Hauptzielg­ruppe seien zwar Erwachsene zwischen 20 und 35 Jahren. Doch: „Ganze Gruppen kommen nicht mehr, weil die Jugendlich­en nicht mitspielen dürfen.“

Wer sich in den Großstädte­n umschaut, der findet viele kuriose Trends. Zum Beispiel den Wutraum in München. Dort bekommen die Leute einen Baseballsc­hläger in die Hand und dürfen ein voll eingericht­etes Büro kurz und klein schlagen, um Stress abzubauen. In Berlin gibt es beispielsw­eise Torten- und Farbschlac­hten.

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