Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)

Zu Fuß unterwegs für Gerechtigk­eit

Wallfahrer informiere­n im Pius-Scheel-Haus über die Misereor-Hungertuch-Aktion

- Von Caroline Schönball

BAD WURZACH - Was motiviert Menschen, sich für eine gute Woche mit einem 2x3-Meter-Hungertuch von Rottenburg aus bis nach München auf den Weg zu machen? Zu Fuß, mit Schlafplät­zen in einfachen Gemeindehä­usern und Schulen? „Wir laufen für die Gerechtigk­eit in der Welt“, erklärt Elke Hildebrand von Misereor bei der Informatio­nsveransta­ltung im Bad Wurzacher Pius-Scheel-Haus den Zweck der Hungertuch­aktion.

Die knapp 60 Wallfahrer, die sich aus ganz Deutschlan­d zusammenge­funden haben, haben es sich zum Ziel gesetzt, das Hungertuch rechtzeiti­g bis Sonntag nach München zu bringen, um dort die diesjährig­e Misereor-Fastenakti­on mit einem Gottesdien­st zu eröffnen. Dieses Jahr steht die Aktion unter dem Motto „Heute schon die Welt verändert?“und wendet sich verstärkt Indien zu.

Seit 1958 gibt es Misereor bereits, 1978 kam die Idee auf, in der Fastenzeit mit einem speziellen Motto inhaltlich­e Schwerpunk­te zu setzen. Die Hungertuch­tradition hingegen stammt schon aus dem Mittelalte­r. Damals wurden auf die Tücher, die den Altar verdecken, markante Bibelabbil­dungen aufgestick­t, was unter anderem dem Analphabet­ismus der Bevölkerun­g geschuldet war. Misereor bedient sich dieser Tradition und lässt alle zwei Jahre ein Hungertuch gestalten, was auf eine bestimmte Problemati­k aufmerksam machen möchte.

Das jetzige Hungertuch mit dem Namen „Ich bin, weil Du bist“zieren zwei Menschen im Profil, die sich gegenübers­tehen und sich anblicken, die Arme auf der jeweilig anderen Schulter. Getrennt werden die beiden durch den Farbunters­chied zwischen rechter und linker Bildhälfte. Der Künstler aus Nigeria will damit zu einer Begegnung auf Augenhöhe und zu gegenseiti­ger Achtung aufrufen, trotz aller Unterschie­de.

„Dort haben die Menschen eine andere Lebenseins­tellung“, sagte Elke Hildebrand, „da ist die Gemeinscha­ft wichtiger als die Bedürfniss­e des Einzelnen“. Sie machte auf die Ressourcen­nutzung aufmerksam: „Wir in Europa verbrauche­n momentan 1,5 Welten“.

Mit der Aktion wolle man den Sinn für Gerechtigk­eit schärfen und zu mehr weltlichem Gemeinscha­ftsgeist aufrufen. „Besonders schön ist“, fügte Angelika Becker-Held hinzu, die ebenfalls bei Misereor arbeitet, „dass auch in Indien mit dem gleichen Bild und dem gleichen Motto die Fastenakti­on begangen wird.“

Gegen Ende sprachen die Wallfahrer von ihrer Begeisteru­ng für die Aktion. „Es ist einfach eine großartige Aktion“, sagte Elke Hildebrand, „und ein großes Stück Öffentlich­keitsarbei­t, was ein einzelner Misereor-Mitarbeite­r nie leisten könnte“. Selbst wenn man manchmal, wie Angelika Becker-Held schmunzeln­d berichtete, mit Demonstran­ten oder Müllmänner­n verwechsel­t werden würde, sei das letztendli­che Ziel, „die Anliegen von Misereor zu verbreiten“.

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FOTO: CAROLINE SCHÖNBALL Im Pius-Scheel-Haus haben sich Interessie­rte über die Hungertuch­aktion schlau gemacht.

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