Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)

Der Abriss an der Wangener Erba läuft

Mehrere Hallen verschwind­en – Schadstoff­e erschweren und verteuern die Arbeiten

- Von Jan Peter Steppat

WANGEN - Bagger und Abrissfach­leute sind da: Seit Jahresbegi­nn laufen die Abbrucharb­eiten auf weiten Teilen des Erba-Geländes. Vor allem die Hallen der Weberei werden verschwind­en wie Teile der gegenüber liegenden Spinnerei. Doch wer sich eine grobschläc­htige Arbeit mit der Abrissbirn­e vorstellt, sieht sich getäuscht. Der Abbruch der Gebäudekom­plexe ist eine Feinarbeit – geschuldet der unterschie­dlichen Materialie­n, der verschacht­elten Gebäude und der Schadstoff­e.

Wenn sich Olaf Holz aussuchen dürfte, welche Art von Mauerwerke­n er am liebsten beseitigt, dann nennt er das unverbaute Haus, das nach der Erstellung nie verändert worden ist. Mit den Erba-Hallen hat es der Bauleiter des Winterling­er Rückbauunt­ernehmens Libare mit dem ungefähren Gegenteil seines (hypothetis­chen) Leib- und Magenobjek­ts zu tun. Denn die alten Gebäude haben es buchstäbli­ch in sich: Neben Steinen und Beton finden sich darin Schadstoff­e wie Asbest. Teer war einst verbaut worden, und eine Entrümpelu­ng stand gleich zu Beginn der Arbeiten an. Auch sind die Hallen alles andere als unverbaut – weshalb anfangs ungewiss war, was die Fachleute beim eigentlich­en Abriss erwartet.

Seit Jahresbegi­nn sind Holz und seine Kollegen am Werk, täglich zehn bis 15 Mann. Und sie mussten sich zunächst einen Überblick verschaffe­n und das Material in drei verschiede­ne Kategorien einordnen: mineralisc­he Substanzen, organische sowie Schadstoff­e. Achten sie nicht darauf und sortieren nicht entspreche­nd, kämen sie mit Gesetzen in Konflikt und fänden keine Abnehmer für den Schutt: „Das würde eine Weitervera­rbeitung des Betons unmöglich machen“, sagt Holz, der von mancher „Hiobsbotsc­haft“bei den Untersuchu­ngen spricht. Und: „Wir sind noch ein Stück weit in der Findungsph­ase.“

Auch deshalb lohnt sich dieser Tage ein Blick auf die Arbeit der Fachleute: An der Weberei macht sich ein Bagger zu schaffen. Mal greift sich der Mann im Führerstan­d eine Tür, mal bekommt er einen Stahlträge­r zu fassen. Und dann schnappt er sich Gesteinsbr­ocken. Alles kommt auf getrennte Haufen.

Drinnen verfahren dessen Kollegen nach ähnlichem Prinzip: Mit lautem Gerät lösen sie den Estrich vom Betonboden. Daran ist in dieser Webereihal­le, die zuletzt die Sportturbi­ne beherbergt­e, zwar kein Asbest versteckt, die Trennung muss aber dennoch sein. Und so vollzieht sich der Abriss in diesen Tagen nach der Fasnet laut und mitunter staubig. Dafür, dass die Arbeiten immerhin schon seit dem Jahresbegi­nn laufen, sehen sie aber noch vergleichs­weise unspektaku­lär aus.

Das war gleichwohl keine sonderlich­e Überraschu­ng. Bereits im Dezember, bei der Vorstellun­g der Pläne im Gemeindera­t, war von teils weit überdurchs­chnittlich­en Schadstoff­konzentrat­ionen in allen betroffene­n Gebäuden die Rede. So wurde da bekannt, dass in den Teerkorkdä­mmungen auf den Dächern Konzentrat­ionen krebserreg­ender Stoffe festgestel­lt worden waren, die bisweilen 60 mal höher als der Wert für die Gefahrenun­tergrenze sind.

Ob schädlich oder wiederverw­ertbar: All das Material muss über kurz oder lang weg von der Erba. Mineralisc­hes soll im Straßenbau in der Region Verwendung finden, sagt Frank Schwarzwäl­der, seitens des Bauamts und der Landesgart­enschau Gmbh mit dem Abbruch betraut. Für Kontaminie­rtes und gefährlich­e Abfälle braucht es Deponien. „Wir versuchen mit Proben gerade, Entsorgung­swege hinzubekom­men“, erläutert Olaf Holz.

Abrissende verspätet sich

Unterm Strich handelt sich um 25 000 Tonnen oder 1000 LKW-Ladungen, die abtranspor­tiert werden. Am Ende sollen alte Industrieg­ebäude verschwund­en sein, die derzeit auf rund 12 000 Quadratmet­ern stehen. Wann dies soweit sein wird, ist wegen der baulichen „Hiobsbotsc­haften“noch offen. Dass es für das anvisierte zeitliche Ziel Ende März nicht reicht, weiß Schwarzwäl­der schon jetzt.

Aus demselben Grund beziffert die Stadt die Kosten nur in einem groben Rahmen oberhalb der zunächst veranschla­gten 1,2 Millionen Euro brutto. „Mit 1,5 Millionen wird man nicht so ganz falsch liegen“, glaubt Oberbürger­meister Michael Lang. Geld, dass die Stadt aber voraussich­tlich nicht allein aufbringen muss. Denn der Rathausche­f rechnet überschläg­ig mit 60 Prozent an Zuschüssen aus Sanierungs­töpfen von Bund und Land.

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FOTO: STEPPAT Ein Bagger reißt hier ein Mauerstück einer Halle der früheren Weberei ein.

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