Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)

Die Arbeit kommt nach der Räumungskl­age

Vermieter klagt Messie aus verwahrlos­ter Wohnung in Schlier – Es bleiben Verwüstung und hohe Kosten

- Von Philipp Richter www.schwäbisch­e.de/ messieschl­ier

SCHLIER - Matthias Geiger traut seinen Augen nicht, als er nach eineinhalb Jahren zum ersten Mal wieder seine vermietete Wohnung in einem Schlierer Mehrfamili­enhaus betrat. Jetzt war ihm klar: Sein Mieter ist ein Messie. Die Paneelen von der Badezimmer­decke seien herunterge­rissen gewesen und die elektrisch­e Lampe hängte herab. Der Schimmel hatte sich überall eingeniste­t, Müllsäcke waren im Wohnzimmer und in der Küche verteilt.

„Mich hat der Schlag getroffen: Ich hab eine Verwahrlos­ung vorgefunde­n, die man eigentlich nur im Fernsehen sieht. Für mich war klar: Der muss sofort raus, bevor noch größerer Schaden entsteht“, berichtet Matthias Geiger, der in dem

Haus mehrere Wohnungen vermietet. Er übergebe seine Wohnungen immer frisch renoviert und in Kürze war sie in einem desolaten Zustand.

Geiger berichtet, dass es Zufall war, dass er überhaupt davon mitbekomme­n hatte, was in seiner Wohnung vor sich ging. Bei einem Blick vom Erdgeschos­s nach oben hat er ins Badezimmer geschaut, hat wegen herunterhä­ngender Lampe und Decke Gefahr wegen der Elektrik befürchtet. Der Mieter sei nicht zu Hause und nicht zu erreichen gewesen, weswegen er in die Wohnung ging und einen Schock erlebte.

Überall Schimmel

Vermieter Matthias Geiger Mittlerwei­le hat er den Mieter herausgekl­agt und die Wohnung wurde geräumt. Als er die „Schwäbisch­e Zeitung“zum Besuch einlud, präsentier­te sich ein ekelerrege­ndes Bild: beißender Gestank nach Schimmel und Müll, Müll auf dem Boden verteilt, die Küche vollgestel­lt mit leeren Dosen und Essensrest­en, ein verkrustet­er Herd, eine Pfanne mit stinkendem Wasser und grünblauem Schimmelte­ppich, das Wohnzimmer­fenster mit einem mit Klebeband befestigte­n Handtuch abgehängt, dahinter schwarzer Schimmel auf dem Fenster, eine Isomatte mit einem schwarzen, speckigen Kissen mitten im Raum, Tüten und Verpackung­en, gebrauchte Unterhosen in der Wohnung verteilt, eine verkrustet­e Toilette und Wasserflec­ken im Bad.

Es habe vor eineinhalb Jahren noch schlimmer ausgesehen als heute, erklärt Matthias Geiger. Die darunterli­egende Wohnung habe mittlerwei­le sogar Wasserschä­den, weil Wasser von oben nach unten gelaufen ist. „Der muss hier die Wohnung geflutet haben. Vielleicht hat er so seine Wäsche gewaschen, weil er keine Waschmasch­ine hatte. Mir ist es unbegreifl­ich, wie jemand so leben kann“, sagt Geiger. Rund weitere eineinhalb Jahre hat es gedauert, bis Geiger seinen Mieter aus der Wohnung bekommen hat.

Er habe ihn zuerst gemahnt, ihm die Möglichkei­t gegeben, alles in Ordnung zu bringen, was auch geschah, aber nicht lange anhielt. Kurze Zeit später sei es wieder genau gleich gewesen. Dann habe er ihm gekündigt, weil er plötzlich seine Mietraten nicht mehr ordentlich gezahlt habe. Obwohl er ihm Zeit gelassen habe, seine Wohnung zu verlassen, sei er nicht gegangen, sodass er den Rechtsanwa­lt hinzuziehe­n musste. Jetzt ist die Wohnung geräumt und das Chaos lässt erahnen, was für Geiger ansteht: eine Komplettre­novierung. Vieles ist schlichtwe­g nicht mehr zu verwenden und muss ersetzt werden. Er schätzt, dass er 3000 Euro in die Wohnung stecken muss. „Und ich habe Glück, weil ich Handwerker bin und vieles selber machen kann. Viele können das nicht“, sagt er.

Als er den Mietvertra­g geschlosse­n hatte, wusste er nicht und habe er auch nicht ahnen können, wen er sich in die Wohnung geholt hatte, sagt Geiger heute. Er sei ganz normal gewesen, habe Arbeit gehabt und anfangs auch regelmäßig seine Mieten gezahlt. Erst später sei es dann schwierig geworden.

Matthias Geiger findet es schade, solche Erfahrunge­n gemacht zu haben. „Es wird jetzt alles immer strenger werden, aber man kann einfach nicht in die Menschen hinein sehen“, sagt er.

„Mich hat der Schlag getroffen.“

Wie es in der Wohnung aussah, sehen Sie in einem Video unter

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Die Wohnung von Matthias Geiger wurde von einem Messie bewohnt. Auf diesem Foto ist das Wohnzimmer in aufgeräumt­em Zustand. Ein Bett gab es nicht. Der Mieter schlief auf einer Isomatte inmitten von Müll.

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