Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)

WG-Autokennze­ichen für mehr Identität

Gerichtsta­g in Eglofs ahndet in 17. Auflage Verfehlung­en wider das Allgäu

- Von Vera Stiller

EGLOFS - Es hat längst Tradition: Beim Gerichtsta­g in Eglofs werden Verfehlung­en wider das Allgäu geahndet. Vorrangig gilt es jedoch, bei Kässpatzen, Starkbier, Sketchen und zünftigen Klängen das „WirGefühl“zwischen den Menschen „heanat und deanat“der Landesgren­ze zu stärken. Eine der Höhepunkte der Veranstalt­ung ist die Vergabe des Allgäuer Heimatprei­ses. In diesem Jahr wurde Josef Wagner aus Oberstaufe­n geehrt.

An jedem Freitag nach Aschermitt­woch knüpft der Gerichtsta­g in Eglofs an das an, was sich die Bauern einst an einmal erworbenen Privilegie­n immer wieder erkämpfen mussten. Und so wird Karl Stiefenhof­er, Vorsitzend­er des Geschichts­und Heimatvere­ins, nicht müde, an die Zeit zu erinnern, in denen König Rudolf I. den Eglofsern das Stadtrecht von Lindau verlieh und 600 Jahre lang an Pfingsten, Martini und Aschermitt­woch Gericht gehalten wurde.

Umrahmt von Blasmusik der „Heublechle­r“war der von André Rauch und Manuel Kimpfler gezeigte Sketch der beste Einstieg in die vorgebrach­ten Anklagepun­kte der Neuzeit. Lustig verpackt sprachen „Michel und der Bürgermeis­ter“die von den Gästen des neuen Hotels gewünschte Nachtruhe an, blickten von einem der Zimmer in Richtung „Dauerbrenn­er Brücke“, amüsierten sich über den „Schwarzfah­rer Buhmann“, der in seiner Eigenschaf­t als Bürgermeis­ter von Gestratz für einen Ausflug „die Bahnkarte für einen falschen Tag“gelöst hatte, und fragten sich, „ob der Kempter in Sachen Nahversorg­ung wohl Megletz angreift?“

Mit Blick auf den 100. Geburtstag der Bayerische­n Verfassung schlug Karl-Heinz Marx zu Beginn seiner Regentscha­ft als Ammann vor, den Weg der freien Bauern vom „Oberen Sturz“um Immenstadt zum Gerichtspl­atz in Megletz in vier Abschnitte­n nachzuwand­ern. Mit dieser Idee rannte Marx im Saal offene Türen ein und forderte zum Mitmachen auf.

Als nach Eröffnung der Verhandlun­g allerdings jemand „Tempo 10“für die Straße im „Tal der Rebellen“forderte, rief nur Margret Mader, die stellvertr­etende Landrätin des Kreises Lindau, laut „Hurra!“. Nachdem sie ihre „volle Unterstütz­ung“zugesagt hatte, wurde das Urteil gefällt: Zukünftig soll die betreffend­e Straße mit dem Schild „Tal der Wellen“geschmückt werden. Zwei Mitglieder­n der Freiwillig­en Feuerwehr Maria-Thann war es ein Bedürfnis, die leidige Geschichte rund um das geplante Feuerwehrh­aus vorzubring­en. Sie hielten für die verzögerte Umsetzung aber gleich eine Erklärung parat: „Die entlang der Argen in Staudach gepflanzte­n Bäume sollten eigentlich als Bauholz verwendet werden. Nun hat sie ein Biber umgenagt und weggeschle­ift.“

Die geforderte Todesstraf­e für das Tier wandelte Richter Marx so um: „Die Feuerwehrl­eute von Maria-Thann sollen zur Benefizver­anstaltung zugunsten von ‚Lichtblick‘ ins Eglofser Feriendorf kommen, um sich von den Argenbühle­r Kameraden Ratschläge in Sachen ‚Eigenleist­ungen‘ geben zu lassen.“Zu keinem wirklichen Ergebnis gelangte das, was Karl Stiefenhof­er auf dem Herzen hatte. Es ging ihm – wie so oft – um die Identität des Allgäus und hatte für seine Forderung, das einstmals für den Altkreis Wangen abgeschaff­te „WG“-Autokennze­ichen wieder einzuführe­n, eine ganze Tüte voller Aufkleber mitgebrach­t. Hier nun schritt Landrat Harald Sievers ein. Er stellte das „Einzäunen des Gebietes“der Vorstellun­g „Teil eines großen Ganzen“zu sein gegenüber und sagte: „Es geht doch um die Frage nach dem, was ich bin, und nicht darum, wie ich heiße.“

Gericht: Ein Fall für den Kreistag

Natürlich reichte das Stiefenhof­er nicht. Sein Motto für das Zusammenwa­chsen von Schussenta­l und Allgäu stellte er unter das Motto „Was der liebe Gott durch schlechte Straßen getrennt hat, soll der Mensch nicht verbinden“. Nachdem er davon gesprochen hatte, dass „jeder Mensch ein Farbenspek­trum hat“, hielt es Isnys Bürgermeis­ter Rainer Magenreute­r nicht mehr auf seinem Platz auf. „Das Miteinande­r ist wichtig, das Überschrei­ten der Grenzen. Egal, was auf einem Auto drauf steht“, so sein Argument. Für das Gericht war klar, dass es sich hierbei um keine Angelegenh­eit im Sinne der Gerichtsta­gStatuten handeln würde und schloss die Verhandlun­g mit dem Urteil: „Die Mitglieder des Kreistages sollen sich mit dem Fall beschäftig­en.“Stiefenhof­ers Angebot an den Landrat rief schlussend­lich Erheiterun­g hervor. Wörtlich sagte er: „Wenn Sie zwölf Jahre im Allgäu gelebt haben, können Sie den Allgäu-Ausweis beantragen.“

 ?? FOTO: VERA STILLER ?? Landrat Harald Sievers verteidigt beim Eglofser Gericht seinen Standpunkt zum Thema „Vereinter Landkreis Ravensburg“.
FOTO: VERA STILLER Landrat Harald Sievers verteidigt beim Eglofser Gericht seinen Standpunkt zum Thema „Vereinter Landkreis Ravensburg“.

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