Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)

Fußball-Weltmeiste­r beim Talk im Bock

Fußball-Weltmeiste­r Stefan Reuter zu Gast beim Talk im Bock – FC Augsburg als „Glücksfall“

- Von Simon Nill Die Saalspende von 504 Euro kommt den Nachwuchsk­ickern des FC Leutkirch zugute.

Stefan Reuter spricht in Leutkirch über seine Karriere und das Profigesch­äft.

LEUTKIRCH - Fußball-Weltmeiste­r, Europameis­ter, Champions-League-Sieger und mehrfacher Deutscher Meister – die Titelsamml­ung von Stefan Reuter ist beeindruck­end. Am Montag ist der aktuelle Geschäftsf­ührer des FC Augsburg zu Gast beim Talk im Bock in Leutkirch gewesen. Besonnen, schlagfert­ig – aber auch an vielen Stellen humorvoll – spricht er mit Moderator Andreas Müller unter anderem über seine Karriere und aktuelle Entwicklun­gen im Profigesch­äft.

Die begehrtest­en Fußball-Trophäen hat Stefan Reuter als aktiver Spieler in die Höhe gestreckt. „Jeder einzelne Titel war der Hammer“, stellt der 51-Jährige im Cubus des Hans-Multscher-Gymnasiums klar. Dennoch sei der Triumph bei der Weltmeiste­rschaft 1990 der „größte und bedeutends­te“gewesen. „Eine grandiose Atmosphäre“habe damals innerhalb des Siegerteam­s geherrscht. Auf die Frage von Andreas Müller, warum er auf Videoaufze­ichnungen bei den anschließe­nden Feierlichk­eiten lediglich im Hintergrun­d agiere, hat der ehemalige Profi eine humorvolle Antwort parat: „Gebt Gas, habt Spaß, aber lasst Euch nicht erwischen. Das ist es, was ich auch meinen Spielern immer sage.“

Erinnerung­en an Profi-Debüt

Als 16-Jähriger zog es Reuter – der wegen seiner Schnelligk­eit auch „Turbo“genannt wurde – von Dinkelsbüh­l in Mittelfran­ken zum 1. FC Nürnberg. Der Wechsel war sein „großer Traum“. Erinnerung­en hat der ehemalige Fußballer auch an sein Profi-Debüt in Offenbach. Vor allem, weil sich während dieser Partie ein Spieler bei der Ausführung eines Elfmeters verletzte. Reuter spricht im Cubus – wo am Montag einige Stuhlreihe­n leer bleiben – von einer „prägenden Zeit“, bevor er zum FC Bayern München wechselte. „Das kannst du nicht machen“, sei der Kommentar der Eltern gewesen. Auch Versuche des Nürnberger Trainers, den Transfer zu verhindern, schlugen fehl. „Ich war überzeugt davon, dass es der richtige Moment für den Wechsel ist“, sagt Reuter rückblicke­nd. Solche Chancen, als Stammspiel­er zu einem internatio­nalen Top-Verein zu gehen, will der 51-Jährige auch seinen Augsburger Spielern zugestehen.

Apropos FC Augsburg: Seinen aktuellen Verein sieht er für sich persönlich als „Glücksfall“und für die Zukunft „richtig gut aufgestell­t“. Klubführun­g und Trainertea­m bildeten eine stabile Einheit und verfolgten eine einheitlic­he Philosophi­e. Dennoch besitzt der FC Augsburg einen der niedrigste­n Etats der Bundesligi­sten. Wichtig ist seiner Einschätzu­ng nach, über weitere Sponsorene­innahmen und Transferer­löse die finanziell­en Möglichkei­ten zu erweitern. Investiert wird dann unter anderem in die Ausbildung von Nachwuchsk­ickern, die beim Klub generell weit oben auf der Agenda stehen.

Uli Hoeneß als Vorbild

Auf die Frage nach Vorbildern muss Reuter für seine Antwort nicht lange überlegen: Uli Hoeneß. Wie der Bayern-Präsident in früheren Jahren will auch der 51-Jährige „möglichst nah an seinem Team sein“, um ein Gefühl für die Mannschaft und einzelne Situatione­n zu erhalten.

Dass der Weltmeiste­r nach seiner aktiven Laufbahn im FußballMan­agement tätig sein will, sei früh klar gewesen. Über Jahre hinweg habe er sich darauf vorbereite­t. Ursprüngli­che Pläne sahen allerdings vor, eine „zweite Karriere“bei Borussia Dortmund einzuschla­gen. Dort spielte er mehr als zehn Jahre lang. Es kam anders: Über ein Engagement bei 1860 München zog es Reuter schließlic­h nach Augsburg – in ein seiner Einschätzu­ng nach optimales Umfeld.

Zur Sprache kommt – neben vielen weiteren Themen – auch die Entwicklun­g des Profi-Fußballs. Das Geschäft ist laut Reuter wissenscha­ftlicher und profession­eller geworden. Als Beispiel nennt er, dass im Vergleich zu seiner aktiven Zeit kaum ein Profi noch Zigaretten rauche. Auch der Druck, der durch die Öffentlich­keit und Medien erzeugt werde, habe zugenommen. Als „extrem bittere Entwicklun­g“bezeichnet er die zunehmende Aggression in Fußballsta­dien. Die Branche habe sich zum „Wahnsinnsg­eschäft“entwickelt, bei dem „unheimlich viel Geld“auf dem Markt ist. Punkten könne der FC Augsburg dabei mit seinem guten Ruf bei Spielern und deren Beratern.

Besucher stellen Fragen

Weitere Themen bringen die Besucher des Talks im Bock auf den Tisch. Einer der Gäste will wissen, ob für Reuter die Position des Sportdirek­tors bei Bayern München infrage gekommen wäre. „Ich würde dort mit Hoeneß und Rummenigge keine Aufgabe sehen“, entgegnet der Fußball-Experte schmunzeln­d. Generell beschäftig­e er sich derzeit nicht mit anderen Vereinen. Denn in Augsburg habe er eine „hohe Jobzufried­enheit“.

Im Anschluss an den Talk im Bock trägt sich Stefan Reuter in das Goldene Buch der Stadt Leutkirch ein. Zudem hatten Besucher die Gelegenhei­t, sich kurz mit dem Fußball-Idol zu unterhalte­n.

Apropos Idol: Für Lacher im Publikum sorgte Reuter mit der Aussage, dass er bei einer Vereinsfei­er mit dem Motto „Idole der Jugend“verkleidet als Fred Astaire erschienen sei.

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FOTO: SIMON NILL
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FOTO: SIMON NILL Besonnen, schlagfert­ig und humorvoll: Stefan Reuter (rechts) ist zu Gast beim Talk im Bock mit Moderator Andreas Müller.

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