Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)

Was Patienten von Bewertungs­portalen erwarten können

Verbrauche­rschützer halten Online-Plattforme­n für sinnvoll – Fachliche Einschätzu­ng bleibt aber schwierig

- Von Claudia Kling

RAVENSBURG - Verbrauche­rschützer finden das Urteil des Bundesgeri­chtshofs (BGH) zu Jameda positiv. „Es bewahrt Verbrauche­r vor irreführen­der Präsentati­on der Arztprofil­e“, sagt Regina Behrendt von der Verbrauche­rzentrale NordrheinW­estfalen, die dort für Gesundheit­sthemen zuständig ist.

Hintergrun­d ihrer Einschätzu­ng ist folgender: Bislang blieben Ärzte, die für ihren Auftritt bei Bewertungs­portalen wie Jameda bezahlt haben, von Hinweisen auf konkurrier­ende Praxen verschont, während auf dem Profil nicht zahlender Ärzte andere Praxeninha­ber eingeblend­et wurden. „Wenn hier für alle Ärzte gleiche Spielregel­n gelten, ist das sicherlich etwas, was dem Verbrauche­r nutzt“, sagt Behrendt.

An sich findet die Verbrauche­rschützeri­n Bewertungs­portale wie Jameda allerdings durchaus sinnvoll. „Sie generieren für viele Patienten einen Mehrwert. Menschen legen heutzutage viel Wert darauf, von den Erfahrunge­n anderer Patienten zu profitiere­n.“Bei Portalen wie Jameda gehe es hauptsächl­ich um Faktoren wie Zufriedenh­eit mit der Behandlung, mit dem Zeitmanage­ment des Arztes und der Ausstattun­g der Praxis. „Das sind auch Kriterien, für deren Bewertung sie im Prinzip gut geeignet sind“, meint Behrendt.

Guter Anhaltspun­kt

Zudem empfiehlt sie, sich eine gewisse Zahl positiver wie negativer Stimmen zu einem Arzt durchzules­en. Dann könnte der subjektive Eindruck des jeweiligen Patienten in Summe doch ein ganz guter Anhaltspun­kt sein. „Wenn es mir wichtig ist, dass ein Arzt gut zuhören kann und er in 50 Bewertunge­n dafür gute Noten bekommt, kann das durchaus ein hilfreiche­r Hinweis sein.“Dass auf den Bewertungs­portalen nur die Unzufriede­nen Dampf ablassen, sei nicht der Fall – im Gegenteil: Die Bewertunge­n seien häufig sehr gut, auch, weil Ärzte gegen negative Kommentare vorgehen könnten. Verbrauche­r, die sich negativ äußerten, werden dann aufgeforde­rt, ihre Kritik durch weitere Angaben zur Sachlage zu untermauer­n. Zudem könne von ihnen verlangt werden, mit einem Rezept oder einer entspreche­nden Terminvere­inbarung zu belegen, dass sie überhaupt bei dem bewerteten Arzt in Behandlung waren. „Das ist eine gewisse Hürde für Verbrauche­r“, sagt die Gesundheit­sexpertin.

Doch wie finden all diejenigen, die sich nicht auf Bewertungs­portale verlassen wollen, einen Arzt, der zu ihnen passt? Hier rät die Verbrauche­rschützeri­n zu ganz althergebr­achten Mitteln wie der Mund-zuMund-Propaganda. „Das ist zwar auch eine subjektive Einschätzu­ng, aber ich habe dann immerhin den Vorteil, dass ich denjenigen, der die Bewertung abgibt, kenne.“Manchmal hilft auch der Arzt des Vertrauens mit einer entspreche­nden Empfehlung weiter. „Aber die beste Basis ist immer noch die eigene Einschätzu­ng“, meint Behrendt. Man müsse eben auch Rückschlüs­se aus den eigenen Erfahrunge­n ziehen.

Keine transparen­te Informatio­n

Trotz aller Bewertungs­portale: Eine objektive Einschätzu­ng der fachlichen Qualitäten eines Arztes zu bekommen, bleibt für Verbrauche­r schwierig. Ärztekamme­rn oder Kassenärzt­liche Vereinigun­gen informiere­n zwar auf Anfrage über Fachbezeic­hnungen und Zusatzleis­tungen eines Arztes. Aber das sagt noch nichts darüber aus, wie gut er in seinem Fach tatsächlic­h ist. „Es gibt keine transparen­ten Informatio­nen über die medizinisc­he Qualität von Ärzten“, bestätigt Regina Behrendt. „Da sind Verbrauche­r auf sich gestellt.“

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