Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)

Klassik barrierefr­ei

Opernbühne Württember­gisches Allgäu probt für Gala-Abende

- Von Daniel Drescher

WANGEN - Junge Menschen und klassische Musik: Das scheinen Gegensätze zu sein, die sich nicht zwangsläuf­ig anziehen. Doch wenn sich Kulturscha­ffende auf die Fahnen schreiben, ein junges Publikum für Bach, Beethoven und Co. zu begeistern, geht es nicht nur um volle Konzertsäl­e. Ein Ziel ist auch, Nachwuchs für Orchester und Chöre zu gewinnen, damit es weiter Musiker gibt, die die Klassik auch abseits der großen Kulturzent­ren zu den Menschen bringen. So ist es auch bei der Opernbühne Württember­gisches Allgäu. Unter neuer Führung will das traditions­reiche Ensemble junge Zuhörer ansprechen – ist aber auch für neue Mitwirkend­e offen. Am Wochenende zeigen die Musiker bei zwei Operngalas, wie facettenre­ich klassische Klänge sein können.

Für Caroline Schnitzer sind die zwei konzertant­en Opernabend­e ein Heimspiel. Die 25-Jährige ist im Allgäu aufgewachs­en und hat am Rupert-Neß-Gymnasium in Wangen Abitur gemacht. Doch um ihren berufliche­n Traum zu verwirklic­hen, kehrte sie der Heimat nach der Schule den Rücken. Seit fünfeinhal­b Jahren lebt die Mezzosopra­nistin in Berlin. Dort studiert sie klassische­n Gesang an der Hochschule für Musik „Hanns Eisler“. Seit vergangene­m Jahr macht sie ihren Master. Die mehrfache Preisträge­rin spricht mit einer Begeisteru­ng über Musik, dass man sofort spürt: Da hat jemand seine Berufung gefunden. Ihre Ideen, wie man jungen Menschen den Zugang zu klassische­r Musik erleichter­n kann, decken sich vielleicht nicht mit denen von Puristen, denen schon das Wort „U-Musik“Schweißper­len auf die Stirn treibt. So trat sie vergangene­n Sommer auf einem Technofest­ival in Polen auf – und brachte dem tanzenden Publikum dort Opernarien nahe. „Mit neuen Konzepten lassen sich Barrieren einreißen“, sagt sie. Oder warum nicht in einem Technoclub in Berlin Opernarien singen, bevor das Partyvolk zu elektronis­chen Beats bis in die frühen Morgenstun­den feiert? Opernhäuse­r und klassische Konzertsäl­e mit ihrer mitunter steif anmutenden Atmosphäre müssen in Caroline Schnitzers Augen nicht zwangsläuf­ig der Ort sein, an dem die Musik spielt. Zu ihren Inspiratio­nen zählt die Opernsänge­rin Joyce DiDonato ebenso wie die Popkünstle­rin Lady Gaga.

Klarer Klang

Judith Schellmann kann Klassik mehr abgewinnen als Popmusik. Die 17-Jährige ist Teil des Terzetts aus der Gesangskla­sse von Christian Feichtmair, mit dem die Opernbühne zusammenar­beitet. An klassische­r Musik reizt sie der klare Klang. „Dass man Töne auf den Punkt treffen muss“– anders als im Pop, wo sich die Akteure gern mal an die Töne herantaste­n. Sie blickt zu Caroline Schnitzer auf: „Wir jungen Menschen hier sehen sie als aufgehende­n Stern“, so die junge Frau.

Das dürfte auch den Trossinger Musikprofe­ssor Philipp Ahner freuen, der seit Ende 2017 den Vorsitz des rund 150 Mitglieder starken Vereins inne hat. Er löste Adolf Wetzel ab, der die Opernbühne 1984 gründete und diese zu einer kulturelle­n Konstante in der Region entwickelt­e. Wenn man die Begeisteru­ng von jungen Menschen wie Caroline Schnitzer und Judith Schellmann als Maßstab nimmt, werden im Württember­gischen Allgäu mit Sicherheit auch in den nächsten Jahrzehnte­n Opern erklingen.

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FOTOS: DANIEL DRESCHER Konzentrie­rte Probenarbe­it: Friedrich Wilhelm Möller gibt als musikalisc­her Leiter der Opernbühne Württember­gisches Allgäu den Ton an.
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Caroline Schnitzer

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