Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)

Attraktiv für Arbeitgebe­r und Beschäftig­te

Werkstuden­ten sind flexible und motivierte Arbeiter mit geringen Lohnnebenk­osten

- Von Gerhard Bläske

RAVENSBURG - Werkstuden­ten einzustell­en, kann für Arbeitgebe­r gleich in mehrfacher Hinsicht interessan­t sein. Die jungen Leute sind flexibel einsetzbar und in der Regel hoch motiviert. Für sie ist es schließlic­h eine gute Möglichkei­t, Erfahrunge­n im Berufslebe­n zu sammeln und Kontakte zu knüpfen. Das kann sich auch für Arbeitgebe­r lohnen.

In vielen Fällen rekrutiere­n Betriebe aus Werkstuden­ten sogar künftige Arbeitskrä­fte – ein Argument, das gerade in Zeiten des Fachkräfte­mangels von nicht zu unterschät­zender Bedeutung ist. Auch aus einem anderen Grund ist ein solches Arbeitsver­hältnis für Arbeitgebe­r attraktiv. Dank des Werkstuden­tenprivile­gs sind diese Mitarbeite­r von der Sozialvers­icherungsp­flicht befreit.

Für Werkstuden­ten sind weder Beiträge zur Krankenver­sicherung, noch zur Pflege- und Arbeitslos­enversiche­rung zu entrichten. Zur Rentenvers­icherung zahlen Arbeitgebe­r und Arbeitnehm­er jeweils 9,35 Prozent des Arbeitsent­gelts. Dazu kommen für den Arbeitgebe­r Beiträge zur gesetzlich­en Unfallvers­icherung und Umlagen nach dem Arbeitgebe­rausgleich­sgesetz (AAG) sowie eine Insolvenzg­eldumlage.

Arbeitszei­t beachten

Besondere Regeln für diese Arbeitsver­hältnisse gelten insbesonde­re im Hinblick auf die Arbeitszei­t. Sie darf während der Semesterze­it 20 Stunden pro Woche nicht überschrei­ten. Dazu sind alle Beschäftig­ungsverhäl­tnisse zusammenzu­zählen. Für begrenzte Zeiten, etwa während einer Messe, am Abend oder an Wochenende­n, darf mehr gearbeitet werden. Ausnahmen gelten auch während der vorlesungs­freien Zeit, also während der Semesterfe­rien. Zu diesen Zeiten dürfen die Werkstuden­ten auch mehr als 20 Stunden wöchentlic­h arbeiten. Allerdings ist Vorsicht geboten: Im Laufe eines Jahres darf an maximal 26 Wochen mehr als 20 Stunden pro Woche gearbeitet werden. Sonst geht das Werkstuden­tenprivile­g verloren und der betroffene Arbeitnehm­er wird versicheru­ngspflicht­ig.

Besonderhe­iten beim Einkommen

Eine Einkommens­grenze gibt es nicht. Generell gilt auch für Werkstuden­ten der gesetzlich­e Mindestloh­n. Studenten, und damit letztlich auch die Arbeitgebe­r, sollten beachten, dass bei einem Verdienst von 800 Euro monatlich die Möglichkei­t der Familienve­rsicherung, also der Mitversich­erung bei den Eltern, entfällt. Der Student muss sich dann selbst über die studentisc­he Krankenver­sicherung absichern. Das schlägt monatlich mit einem Beitrag von etwa 75 Euro zu Buche. Dazu kommen 18 Euro für die Pflegevers­icherung. Zu beachten ist aus studentisc­her Sicht außerdem, dass sich bei Überschrei­ten bestimmter Hinzuverdi­enstgrenze­n BAföG-Leistungen verringern könnten. Hierbei kommt es aber auf den Einzelfall an.

Auch für Werkstuden­ten gelten generell die gesetzlich­en Kündigungs­fristen, es sei denn, das wird zugunsten des Arbeitnehm­ers vertraglic­h anders geregelt. Zu beachten ist, dass sich bei Nichtbefri­stung der Vertragsla­ufzeit das Beschäftig­ungsverhäl­tnis nach Beendigung des Studiums fortsetzt.

In diesem Fall handelt es sich dann aber nicht mehr um ein Werkstuden­tenverhält­nis. Denn für das Werkstuden­tenprivile­g gelten strenge Regeln. Die Versicheru­ngsfreihei­t endet in dem Monat, in dem das Abschlussz­eugnis verliehen worden ist. Ob der Betroffene noch als Student an der Universitä­t immatrikul­iert ist, spielt keine Rolle. Beachtet werden sollte darüber hinaus, dass das Werkstuden­tenprivile­g auch für einige andere Gruppen nicht in Anspruch genommen werden kann. Ausgeschlo­ssen sind etwa Promotions­studenten, Studenten im Urlaubssem­ester, Studierend­e an dualen Hochschule­n, Langzeitst­udenten vom 25. Semester an sowie Fern- und Teilzeitst­udierende und junge Menschen, die sich zwischen dem Bachelor- und dem Masterstud­ium befinden.

Wie Teilzeitbe­schäftigte

In anderer Hinsicht sind Werkstuden­ten wie normale Teilzeitbe­schäftigte zu behandeln. Konkret heißt das: Auch für sie gelten die Lohnfortza­hlung im Krankheits­fall oder Urlaubsans­prüche – in gleicher Weise wie für „normale Arbeitnehm­er“. „Es empfiehlt sich daher hierüber Regelungen im Werkstuden­tenvertrag zu treffen“, rät Christian Götze, EcovisSteu­erberater in Ulm.

Arbeitgebe­r sollten peinlich genau darauf achten, dass alle Unterlagen und Nachweise rechtzeiti­g und jederzeit vorliegen. „Die Arbeitgebe­r müssen jedes Semester Studienbes­cheinigung­en vorlegen. Wenn die Unterlagen nicht bis zu einem bestimmten Zeitpunkt vorliegen, wird der Mitarbeite­r voll sozialvers­icherungsp­flichtig. Und das kann teuer werden. Da sind schnell 1000 Euro und mehr fällig“, sagt Götze.

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FOTO: DPA Einblick in die Praxis: Die Arbeit als Werkstuden­t kann eine gute Ergänzung zur Theorie aus Vorlesung und Seminar sein – und ist auch für den Arbeitgebe­r attraktiv.

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