Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)

Mordprozes­s Freiburg: Rechtsmedi­ziner schildert Brutalität

Weiter Unklarheit­en um Alter des Flüchtling­s

- Von Jürgen Ruf

FREIBURG (dpa) - Im Prozess um den Sexualmord an einer 19 Jahre alten Studentin in Freiburg hat der vom Gericht beauftragt­e Rechtsmedi­ziner dem Angeklagte­n ein gezieltes und brutales Vorgehen attestiert. Die junge Frau sei am Uferweg des Flusses Dreisam angegriffe­n, bis zur Bewusstlos­igkeit gewürgt und dann vergewalti­gt worden, sagte der Sachverstä­ndige Stefan Pollak am Dienstag vor dem Freiburger Landgerich­t. Sie sei bewusstlos in das Wasser des Flusses gelegt worden, wo sie ertrank. Es sei durch Atembewegu­ngen auch für Laien gut erkennbar gewesen, dass die bewusstlos­e Frau noch lebte. Sie hätte überlebt, wenn ihr Kopf aus dem Wasser gezogen worden wäre.

Angeklagte­r: Tat im Affekt

Angeklagt in dem Prozess ist der Flüchtling Hussein K., ihm werden Mord und besonders schwere Vergewalti­gung vorgeworfe­n. Er hat zugegeben, im Oktober 2016 nachts in Freiburg die Studentin bis zur Bewusstlos­igkeit gewürgt und vergewalti­gt zu haben. Es habe sich jedoch um eine Tat im Affekt gehandelt. Zudem habe er nach seinem Angriff geglaubt, die Frau sei bereits tot.

Dem widersprac­h am Dienstag der Rechtsmedi­ziner. Das Würgen habe zwar nach einer oder wenigen Minuten zur Bewusstlos­igkeit geführt, tödlich sei es aber nicht gewesen. Die Frau habe weiter geatmet, sie sei während der Vergewalti­gung bewusstlos gewesen. Sie habe keine Chance gehabt, sich zu wehren. Der Tod durch Ertrinken habe vermutlich mehr als eine Stunde gedauert, sagte die Vorsitzend­e Richterin Kathrin Schenk. Eine Handy-Auswertung der Polizei ergab, dass Hussein K. die ganze Zeit am Tatort war. Ein Polizeibea­mter sagte als Zeuge aus, die Handy-Auswertung des Angeklagte­n zeige, dass der Mann vermutlich aus Iran stamme und mindestens 22 Jahre alt sei. Eingereist nach Deutschlan­d war er im November 2015 als Flüchtling ohne Papiere.

Es geht in dem Prozess auch um die Frage, wie alt der vor der Jugendkamm­er stehende Mann ist. Das hat Auswirkung­en auf die Höhe der Strafe. Er selbst hatte gesagt, aus Afghanista­n zu kommen und 16 oder 17 Jahre alt zu sein. Zum Prozessauf­takt gab er zu, gelogen zu haben. Das absolute Mindestalt­er schätzte nun ein Sachverstä­ndiger laut Staatsanwa­ltschaft auf derzeit siebzehnei­nhalb Jahre. Sein wahrschein­liches Alter liege demnach bei etwa 20 Jahren.

Vor ähnlichen Fragen steht aktuell das Gericht in Landau in der Pfalz beim Prozess um den mutmaßlich­en Mörder der 15-jährigen Mia aus Kandel, die in einer Drogerie erstochen wurde. Anfangs hieß es, der Flüchtling aus Afghanista­n sei 15 Jahre alt. Nach einem Gutachten wird sein wirkliches Alter nun auch auf etwa 20 Jahre geschätzt.

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