Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)
Nachhaltig mobil: Aber wie?
Gemeinderäte sind mit ausgearbeitetem Mobilitätskonzept unzufrieden – Konkretere Vorschläge gefordert
LEUTKIRCH - Nachhaltige Mobilität ist ein wichtiges Thema für die Zukunft der Stadt Leutkirch, da sind sich Stadtverwaltung und Gemeinderat einig. Die Umsetzung allerdings sorgte bei der Gemeinderatssitzung am Montagabend für Diskussionsstoff.
Im Rahmen des LEADER-Projektes „Nachhaltig mobil im ländlichen Raum“hat die Stadtverwaltung zusammen mit der Agentur BAUM Consult sowie Bürgern und Experten ein Mobilitätskonzept erstellt. Ludwig Karg von BAUM stellte den Entwurf am Montag den Gemeinderäten vor. Im Projektzeitraum von einem Jahr wurden verschiedene Handlungsmöglichkeiten für Leutkirch entwickelt. In dem 75-seitigen Konzept wird zum Beispiel die Einrichtung einer Mitfahrplattform im Internet oder die Bereitstellung von Büroräumen vorgeschlagen. „Diese Co-Working-Spaces bieten den Menschen die Möglichkeit dort zu arbeiten, wo sie wohnen“, erklärte Karg. So könnten Pendler künftig auf ihr Auto verzichten. Auch das Thema EMobilität, sowohl für Autos, als auch für Fahrräder, ist Teil der Erhebung.
Kritik an Mobilitätskonzept
Trotzdem konnte Karg nicht alle Gemeinderatsmitglieder von der Ausarbeitung überzeugen. „Mit diesem Werk ist die Verwaltung zu kurz gesprungen. Das ist ein netter Strauß an Vorschlägen, aber mir fehlen dabei einfach konkrete Empfehlungen“, sagte Gottfried Härle (Bürgerforum). Er befürchte, dass das Papier in der Schublade lande und nichts oder nur wenig damit passiere.
„Ich sehe dringenden Handlungsbedarf im Fahrrad-Bereich. Wir müssen eine Infrastruktur schaffen, dass mehr Leute Fahrrad statt Auto fahren“, forderte Härle. Eine Idee sei dabei, dass die Verwaltung ihren Mitarbeitern E-Bikes zur Verfügung stellen könnte, um so mit gutem Beispiel voranzugehen. Außerdem bestand er erneut darauf, dass sich die Stadt für Car-Sharing-Projekte einsetzt. Vor allem im Bereich E-Mobilität erhoffe er sich aber Veränderung in Leutkirch. „Wir können nicht sagen, wir machen nichts, weil wir nicht genau wissen, wie es mit E-Mobilität weiter geht. Die Stadt muss dieses Thema dringend anpacken“, so Härle. Neben mehr Ladesäulen für EFahrräder und E-Autos halte er auch kostenlose Parkplätze für E-Autos in Leutkirch für sinnvoll.
„Mit kostenlosen Parkplätzen würden wir zu einer Umverteilung beitragen, die nicht von uns gewünscht ist“, entgegnete Oberbürgermeister Hans-Jörg Henle. „Wollen wir einem wohlhabenden TeslaFahrer Strom schenken?“, fragte er die Gemeinderatsmitglieder. Das sei vor allem unfair für alle, die finanziell benachteiligt seien. „Die alleinerziehende Mutter, die sich erst gar kein E-Auto leisten kann, zahlt dann den Parkplatz für den Firmenchef mit“, sagte Henle.
Vom Radfahren überzeugen
Wichtig sei außerdem, schon bei Kindern und Jugendlichen anzusetzen, in diesem Punkt waren sich viele Räte einig. „Ich beobachte, dass immer mehr Kinder mit dem Auto zur Schule gebracht werden. Früher sind fast alle Schüler geradelt“sagte Joachim Krimmer (CDU). Dies hat auch Bernd Schosser (Unabhängige), Gemeinderat und Schulleiter der Grund- und Werkrealschule in Wuchzenhofen, festgestellt. „Mir fehlt in dem Papier einfach die Überlegung, wie wir es schaffen, Jugendliche dazu zu bringen, mehr Fahrrad zu fahren“, warf Schosser ein.
Beschlossen wurde das umstrittene Mobilitätskonzept am Montag noch nicht. Die Stadtverwaltung hatte es den Gemeinderäten nur zur Kenntnisnahme vorgelegt. Einzelne Maßnahmen und Vorschläge daraus sollen zu einem späteren Zeitpunkt erneut vorgebracht werden. Eins steht allerdings schon jetzt fest: Das Thema E-Mobilität wird die Stadt weiter bewegen.