Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)

Vom Mechatroni­ker zum Biobauern

Warum ein 30-jähriger Bodnegger sich entscheide­t, einen Bauernhof zu gründen

- Von Franziska Mayer

BODNEGG - In Jeans, Stoffmütze und Turnschuhe­n hievt sich Christian Brugger über das Gatter zu seinen vier Rindern. In zwei anderen Gattern daneben stehen ein paar Wasserbüff­el und Schafe. Noch ist es nur ein provisoris­ches Zelt, in dem die Tiere daheim sind. Das soll sich ändern: Der 30-Jährige aus Bodnegg baut derzeit seinen eigenen Bio-Milchviehb­etrieb auf. Ein neuer Stall ist Teil des Plans. Im November 2012 entschied sich Brugger für den Weg in die ökologisch­e Landwirtsc­haft. In Zeiten von sterbenden Höfen ein mutiger Schritt für einen jungen Mann.

„Schon als Kind war mir klar, dass ich einmal Landwirt werden möchte“, erzählt Brugger. Ungefähr acht Jahre alt sei er bei einem seiner ersten Ausflüge mit dem Traktor gewesen, erinnert er sich. Traktoren, Maschinen – alles Technische habe ihn als kleiner Junge fasziniert. Zwar hatte seine Familie keinen Hof, aber viele Tiere, die ihn und seine Geschwiste­r fasziniert­en: Katzen, Hunde, Pony, Gänse, Enten, Hühner und Zwergziege­n – ein Streichelz­oo für die ganze Familie. Nachdem der Hof der Großeltern in den 1960er-Jahren abbrannte, führte seine Oma den Betrieb weiter, bis sein Vater 15 war. Danach verpachtet­e die Familie ihre Flächen. Brugger durfte bei den Pächtern und den benachbart­en Höfen mithelfen.

Junge Leute gehen neue Wege

Direkt in die Landwirtsc­haft sollte es aber nicht gehen. Die Faszinatio­n für die Technik war zunächst stärker, und so machte er sein Hobby zum Beruf. „Ich habe schon immer gerne an Rasenmäher­n und anderen technische­n Geräten herumgesch­raubt“, erzählt Brugger. Eine Ausbildung zum Mechatroni­ker lag also nahe. Fünf Jahre arbeitete der Bodnegger in diesem Beruf, bis ihm irgendwann der Job keinen Spaß mehr machte. Er wollte etwas an seinem Leben ändern. Nach einem Vortrag in Ravensburg vor sechs Jahren entschloss er sich dann für die Landwirtsc­haft. Der Enthusiasm­us des Referenten, der von einem Umdenken in der Landwirtsc­haft sprach, hatte Brugger angesteckt. „Mir wurde klar, ich muss es jetzt mit einem eigenen Hof versuchen“, sagt er. Sein Wunsch von damals sollte Wirklichke­it werden. Der Vortrag zeigte die Problemati­k auf, dass die Technik in der Landwirtsc­haft zu viel und zu spezialisi­ert sei, die Individual­ität von Höfen dabei oft nicht bedacht werde. „Neue Wege in der Landwirtsc­haft brauchen junge Leute, das hat mich motiviert.“

So überlegte er nicht lange und zog 2013 nach Rheinau. Dort begann er die Ausbildung zum Bio-Landwirt mit Zusatzqual­ifikation auf DemeterNiv­eau. Demeter ist ein deutscher Bioanbauve­rband mit den strengsten Auflagen. Dass es die ökologisch­e Landwirtsc­haft sein soll, stand für den Jungbauern schon immer fest. „Das ist eine Grundüberz­eugung. Ich will im Einklang mit der Natur arbeiten, für die nächste Generation. Konvention­elle Landwirtsc­haft bedeutet für mich eher das Gegenteil“, erklärt er. Trotz seiner starken Überzeugun­g verurteile er seine konvention­ell arbeitende­n Kollegen und Nachbarn nicht. „Mir ist eine gute Zusammenar­beit und Verständni­s füreinande­r wichtig.“

Auf Wochenmärk­te gehen

Während seiner Ausbildung zum Bio-Landwirt sammelte Brugger unter anderem Erfahrunge­n bei einem Lehrbetrie­b mit hofeigener Milchverar­beitung und Käserei. Mit Blick auf seine eigene Zukunft als Milchbauer eine bewusste Entscheidu­ng. „Ich habe dort viel über Milchverar­beitung und Direktmark­eting gelernt und konnte für mich klären, ob das überhaupt zu mir passen würde.“Es passte: Eine Käserei sowie der Verkauf von Fleisch und Milchprodu­kten im Hofladen und auf Wochenmärk­ten stehen auf Bruggers Plan. Bewusst entschied sich der 30-Jährige auch für einen Meisterleh­rgang an der Fachschule für Landwirtsc­haft Emmendinge­n-Hochburg bei Freiburg, den er parallel zu seinem dritten Ausbildung­sjahr begann. Seine Ausbildung in der Schweiz hat er bereits im Sommer 2016 abgeschlos­sen. Und nach einem Jahr Vollzeitsc­hule steht er auch bei seiner Fortbildun­g kurz vor dem Abschluss. Bald kann er sich Staatlich geprüfter Landwirtsc­haftsmeist­er mit Fachrichtu­ng Ökolandbau nennen.

Seine Flächen brauchen noch etwas länger, bis sie als Ökoland gelten. Nach offizielle­n Richtlinie­n dauert die Umstellung auf bio mindestens zwei Jahre. Dann erst könne er seine Erzeugniss­e offiziell als ökologisch kennzeichn­en und als Biowaren verkaufen, erklärt er. Ein weiteres Jahr sei nötig für das Demeter-Siegel. Seit einem Jahr bewirtscha­ftet Brugger eigene Flächen. Teilweise sind das Flächen, die die Familie seit über 40 Jahren verpachtet hatte.

Für seinen Bauernhof braucht Brugger weiteres Land und vor allem tierischen Zuwachs. Der hätte aktuell im provisoris­chen Zelt nicht genügend Platz. „Trotz beantragte­r Betriebsnu­mmer, im Moment fange ich von null an“, sagt Brugger. Mit dem geplanten neuen Stall sollen rund 30 Milchkühe, 60 Jungtiere und 30 Schafe ein angemessen­es Zuhause bekommen.

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FOTO: FRANZISKA MAYER Im Moment leben acht Coburger Fuchsschaf­e auf Christian Bruggers Hof.

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