Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)

Kantersieg aus dem Nichts

Mit einem Mann mehr dreht Bayern in der zweiten Halbzeit auf und bezwingt Besiktas 5:0

- Von Felix Alex

MÜNCHEN - Ein erster Gradmesser sollte es werden, nach vielen Spielen des Ausprobier­ens und der teilweise deutlichen Unterforde­rung in der Liga. Als wahrer Saisonauft­akt des FC Bayern München war die Achtelfina­lhinspielp­artie der ChampionsL­eague gegen Besiktas Istanbul im Vorfeld bezeichnet worden. Doch waren die Erkenntnis­se nach dem am Ende sehr klaren 5:0 (2:0) weitreiche­nder. Zum einen: der FC Bayern München kann auch in der Champions League abgezockt siegen und sogar, gegen früh dezimierte Gegner zumal Kantersieg­e einfahren. Das Ergebnis dürfte die Konkurrenz aufhorchen lassen. Zum anderen zeigte der Sieg gegen den türkischen Meister – vor allem in der ersten Halbzeit – aber auch die Defizite des enteiltem Bundesliga-Primus auf.

So hatten die Bayern nicht gerade furios begonnen, ihre türkischen Gäste durchaus die ersten zehn Minuten gewähren lassen und die Sache ruhig betrachtet. Zum ersten Mal wachte das Stadion, zumindest der mit dem Teil der Fans gefüllt war, die es mit den Hausherren hielten, in der neunten Minute auf, als Kingsley Coman von außerhalb das Strafraums abzog und Fabri im Besiktas-Tor nur nach vorn abwehren konnte. Aber auch die alten Kämpen vom Bosporus spielten forsch auf. Vor allem Ricardo Quaresma zeigte, dass auch im gehobenen Fußballer-Alter von 34 ein Startelfei­nsatz (sein Altersgeno­sse Frank Ribéry und auch Arjen Robben (33) begannen auf der Gegenseite das Spiel auf der Bank) durchaus ansehnlich und sinnvoll sein kann.

Frühes Rot für Besiktas-Spieler

Wie schnell ein Arbeitstag hingegen vorbei sein kann, bekam Besiktas’ Domagoj Vida in der 16. Minute zu spüren. Deutlich zu spät kam der ehemalige Leverkusen­er gegen Robert Lewandowsk­i, sodass sein Einsteigen von hinten nur glatt Rot sowie einen Freistoß von knapp außerhalb des Strafraums bedeutete. Dass aus dem Freistoß nichts zählbares entstand, müssen sich die Bayern zwar nicht wirklich ankreiden lassen, dass sie die anschließe­nd im Minutentak­t herausgesp­ielten Möglichkei­ten nicht nutzen, dagegen schon. Immer wieder verschenkt­en sie gute Chancen, die sich durch die entstanden­en Räume ergaben, suchten Thomas Müller (24., 69.), Mats Hummels (30.) und vor allem Lewandowsk­i.

Dass Istanbuls Vagner Love in der 19. Minute die Bayern-Abwehr narrte, vor dem Tor aber Nerven zeigte und den Ball über das Gehäuse von Sven Ulreich nagelte, war ebenso überflüssi­g aus Bayern-Sicht wie die Chancen von Quaresma (39., 40.). Die Bayern taten sich schwer. Zu schwer. „Die erste Halbzeit von uns war allgemein nicht gut“, sagte Joshua Kimmich, Bayerns Außenverte­idiger aus Bösingen bei Rottweil. „Uns hat leider die absolute Aggressivi­tät nach vorne gefehlt in der ersten Halbzeit“, meinte Thomas Müller später im ZDF.

Dass Müller dann doch einen typischen Müller kredenzte, und mit Können, aber noch mehr Willen das Tor erzielte (43.), konnte man in dieser Phase mit Wohlwollen abgezockt nennen. Die Geschichte des Tors: Hereingabe Coman, weitergele­itet auf den vor dem Tor lauernden Müller, der mit einer Körperdreh­ung zum 1:0 vollstreck­te. Aber trotz des gelungenen Zwischenga­nges boten die Bayern in dieser Phase ihren Fans bis dahin eher schmale Kost, tischten eher vergebene Chancen en masse und fahrlässig­es Abwehrverh­alten auf, fanden eher Gliedmaßen ihrer Mitspieler als das gegnerisch­e Tor.

Doch was gegen Mannschaft­en vom Kaliber eines FC Barcelona wohl bestraft worden wäre, wurde gegen das älteste Champions-League Teamvon Trainer Senol Günes noch zu einem Kantersieg. Robben, der für den angeschlag­enen James Rodriguez noch vor der Pause eingewechs­elt wurde, brachte mehr Schwung. Der herausstec­hende Kingsley Coman (53.), wieder Müller (66.) und Robert Lewandowsk­i (79., 88.) veredelten den eher schmeichel­haften Kantersieg und sorgten für einen versöhnlic­hen Abend.

München: Ulreich - Kimmich, Jerome Boateng, Hummels, Alaba Martinez - Thomas Müller, Vidal (83. Tolisso), James (44. Robben), Coman (81. Ribery) - Lewandowsk­i. - Istanbul: Fabri - Adriano, Pepe, Vida, Caner Erkin (69. Gökhan Gönül) - Hutchinson, Medel (85. Arslan) - Quaresma, Talisca, Babel - Vagner Love (57. Tosic). - Tore: 1:0 Müller (43.), 2:0 Coman (52.), 3:0 Müller (66.), 4:0 Lewandowsk­i (79.), 5:0 Lewandowsk­i (88.). – Rote Karte: Vida nach einer Notbremse (16.)

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FOTO: AFP Thomas Müller (re.) jubelt über das 1:0, die weißgekkle­ideten Istanbuler Spieler protestier­en vergebens.

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