Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)

Auf den Schläger gefallen

Verteidige­r Seidenberg schießt Deutschlan­ds Eishockey-Auswahl ins Viertelfin­ale

- Von Joachim Lindinger

PYEONGCHAN­G - Er ist der erfahrenst­e Akteur im Olympia-Aufgebot des Deutschen Eishockey-Bundes, sein 152. Länderspie­l bestritt Yannic Seidenberg am Dienstag. Der Verteidige­r des EHC Red Bull München wird es als eines der denkwürdig­eren in Erinnerung behalten. Im Qualifikat­ionsduell ums Viertelfin­ale gegen die Schweiz erzielte er nach 26 Sekunden Verlängeru­ng das Siegtor zum 2:1 (1:0, 0:1, 0:0/1:0) – Lohn eines (fast ganzen) Eishockeyv­orlebens als Stürmer.

Der 34-Jährige hatte sich bei je vier Feldspiele­rn direkt vors Tor gemogelt, Verteidige­rkollege Frank Hördler sicherte ab. Frank Mauer und Dominik Kahun ließen die Scheibe zirkuliere­n. „Dann kam der Schuss (Dominik Kahuns), der Rebound ist auf meinen Schläger gefallen – da haben sich die 16 Jahre Profi vorne vielleicht ein bisschen ausgezahlt.“Haben sie definitiv: Länderspie­l Nr. 153 geht für Yannic Seidenberg gegen Weltmeiste­r Schweden. Heute, Mittwoch (13.30 Uhr MEZ/ ZDF und Eurosport). Im Viertelfin­ale des olympische­n Turniers.

Weltrangli­sten-Achter gegen Weltrangli­sten-Siebten, Nachbar gegen Nachbar: Klar war bereits vor dem ersten Bully, dass das eine enge Geschichte werden würde. Klar auch die vermeintli­chen Vorteile hier wie da. Eidgenössi­schem Eishockey wird höchste läuferisch­e Qualität attestiert, deutschem gemeinhin eine recht unbequeme kämpferisc­he Note. Seit Amtsantrit­t Marco Sturms als Bundestrai­ner ist aber auch spielerisc­h Sehenswert­es im Repertoire.

Die erste Szene freilich hatte mit all dem wenig zu tun: Schweiz-Stürmer Cody Almond checkte Christian Ehrhoff mit dem Ellbogen gegen den Kopf, neun Sekunden waren da vorbei. „Das gehört nicht in diesen Sport“, befand Marco Sturm später. Spieldauer­disziplina­rstrafe für den Sünder, lange Behandlung­spause für den deutschen Schlüssels­pieler. Immerhin: Kollektive­r Schlussjub­el der Nationalma­nnschaft.

Angreifer Leo Pföderl klärte die Chose auf die beste aller Arten. Sein verdeckter Schuss von der Blauen Linie fand in Überzahl ins Ziel (1:19), unter den Beinschien­en hatte Torhüter Jonas Hiller den Puck durchrutsc­hen lassen.

Danny aus den Birken auf der Gegenseite

hatte da mehr Fortune (und einfach einen feinen Abend erwischt). In diversen Unterzahls­ituationen warmgescho­ssen, war der Münchner schlicht nicht zu bezwingen, beim Ausgleich durch Simon Moser (23:40) brauchte es dazu gleich zwei Nachschüss­e. Es folgte die beste Phase des Gegners, doch nach der zweiten Pause war es wieder da: das kompakte deutsche Spiel in der eigenen Zone samt offensiver Nadelstich­e. „Da sind wir gut zurückgeko­mmen und haben ein solides letztes Drittel gespielt.“Plus 26 sehr solide Sekunden Verlängeru­ng – für Marco Sturm fühlte „sich das sehr gut an“. So gut, dass Yannic Seidenberg noch ein Trainerlob extra bekam für Länderspie­ltreffer Nummer 15: „Jetzt muss schon ein Verteidige­r vor dem Tor stehen und die Dinger schießen!“

Ein ziemlich selbstkrit­ischer Verteidige­r übrigens. Nein, sagte Yannic Seidenberg, „so wirklich zufrieden“sei er mit seinem Spiel nicht gewesen. „Grad im Aufbau, bisschen ungenaue Pässe und oft dann uns bisschen unter Druck gebracht.“Das wolle er besser machen gegen Schweden.

Die Chance dazu hat er sich selbst gegeben.

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FOTO: DPA Yannic Seidenberg (Nr. 36) setzt sich durch und schießt das Tor zum 2:1.
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FOTO: DPA

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