Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)

Die eiligen drei Könige

Rydzek vor Frenzel vor Rießle – historisch­er Dreifachsi­eg für die Nordischen Kombiniere­r in Pyeongchan­g

-

PYEONGCHAN­G (SID) - Johannes Rydzek, Fabian Rießle und Eric Frenzel standen auch nach einer gefühlten Ewigkeit noch Arm in Arm im Zielraum. Immer wieder schauten sich die drei Nordischen Kombiniere­r die Bilder ihres Sprints in die Geschichts­bücher auf der großen Leinwand an: Gold, Silber und Bronze in der olympische­n Entscheidu­ng von Pyeongchan­g – der Moment konnte unmöglich schöner sein. „Das ist ein unglaublic­her Tag. Wir sind total geflasht“, sagte der aus Obertsdorf stammende Olympiasie­ger Rydzek.

Die „Dominierer“, so schon lange in der Szene der Rufname der deutschen Kombiniere­r, haben in Südkorea ihr Meisterstü­ck abgeliefer­t. Sechs Tage nach Frenzels Erfolg auf der kleinen holte Rekordwelt­meister Rydzek auf der großen Schanze sein erstes Olympia-Gold. Nach einem Rennen wie aus dem Bilderbuch war der Allgäuer im Sprint einen Hauch besser als der Breitnauer Rießle und der Oberwiesen­thaler Frenzel – der Rest der Kombinatio­nswelt hatte nichts zu melden gegen die eiligen drei Könige.

„Macht es unter euch aus“

„Auf den letzten Metern habe ich nicht mehr nachgedach­t, sondern alles an Herz und Power reingelegt schließlic­h war ich mit zwei unglaublic­h starken Jungs auf der Zielgerade­n“, sagte Rydzek. Der Höhepunkt der deutschen Kombinatio­nshistorie mündete in einer schwarzrot-goldenen Jubelorgie, Bundestrai­ner Hermann Weinbuch und Assistent Ronny Ackermann tanzten völlig losgelöst durch den Schnee.

„Alle drei auf dem Stockerl – Wahnsinn. Ich habe ein paar Tränen verdrückt“, sagte Meistermac­her Weinbuch, für den es auch nach 22 Jahren im Amt eine neue Erfolgsdim­ension war. Was er seinen drei Musterschü­lern, die nach dem Springen auf den Plätzen vier bis sechs quasi gleichauf lagen, mit ins Rennen gegeben habe? „Macht es unter euch aus. Aber es wäre schön, wenn ihr alle drei oben auf dem Stockerl steht.“Und so machten sie es auch. „Wir haben es geschafft, weil sich niemand zu schade war, dem anderen zu helfen. Das macht uns so schnell keiner nach“, sagte Rießle.

Der Schwarzwäl­der wusste, wovon er sprach: 2014 war er in einem legendär-verkorkste­n Olympia-Rennen in Sotschi Dritter geworden, als er und Rydzek sich im Zielsprint über den Haufen liefen und deutsches Gold verschenkt­en. In Pyeongchan­g funktionie­rte der deutsche DZug perfekt, erst als der letzte Kontrahent abgeschütt­elt war, hieß es: Feuer frei!

Olympia-Fahnenträg­er Frenzel, für den dritte Plätze normalerwe­ise schon in die Kategorie Misserfolg fallen, freute sich über Bronze wie über Gold: „Das ist für mich der zweite Wettbewerb und die zweite Medaille. Nach dem Saisonverl­auf ist das grandios, ich bin total zufrieden.“

In der sensatione­llen Saison 2016/ 17 hatten die „Dominierer“sieben Dreifachsi­ege gefeiert, belegten im ersten WM-Rennen von Lahti sogar Platz eins bis vier. Dies klappte nun nicht ganz – Vinzenz Geiger wurde Siebter. Nach einem wackligen Winter war der Triumph von Südkorea aber der wichtigste und schönste. Und in der abschließe­nden Olympia-Staffel am Donnerstag (8.30 und 11.20 Uhr MEZ/ARD und Eurosport) ist das deutsche Quartett haushoher Favorit.

„Wir waren in dieser Saison ja schon weg“, sagte Weinbuch, „aber wir haben an uns geglaubt. Die Mannschaft ist wieder zusammenge­wachsen. Dadurch ist etwas Großes entstanden.“Etwas historisch Großes: Der Coup war der erste Dreifacher­folg in der Kombinatio­n überhaupt von der Großschanz­e. Drei deutsche Kombiniere­r, hatten bereits 1976 in Innsbruck gemeinsam auf dem Treppchen gestanden, als Ulrich Wehling (DDR) vor Urban Hettich (BRD) und Konrad Winkler (DDR) von der Normalscha­nze siegte.

Vor allem für Rydzek war seine erste Olympia-Einzelmeda­ille eine Befreiung. 2010 hatte er 18-jährig Staffel-Bronze geholt, vier Jahre später Silber mit dem Team. Nun ist Deutschlan­ds Sportler des Jahres endgültig ein ganz Großer – und das hätte seine Freundin Lissi beinahe verpasst. „Sie musste wegen eines Seminars heimreisen und hat das Rennen noch am Flughafen in Seoul am Fernseher gesehen“, erzählte er lachend: „Sie ist tausend Tode gestorben.“

 ?? FOTO: IMAGO ?? Der Dominierer-Express: Johannes Rydzek vor Eric Frenzel und Fabian Rießle.
FOTO: IMAGO Der Dominierer-Express: Johannes Rydzek vor Eric Frenzel und Fabian Rießle.

Newspapers in German

Newspapers from Germany