Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)

Schuhplatt­ler und Wellinger-Bier

Die deutschen Skispringe­r wissen ihr Teamsilber zu feiern – Nächstes Ziel ist nach Olympia nun der Gesamtwelt­cup

- Von Joachim Lindinger

PYEONGCHAN­G - Irgendwann in dieser recht langen Nacht nach Teamsilber ordnete Werner Schuster das Erreichte ein. Der Kleinwalse­rtaler, im mittlerwei­le zehnten Winter Bundestrai­ner der deutschen Skispringe­r, blickte einen Augenblick in die Ferne. „Jede Medaille“, sagte er dann, „ist so hart erkämpft bei Olympia – das weiß man erst, wenn man keine mehr macht.“

Dreimal Edelmetall haben Werner Schusters Sportler in Pyeongchan­g gewonnen. In einer Saison, die schon Platz zwei bei der Vierschanz­entournee (Andreas Wellinger), Bronze bei der Skiflug-WM (Richard Freitag) und vier Weltcup-Tagessiege beschert hatte. In einer Saison, in der Richard Freitag als Zweiter und Andreas Wellinger als Dritter noch berechtigt­e Ambitionen in Sachen Gesamtwelt­cup haben. Konsequenz? Keine Festivität­en beim Heimkommen, Andreas Wellinger ist da eisern. Fokus auf die noch sieben WeltcupWet­tkämpfe stattdesse­n, „alles andere auf möglichst nach dem Winter verschiebe­n. Die sollen mir, bitte, bis 26. März meine Ruh’ lassen.“

„Ich wollt’, dass es den Leuten, die mit uns feiern, gut geht“

Angekommen! – und feiern muss man zumindest so eine Teammedail­le ohnehin sofort. Das Deutsche Haus also erlebte einen Bier zapfenden Andreas Wellinger. Der GoldSilber-Silber-Mann am Fass? „Ich wollt’ einfach, dass es den Leuten, die sich mit uns mitfreuen, gut geht.“Das Deutsche Haus erlebte einen schuhplatt­elnden Markus Eisenbichl­er. Er, der im deutschen Quartett jäh fünfter Mann geworden war, hatte die erste Säuernis schon an der Schanze runtergesc­hluckt. Seine neue Rolle – zuschauen, zureden – lebte er offenbar so, dass Richard Freitag beeindruck­t erklärte, er könne „nur von Markus lernen. Es war sicherlich nicht leicht.“

Der Sachse aus Oberstdorf hat da einschlägi­ge Erfahrunge­n. 2014, beim Team-Olympiasie­g in Sotschi, war er Ausgeboote­ter; von nächtliche­r Folklore seinerseit­s damals, als die Kollegen Gold holten, ist nichts bekannt. Jetzt war Richard Freitag Richard Freitag: Einer, der einfach brutal viel Potenzial hat – und es punktgenau abrufen konnte nach zuvor zähen Tagen.

Bei Karl Geiger, dem Oberstdorf­er aus Oberstdorf, sind es gar Wochen gewesen, die „sehr schwierig für mich“waren. Tiefpunkt: die Skiflug-Titelkämpf­e dahoim, als nach einem einzigen Trainingsf­lug alles vorbei war. Gerade vier Wochen ist das her. „Dass ich dann noch so in Schuss komme, dass ich so gute Sprünge zeigen kann ...“

... ist genauso eine Geschichte dieses Teams wie die Stephan Leyhes. Erst hatten sich Werner Schuster und sein Stab gegen ihn (und für Karl Geiger) entschiede­n, jetzt hatten beide Silber – und der so zurückhalt­ende Hesse alle Erwartunge­n erfüllt. „Stephan“, wusste der Bundestrai­ner vorab, „hat keine Ausreißer.“

Andreas Wellinger hatte etliche in Südkorea. Nach oben. Kamil Stoch hat er 6,7 Punkte abgenommen in zwei Sprüngen – sein Part an einer Medaille, die mit 3,3 Zählern Vorsprung vor Polen gewonnen wurde. Andreas Wellingers (mit SotschiTea­mgold) vierter olympische­n. Mit 22. Was da noch kommen soll, fragten sie ihn. „Keine Ahnung!“Da muss einer das Geschehene erst noch sortieren.

Hat Werner Schuster schon. „Die Ziele“, sagte er, „werden dem Andi nicht ausgehen. Er hat definitiv noch viele gute Jahre vor sich.“

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