Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)
Obdachlosen-Unterkünfte sind „rappelvoll“
52 Menschen ohne Wohnung leben derzeit in Leutkirch – Zwangsräumungen nehmen zu
LEUTKIRCH - Die●Zahl der Obdachlosen in Leutkirch steigt: Derzeit sind 52 Menschen ohne eigenes Zuhause in vier verschiedenen Gebäuden untergebracht. Eigentümer der Wohnungen ist die Stadt Leutkirch. Einer der Hauptgründe für die steigende Obdachlosigkeit sind Zwangsräumungen.
„Die Situation ist angespannt“, sagt Manuela Wacker-Günther, die bei der Stadtverwaltung unter anderem für den Bereich „Soziales“zuständig ist. Denn aktuell seien sämtliche Räume für Obdachlose in Leutkirch „rappelvoll“. Trotzdem ist die Stadt – genauer gesagt die Ortspolizeibehörde – dazu verpflichtet, Menschen unterzubringen, die sich in einer Notlage befinden und akut keine Unterkunft haben.
Eine Verbesserung der Situation ist laut Wacker-Günther derzeit nicht in Sicht. Im Gegenteil: Sie fürchtet, dass für viele Menschen Sozialleistungen des Staats nicht mehr ausreichen, um bei gestiegenen Mietpreisen eine bezahlbare Wohnung zu finden. Ihre Sorge ist, dass eine Welle an Menschen ohne Unterkunft auf die Kommunen zukommen könnte. Um das zu verhindern, sollte ihrer Einschätzung nach von politischer Seite der soziale Wohnungsbau stärker gefördert werden.
Zwangsräumungen steigen
Die Gründe für eine Obdachlosigkeit sind vielseitig. Dazu zählen Streit mit dem Ehepartner, ein Platzverweis wegen häuslicher Gewalt oder psychische Krankheiten. Vor allem komme es aber immer häufiger zu Zwangsräumungen von Wohnungen, sagt Wacker-Günther. Wer einmal in die Obdachlosigkeit gerutscht ist, hat es sehr schwer, dort wieder herauszukommen. Dass Menschen eigenständig wieder eine Unterkunft finden, sei in Leutkirch eher selten.
Eine Hilfestellung für betroffene Männer und Frauen in den städtischen Unterkünften bietet ein Mitarbeiter der Stadtverwaltung, der sich der „Obdachlosen-Sozialbetreuung“mit 30 Prozent seiner Arbeitszeit widmet. Dabei geht es vor allem um die Unterstützung bei bürokratischen Anforderungen. „Wir wollen die Obdachlosen nicht einfach nur unterbringen, sondern sie unterstützen, damit sich etwas entwickeln kann und Perspektiven geschaffen werden“, sagt WackerGünther.
Übernachtungsheim als Notnagel
Um „nicht sesshaften Personen“, die häufig auf der Durchreise sind, einen kurzzeitigen Schlafplatz zu bieten, hat die Stadt bereits vor vielen Jahren ein Übernachtungsheim in der Nähe des Leutkircher Bahnhofs installiert. Drei Betten, ein Sofa, eine kleine Küche sowie WC und Dusche stehen dort bereit. Für die Einquartierung ist ein sogenannter „Übernachtungsschein“erforderlich, den sowohl die Stadtverwaltung als auch die Polizei ausstellen kann. 2017 haben Mitarbeiter der Stadtverwaltung 19 solcher Genehmigungen, die teilweise für mehrere Nächte gelten, erstellt.
Das Gebäude ist laut WackerGünther eine Art Notnagel für Menschen, die kurzfristig und nur für wenige Tage eine Unterkunft benötigen. Genutzt werde das Übernachtungsheim auch als Übergangslösung, während bei nicht eindeutigen Sachverhalten von der Stadt geprüft wird, ob ein Anspruch auf eine Unterbringung in einer Wohnung für Obdachlose besteht.