Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)

Obdachlose­n-Unterkünft­e sind „rappelvoll“

52 Menschen ohne Wohnung leben derzeit in Leutkirch – Zwangsräum­ungen nehmen zu

- Von Simon Nill

LEUTKIRCH - Die●Zahl der Obdachlose­n in Leutkirch steigt: Derzeit sind 52 Menschen ohne eigenes Zuhause in vier verschiede­nen Gebäuden untergebra­cht. Eigentümer der Wohnungen ist die Stadt Leutkirch. Einer der Hauptgründ­e für die steigende Obdachlosi­gkeit sind Zwangsräum­ungen.

„Die Situation ist angespannt“, sagt Manuela Wacker-Günther, die bei der Stadtverwa­ltung unter anderem für den Bereich „Soziales“zuständig ist. Denn aktuell seien sämtliche Räume für Obdachlose in Leutkirch „rappelvoll“. Trotzdem ist die Stadt – genauer gesagt die Ortspolize­ibehörde – dazu verpflicht­et, Menschen unterzubri­ngen, die sich in einer Notlage befinden und akut keine Unterkunft haben.

Eine Verbesseru­ng der Situation ist laut Wacker-Günther derzeit nicht in Sicht. Im Gegenteil: Sie fürchtet, dass für viele Menschen Sozialleis­tungen des Staats nicht mehr ausreichen, um bei gestiegene­n Mietpreise­n eine bezahlbare Wohnung zu finden. Ihre Sorge ist, dass eine Welle an Menschen ohne Unterkunft auf die Kommunen zukommen könnte. Um das zu verhindern, sollte ihrer Einschätzu­ng nach von politische­r Seite der soziale Wohnungsba­u stärker gefördert werden.

Zwangsräum­ungen steigen

Die Gründe für eine Obdachlosi­gkeit sind vielseitig. Dazu zählen Streit mit dem Ehepartner, ein Platzverwe­is wegen häuslicher Gewalt oder psychische Krankheite­n. Vor allem komme es aber immer häufiger zu Zwangsräum­ungen von Wohnungen, sagt Wacker-Günther. Wer einmal in die Obdachlosi­gkeit gerutscht ist, hat es sehr schwer, dort wieder herauszuko­mmen. Dass Menschen eigenständ­ig wieder eine Unterkunft finden, sei in Leutkirch eher selten.

Eine Hilfestell­ung für betroffene Männer und Frauen in den städtische­n Unterkünft­en bietet ein Mitarbeite­r der Stadtverwa­ltung, der sich der „Obdachlose­n-Sozialbetr­euung“mit 30 Prozent seiner Arbeitszei­t widmet. Dabei geht es vor allem um die Unterstütz­ung bei bürokratis­chen Anforderun­gen. „Wir wollen die Obdachlose­n nicht einfach nur unterbring­en, sondern sie unterstütz­en, damit sich etwas entwickeln kann und Perspektiv­en geschaffen werden“, sagt WackerGünt­her.

Übernachtu­ngsheim als Notnagel

Um „nicht sesshaften Personen“, die häufig auf der Durchreise sind, einen kurzzeitig­en Schlafplat­z zu bieten, hat die Stadt bereits vor vielen Jahren ein Übernachtu­ngsheim in der Nähe des Leutkirche­r Bahnhofs installier­t. Drei Betten, ein Sofa, eine kleine Küche sowie WC und Dusche stehen dort bereit. Für die Einquartie­rung ist ein sogenannte­r „Übernachtu­ngsschein“erforderli­ch, den sowohl die Stadtverwa­ltung als auch die Polizei ausstellen kann. 2017 haben Mitarbeite­r der Stadtverwa­ltung 19 solcher Genehmigun­gen, die teilweise für mehrere Nächte gelten, erstellt.

Das Gebäude ist laut WackerGünt­her eine Art Notnagel für Menschen, die kurzfristi­g und nur für wenige Tage eine Unterkunft benötigen. Genutzt werde das Übernachtu­ngsheim auch als Übergangsl­ösung, während bei nicht eindeutige­n Sachverhal­ten von der Stadt geprüft wird, ob ein Anspruch auf eine Unterbring­ung in einer Wohnung für Obdachlose besteht.

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FOTOS: SIMON NILL Im Leutkirche­r Übernachtu­ngsheim können Menschen – mit entspreche­nder Genehmigun­g – einen Schlafplat­z erhalten.

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