Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)
Die Frau für heiße Themen
In ihrem Krimi „Rabenschwarze Beute“schreibt die Allgäuerin Nicola Förg über Vogelsterben und Internet-Wahnsinn
„Rabenschwarze Beute“ist wieder ein typischer Nicola-Förg-Krimi: Es geht um viel, um Vogelschutz, um unüberlegtes Tun wie die Knallerei an Silvester, um Glas-Hochhäuser und Windräder, die für Millionen von Vögeln den Tod bedeuten, und um die Bedrohung durchs Internet. Ein Architekt, der sich für Vogelschutz engagierte, wird in der Silvesternacht im allgemeinen Geböller vom Balkon geschossen. Die Kommissarinnen Irmi Mangold und Kathi Reindl müssen vielen Spuren nachgehen. Und die führen nicht nur von Murnau ins Garmischer Olympiastadion, sondern auch nach Kempten und auf die Ostallgäuer Buchenbergalm. Michael Dumler hat den Krimi, der am 1. März, erscheint, vorab gelesen und sich mit Nicola Förg unterhalten.
Frau Förg, in Ihrem neuen Roman geht es auch um Cyber-Mobbing und Internetgläubigkeit. Die Lebensgefährtin des Ermordeten sieht sich durch schlechte OnlineBewertungen in ihrer Existenz als Ärztin bedroht ...
Als jemand, der noch aus der analogen Welt kommt, finde ich es fragwürdig, dass jeder gleich seinen Frust loswerden will. Da wird Dampf abge- lassen, eine SMS geschrieben oder im Internet ein Kommentar abgegeben, ohne vorher genau zu überlegen. Früher hat man gesagt: Jetzt schlaf ich erst einmal eine Nacht drüber, und dann schau ich weiter. Heute haut jeder gleich seine erste Emotion raus – allen voran der US-Präsident. Schrecklich.
Im Internet bewerten aber auch Leser Ihre Bücher ...
Ich lese grundsätzlich keine Bewertungen. Wenn ein Leser mich direkt anspricht oder anmailt, dann beschäftige ich mich gerne mit ihm. Das Kritische ist die Anonymität dieser Bewertungen und je mehr man auf andere schaut, desto schlechter ist es für einen.
Inwiefern?
Weil es zu viel Lebensenergie von einem selbst abzieht, die man sinnvoller nutzen könnte.
Dann lesen Sie auch nicht die Allgäu-Krimis von Kollegen?
Nein. Das würde mich blockieren. Denn entweder denke ich dann: Oh, da hat jemand bei mir abgeschrieben oder ich denke mir: tolle Idee, aber nun verbrannt. Auf andere zu schauen, ist für mich als Autorin völlig unnütz und sinnlos.
In „Rabenschwarze Beute“geht es auch um eine junge Mode-Bloggerin, die ihre vierjährige Tochter wie eine Barbie-Puppe behandelt und in den sogenannten sozialen Medien inszeniert.
Es geht mir aber nicht um eine Schwarz-Weiß-Zeichnung oder darum, diese junge Frau zu verdammen. Natürlich spielt die Frage nach Ruhm und Geld eine Rolle, und auch die Frage: Wie viel ist man bereit, dafür zu bezahlen?
Ihre Krimis sind im Allgäu und Werdenfelser Land verankert. Es geht um Themen wie Landwirtschaft, Tourismus, Natur- und Umweltschutz.
Authentizität und Glaubwürdigkeit bekommt man nicht einfach durch das Nennen eines Ortes, einer Straße und eines Bergs. Mein Lebensmittelpunkt ist der ländliche Raum mit Tieren. In meinen Büchern geht es immer um Verbrechen, die die Region selbst generiert. So komme ich zu Fragen wie: Was treibt die Bauern um? Wie sieht es mit den Lebensräumen von Wildtieren aus? Wohin führt die Hochleistungs-Landwirtschaft? Was ist mit der touristischen Vereinnahmung der Natur? In Sachen Natur und Umweltschutz macht mir keiner etwas vor, auch weil ich stets viele Experten an der Hand habe.
Das Mordopfer ist ein Architekt, der Kollegen an den Pranger stellt ...
Der Architekt ist so etwas wie ein Nestbeschmutzer seiner Zunft. Schicke Glastürme, gegen die er protestiert, stehen für Massaker vor allem zu Zeiten des Vogelzugs. Problematisch sind aber auch abgedichtete Fassaden, geschleckte Gärten mit ThujaHecken und Rasenrobotern sowie die Agrarwüsten mit den ausgeräumten Flächen. Zudem gefährden Windräder die Vögel.
Dazu liefern Sie in „Rabenschwarze Beute“auch erschreckende Zahlen.
Ich finde gute Unterhaltung und kritische Information müssen sich nicht ausschließen.
Müssen wir uns Sorgen machen? Kommissarin Irmi Mangold kündigt am Ende eine Pause an. Geht sie in Ruhestand?
Noch nicht. Aktuell schreibe ich bereits an ihrem zehnten Fall. Aber in „Rabenschwarze Beute“hat Irmi in besonders tiefe, rabenschwarze Abgründe geblickt. Und das steckt auch die erfahrene Ermittlerin nicht so einfach weg.
Das Buch „Rabenschwarze Beute. Ein Alpen-Krimi“von Nicola Förg ist ab 1. März im Buchhandel erhältlich (Pendo Verlag, 352 Seiten, 16 Euro).