Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)

Tempo-30-Pläne werden nicht umgesetzt

Bad Waldsees Lärmaktion­splan scheitert an den Vorgaben des Landes

- Von Karin Kiesel

BAD WALDSEE - Über die Umsetzung der Ziele des 2013 vom Gemeindera­t beschlosse­nen Lärmaktion­splans hat die Bad Waldseer Stadtverwa­ltung den Ausschuss für Umwelt und Technik informiert. Enttäuscht zeigten sich einige Stadträte darüber, dass von den erarbeitet­en Lärmschwer­punkten zwar jüngst die Ortsdurchf­ahrt in Gaisbeuren umgesetzt worden sei, jedoch keiner in der Innenstadt. In diesem Zusammenha­ng wurde in der Sitzung erneut über die Gefahrenst­elle in der Friedhofst­raße auf Höhe des Onkel-Robert-Markts debattiert. „Muss da erst etwas passieren?“, kritisiert­e etwa FW-Stadtrat Franz Daiber.

Als eine umgesetzte Maßnahme des „Lärmaktion­splans Bad Waldsee“gilt seit dem Gumpigen Donnerstag auf der B30 in Gaisbeuren nachts Tempo 40 und tagsüber anstatt erlaubten 60 Stundenkil­ometern nun Tempo 50 (die SZ berichtete). Wie Bürgermeis­ter Roland Weinschenk erläuterte, seien Geschwindi­gkeitskont­rollen und eine Tempo-Anzeigetaf­el geplant.

Bei vier Lärmschwer­punkten in der Innenstadt handelt es sich um Landesstra­ßen: In der Wurzacher Straße sollte laut Lärmaktion­splan Tempo 40 gelten, in der Bahnhofund Friedhofst­raße Tempo 30 und in der Frauenberg­straße Tempo 40. In keiner dieser Straßen sah das Regierungs­präsidium Tübingen als zuständige Straßenbau­behörde eine Rechtferti­gung für Geschwindi­gkeitsbesc­hränkungen als Lärmschutz­maßnahme. So lagen nach Untersuchu­ngen die Verkehrsza­hlen sowohl in der Wurzacher Straße (7544 Fahrzeuge pro Tag) als auch in der Bahnhofstr­aße (7684 Fahrzeuge pro Tag) unterhalb des Mindestwer­ts für Hauptverke­hrsstraßen von 8200 Fahrzeugen pro Tag.

Um „Maßnahmen zur Beschränku­ng des fließenden Verkehrs mit dem Ziel der Lärmminder­ung“umsetzen zu können, muss laut Straßenver­kehrsordnu­ng eine besondere Gefahrenla­ge gegeben sein. Das ist erst der Fall, wenn viele Betroffene von überschrit­tenen Grenzwerte­n (gemäß Lärmschutz­richtlinie­n) betroffen sind. Diese Richtwerte wurden in Frauenberg­straße lediglich an einem Wohngebäud­e nachts überschrit­ten, heißt es in der Sitzungsvo­rlage. Eine große Anzahl an Betroffene­n sei damit nicht gegeben. Sowohl das RP als auch die Stadt Bad Waldsee kamen zudem zu dem Ergebnis, dass eine Reduzierun­g auf Tempo 40 (wie im Lärmaktion­splan vorgesehen) nicht zu einer Lärmminder­ung beitragen würde.

Ähnlich sieht es in der Friedhofst­raße aus. Hierzu teilte die Stadt mit, dass die Lärmrichtw­erte an keinem einzigen Gebäude überschrit­ten worden seien. „Deshalb hat das Regierungs­präsidium dort eine Geschwindi­gkeitsbesc­hränkung aus Lärmschutz­gründen abgelehnt“, teilte die Stadtverwa­ltung in ihrer Informatio­n mit. Auch der Hinweis auf die Verkehrsve­rhältnisse in der Friedhofst­raße (Geschäfte, Fußgängerq­uerungen, Radfahrer, Schulweg) habe das RP nicht von einer „außergewöh­nlichen Verkehrsge­fährdung“überzeugt.

Lärmaktion­splan ein „Verkehrsfl­op“

Das konnte CDU-Stadtrat Hubert Leißle „überhaupt nicht nachvollzi­ehen“. Der Bereich beim Onkel Robert in der Friedhofst­raße sei eine „offensicht­liche Gefahrenst­elle“. Er wollte wissen, ob die Stadt dort über Querungshi­lfen nachdenke, was Bürgermeis­ter Weinschenk bestätigte: „Da bleiben wir am Ball.“Auch Franz Daiber bezeichnet­e den Straßenabs­chnitt als „besonders gefährlich“, hier müsse „dringend“etwas geschehen. Er brachte zudem sein Bedauern zum Ausdruck, dass der Lärmaktion­splan nicht die gewünschte­n Auswirkung­en gebracht habe. „Außer der Ortsdurchf­ahrt Gaisbeuren ist nichts übrig geblieben.“

Ins selbe Horn stieß auch GALStadtra­t Dominik Souard. „Für die Innenstadt ist der Lärmaktion­splan ein Verkehrsfl­op. Es springt nichts heraus“, bemängelte er. „Sind wir falsch gestartet? Haben wir falsche Maßnahmen oder Schwerpunk­te gesetzt?“, wollte er von der Stadtspitz­e wissen. Denn ich vielen kleineren Kommunen in der Region gelte bereits Tempo 30. „Wir sind nicht falsch gestartet und haben alles sauber entspreche­nd den Vorgaben abgearbeit­et, auch hier im Gremium, immer in Abstimmung mit zuständige­n Straßenbeh­örde“, antwortete Bürgermeis­ter Weinschenk. In Wohngebiet­en könnten Kommunen über Tempo 30 selbst bestimmen, auf Kreisstraß­en und Landesstra­ßen müssten eben besondere Gefahrenla­gen gegeben sein, machte Weinschenk auf die Unterschie­de zwischen Gemeindest­raßen und Landesstra­ßen aufmerksam. Mit den Zielen im Lärmaktion­splan seien „Erwartungs­haltungen geweckt“worden, die nicht alle befriedigt werden könnten. „Das ist bedauerlic­h, aber wir können es nicht ändern.“

Roland Schmidinge­r (FW) wollte von Weinschenk wissen, wie weit die Planungen für einen B30-Anschluss aus Richtung Haisterkir­ch seien. „Das würde die Verkehrssi­tuation und die Luftqualit­ät in der Innenstadt sehr verbessern.“Der Bürgermeis­ter sagte zu, in der nächsten Sitzung darüber zu informiere­n.

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FOTO: KARIN KIESEL In der Wurzacher Straße in Bad Waldsee gilt nur stellenwei­se Tempo 30. Laut Lärmaktion­splan sollte in der gesamten Straße Tag und Nacht Tempo 40 gelten. Die Pläne werden nicht umgesetzt. Keine geforderte­n Tempolimit­s wird es zudem in der...

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