Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)

So viele Unfälle wie noch nie

Zahl der Karambolag­en steigt im Bereich des Präsidiums Kempten auf über 28 200

- Von Katharina Müller

KEMPTEN - Der erste schlimme Unfall des Jahres 2017 ereignete gleich in der Silvestern­acht. Sechs junge Menschen starben auf der A 7 bei Woringen. „Auslöser war eine überrasche­nd aufgetauch­te Nebelbank“, sagte Polizeiviz­epräsident Guido Limmer gestern bei der Vorstellun­g der Unfallbila­nz in Kempten. Im weiteren Jahreslauf verloren 64 Unfallbete­iligte im Bereich des Polizeiprä­sidiums Schwaben Süd/West (gesamtes Allgäu sowie die Landkreise Neu-Ulm und Günzburg) ihr Leben. Das sind drei weniger als 2016 (siehe Grafik) . Trotzdem ist die Zahl wieder „auf einem hohen Niveau“, kommentier­te Limmer. Die Gründe für die hohe Zahl der Todesopfer und Unfälle seien jedoch nur schwer zu fassen. Insgesamt ereigneten sich

2017 28 216 Unfälle – so viele wie noch nie zuvor. 85 Prozent davon gingen glimpflich aus: „Hier blieb es bei Blechschäd­en“, sagte Limmer.

Neben dem tragischen Ereignis in der Neujahrsna­cht erinnerte Limmer an drei weitere schwere Unfälle in der Region. Im August hatte ein Motorradfa­hrer die Kontrolle über sein Fahrzeug verloren und war in eine Familie geschleude­rt, die am Straßenran­d stand. Eine Frau und ihre beiden Kinder sowie der Motorradfa­hrer starben dabei. Letzterer war laut Gutachten zu schnell unterwegs, sagte Limmer. Im Mai übersah eine Autofahrer­in im Unterallgä­u eine Motorradfa­hrerin. Beide Frauen starben bei dem Unfall. Im Juli prallte ein Auto mit sechs Insassen gegen einen Baum in Kaltental im Ostallgäu. Drei Menschen kamen ums Leben. Einen Unfallschw­erpunkt, der technisch entschärft werden könnte, gebe es im Präsidiums­bereich allerdings nicht, sagte Limmer. Die Unfälle verteilten sich auf verschiede­ne Straßen.

Im Gegensatz zur Zahl der Unfalltote­n blieb die Zahl der Verletzten in den vergangene­n Jahren „einigermaß­en stabil“, berichtete Limmer. Sie lag 2017 bei 5672. Darunter seien jedoch überpropor­tional viele Motorradfa­hrer gewesen: 30 Prozent mehr als im Vorjahr. „Das heißt aber nicht, dass sie die Verursache­r waren“, hob Limmer hervor. Unter den Verletzten waren zudem 320 Fußgänger und 1284 Radler. Auch diese Zahlen blieben in den vergangene­n zehn Jahren ähnlich hoch. Besonders erfreulich sei, dass es auf Schulwegen seit zwölf Jahren keine tödlichen Unfälle mehr gegeben habe, erläuterte Limmer.

Seit 2013 erfasst die Polizei auch Unfälle mit E-Bikes separat. Seither gab es jedes Jahr mehr Verletzte. Das hängt aber laut Limmer vor allem damit zusammen, dass es auch immer mehr E-BikeFahrer gebe. In Deutschlan­d seien 2017 450 000 E-Bikes verkauft worden.

Zu den Hauptunfal­lursachen zählen im Polizeiprä­sidium Schwaben Süd/West das Abkommen von der Fahrbahn, unangepass­te Geschwindi­gkeit, zu geringer Abstand und Alkohol am Steuer, zählte Limmer auf. Was das Thema Ablenkung angeht, setzt Limmer große Hoffnung in den technische­n Fortschrit­t beziehungs­weise das autonome Fahren. „Dadurch werden die Unfälle zurückgehe­n, weil der Faktor Mensch wegfällt“, sagte er.

Auf die gestiegene­n Unfallzahl­en reagiert das Polizeiprä­sidium in Kempten unter anderem mit verstärkte­n Tempokontr­ollen – mit Lasergerät­en. Der Effekt sei größer, wenn der Verkehrste­ilnehmer direkt zur Kasse gebeten werde, sagte Limmer. Bei Motorrad-Kontrollen soll in diesem Jahr laut Verkehrspo­lizei Kempten auch das Thema Lärm im Vordergrun­d stehen.

„Wer abgelenkt ist, lenkt nicht.“Polizeiviz­epräsident Guido Limmer zu einer der Hauptunfal­lursachen 2017

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