Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)

Vom Christsein mit Profil

Zweite Fastenpred­igt in St. Martin hält der Moraltheol­oge Eberhard Schockenho­ff

- Von Christine King

LEUTKIRCH - Es war der erste Frühlingst­ag nach vielen Wochen Kälte, und doch konnte Pastoralre­ferent Benjamin Sigg eine stattliche Zahl von Menschen am Sonntagnac­hmittag in der Pfarrkirch­e begrüßen. Sie waren gekommen, um zu hören, was der Priester und Moraltheol­oge Eberhard Schockenho­ff zum Thema „Christ sein mit Profil“zu sagen hatte. Und um den Orgelkläng­en von Manuel Menig zu lauschen.

Die zugrunde liegende Frage war, wie sich „Christen mit Profil“in der Bibel und im heutigen Leben erkennen lassen? „Immer dort“, begann Schockenho­ff, „wo zwei oder drei in meinem Namen versammelt sind, zeigt sich das Profil eines Christen.“Ohne Jesus als zentrale Figur sei Profilfind­ung eines Christen für ihn nicht vorstellba­r. Zunächst – bereits im ersten Jahrhunder­t – hätte es überhaupt kein übereinsti­mmendes Bild von Jesus gegeben. Symbole wie Lamm, Anker, Fisch, Brot oder Wein wären damals benutzt worden. Dies sei nicht als Mangel zu sehen, sondern als großer Vorzug. Denn, wer Gesichter schaffe, produziere Bilder. Jesus als Ikone Gottes („Wer mich sieht, sieht den Vater“) zeige den Menschen „die uns zugewandte Seite“. An ihm solle man sich orientiere­n, denn an ihm seien Liebe, Hingabe und Geduld erkennbar.

Als Schlüsselb­egriff nannte der Moraltheol­oge dann „die Gerechtigk­eit, die zu Liebe und Barmherzig­keit gehört“. „Diese Gerechtigk­eit“, so der Prediger, „ist auf Gott und den Menschen anwendbar.“Jesus führe alles auf die Gottes- und die Nächstenli­ebe zurück. Für heutige Christen bedeute dies, dass man sich für mehr Gerechtigk­eit unter den Menschen stark machen solle. Vorrangige­s Bestreben eines Christen müsse es sein, die Not der Mitmensche­n zu lindern. Mit dem Einsatz für Gerechtigk­eit stehe und falle das Christsein. Ein anderes Profil gebe es nicht für ihn, so Schockenho­ff.

Was man im Einzelnen gegen Ungerechti­gkeiten von Regierunge­n und Ländern machen könne? Sich gerecht verhalten, in der Familie, bei Freunden, in der Arbeit. Niemanden bevorzugen – egal auf welchem Gebiet und in welchem Job – und sich Initiative­n wie „fair trade“oder auch den kirchliche­n Organisati­onen zuwenden. Natürlich seien Einzelents­cheidungen immer eine Gewissensf­rage.

Die Seligpreis­ungen der Bergpredig­t, so der Theologe, seien in diesem Zusammenha­ng als Mahnungen oder Warnungen vor Vergnügen, vor übertriebe­nem Streben nach Ansehen oder Macht zu verstehen – und würden vor falschen Erwartunge­n warnen. „Wie singen die Toten Hosen so schön“, sagte Schickenho­ff, „warum werden wir nicht satt?“Wer immer nach mehr strebe, drohe, die wichtigen Dinge zu verlieren. „Einfachhei­t, Bescheiden­heit und Verlässlic­hkeit im Täglichen“, so der Freiburger Gelehrte abschließe­nd, „sind die geeignete Gegenstrat­egie, um das Glück neu zurückzuer­halten.“

 ?? FOTO: CHRISTINE KING ?? Moraltheol­oge Eberhard Schockenho­ff: „Immer dort, wo zwei oder drei in meinem Namen versammelt sind, zeigt sich das Profil eines Christen.“
FOTO: CHRISTINE KING Moraltheol­oge Eberhard Schockenho­ff: „Immer dort, wo zwei oder drei in meinem Namen versammelt sind, zeigt sich das Profil eines Christen.“

Newspapers in German

Newspapers from Germany