Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)
Sorgen um die Haftung
Grundbesitzer im Oberallgäu fürchten Klagen, wenn Mountainbiker auf ihren Wegen stürzen
OBERALLGÄU - Haftungssorgen sind ein wesentlicher Punkt, warum mancher Grundeigentümer von Radlern auf privaten Alp- und Forstwegen nicht begeistert ist. Alles nur Panikmache, meint da der eine oder andere Mountainbiker. Sind es nur Gerüchte, um den Konflikt auf Alpund Wanderwegen zu schüren? Oder gibt es solche Fälle tatsächlich? Die Redaktion hakte nach.
„Es gibt Fälle, wo Eigentümer in die Pflicht genommen wurden“, weiß Helmut Maier vom Sonthofer Rathaus. Ihm sind Schadensersatzzahlungen von Älplern in den Bereichen Scheidwang und Sonthofer Hof bekannt. Wobei Maier selbst erfahren hat, dass gar nicht immer Radler die Probleme machen: Auch Versicherungen versuchten, Kosten abzuwälzen. Maier hatte sich vor ein paar Jahren mit dem Mountainbike (MTB) verletzt. Die Versicherung habe darauf lange nachgebohrt und erst nach Monaten Ruhe gegeben.
Einen Strafbefehl über 2000 Euro erhielt ein Immenstädter Landwirt, nachdem ihn im Sommer 2017 ein Radfahrer angezeigt hatte. Der war auf einem Feldweg unterwegs gewesen, der nur auf die Viehweide des Bauern führt. Dort sei er gegen den Drahtzaun gefahren, behauptete der Radler. Mit Anwalts-Hilfe konnte der Landwirt die Strafe halbieren, die er nun in Raten abstottert. Dazu kommen Anwaltskosten. Ärger hatte der Bauer aber schon früher. Wiederholt wurde sein Drahtzaun durchgezwickt, worauf das Vieh immer wieder auf die Straße lief. Mal standen zwei Radler mitten im Feld: Als er die aufforderte, die Weide zu verlassen, habe man ihm Prügel angedroht. Eine Konsequenz: Der Landwirt erlaubt nun auch nicht mehr, dass über seinen Grund eine Langlaufloipe führt.
Vor Gericht landete der Sturz an einer Bodenwelle auf dem Alpweg vom Hotel Alpenblick in Richtung Erzgruben (Burgberg), erinnert sich Klaus Besler, Vorsitzender des Alpwegeverbands. Zwar habe der Richter letztlich geurteilt, dass der Radler mit schuld gewesen sei. Aber Ärger und Zeitaufwand hatte man dennoch. Der Alpwegeverband stellte nach dem Unfall ein Warnschild „unebene Straße“auf. Der Fall ist einige Jahre her, als Besler noch nicht Vorsitzender war. Er hat auch eigene Erfahrungen: „Viele sind rücksichtsvoll und radeln vorausschauend.“Andere aber nicht. Besler erinnert sich zum Beispiel, wie er mit Traktor und Ladewagen an einer abschüssigen Stelle unterwegs war. Obwohl dort nur Tempo 30 erlaubt sei und die Radler keine Sicht hatten, hätten zwei überholt – und fast ein Kind umgefahren.
Im Burgberger Rathaus kennt man einen anderen Fall zwischen einer Feldzufahrt und dem Weg zum Alpenblick: Laut Hauptamtsleiter Ludwig Wegscheider kam wohl ein Radfahrer aus dem Wald, wollte mit hohem Tempo über eine Viehweide auf die Straße einbiegen und stürzte im Bereich eines Litzenzauns. Danach wollten Angehörige wissen, wem der Grund gehört, um Schadensersatz zu fordern. Man habe sie zur Anzeigenerstattung an die Polizei verwiesen und keine Daten herausgegeben, sagt Wegscheider. Wie die Sache vor etwa drei Jahren ausging, weiß man im Rathaus nicht.
Weg aus Zwickmühle
Solche Fälle wirken auch auf die Bereitschaft von Eigentümern, etwa einem Mountainbike-Rennen zuzustimmen, das über ihren Grund führt. Helmut Maier erinnert sich, dass vor einigen Jahren eine Streckenplanung am kategorischen Nein eines Älplers scheiterte. Der Mann hatte als Begründung angeführt, dass er einige Zeit vorher von einem Mountainbiker verklagt worden sei.
Aktuell könne Grundeigentümern nichts Besseres passieren, als einen Weg für die MTB-Strecken freizugeben, die die Allgäu GmbH ausweisen will, sagt Maier. Denn mit dem Vertrag, wie ihn etwa Sonthofen verwendet, übernehme die Kommune die Haftung für ausgewiesene Radelrouten, die Verkehrssicherungspflicht und den Unterhalt, soweit Schäden auf die Radler zurückgehen. Sozusagen ein Weg aus der Zwickmühle, in der sich Grundeigentümer sehen.