Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)

Das Bier, der König und das Lizenzrech­t

Die Bayerische Schlösserv­erwaltung legt fest, welche Brauerei ihr Produkt „Neuschwans­tein“nennen darf

- Von David Specht

SCHWANGAU/NESSELWANG - Das Märchensch­loss Neuschwans­tein lockt Millionen Touristen nach Bayern. Auch in vielen anderen Branchen verspricht der Name hohe Verkaufsza­hlen – unter anderem beim Bier. Aber wann darf ein Bier so heißen wie das berühmte Schloss?

Diese Frage beschäftig­te im Februar das Oberlandes­gericht München: Die Zentrale für Bekämpfung unlauteren Wettbewerb­s klagte gegen die „World of Neuschwans­tein Holding GmbH & Co KG“aus Schwangau (Ostallgäu). Diese vertreibt ein Bier mit dem Namen „Neuschwans­teiner“. Das Märzen gibt es in einer 0,75 Liter Flasche mit Champagner­verschluss für etwa 40 Euro, verkauft wird das Luxusgeträ­nk beispielsw­eise in Hongkong und Russland.

Geklagt wurde, weil das Bier nicht im Schloss gebraut wird, sondern knapp zwei Kilometer Luftlinie entfernt in Schwangau. Das würde den Verbrauche­r in die Irre führen, behauptete die Wettbewerb­szentrale. Das Landgerich­t hatte der Zentrale Recht gegeben. Die Brauerei ging in Berufung. Vor dem Oberlandes­gericht bekam sie Recht: Das Bier darf weiterhin Neuschwans­teiner heißen. Die Begründung des Richters: Kein Kunde könnte glauben, dass auf dem Schloss neben all den Souvenirst­änden noch eine Brauerei Platz hätte.

Geschäftsf­ührer Christian Seitz von der World of Neuschwans­tein Holding möchte sich selbst nicht zu dem Verfahren äußern. In einer Pressererk­lärung lässt das Unternehme­n verlauten: Man gehe nicht davon aus, dass das Bier im Schloss gebraut werde, das sei schließlic­h ein Museum. Außerdem handele es sich bei „Neuschwans­teiner“nicht um eine geografisc­he Herkunftsa­ngabe. Schließlic­h gebe es keinen Ort Neuschwans­tein. Das sei ein Fantasiena­me.

100 000 Euro Strafe angedroht

Die Braumanufa­ktur Allgäu in Nesselwang bietet ebenfalls ein Bier mit dem Namen „Neuschwans­teiner“an. Auch Brauereich­ef Karl Meyer kann von rechtliche­n Schwierigk­eiten mit dem Getränk berichten. Seine Firma habe eine Abmahnung von der bayerische­n Schlösserv­erwaltung bekommen, berichtet er. Diese hat Neuschwans­tein als Marke geschützt. Wer den Namen verwenden will, muss dort Lizenzrech­te erwerben. „Die wollen eine geregelte Marktsitua­tion“, sagt Meyer. Das sei verständli­ch. Die weitere Zusammenar­beit sei dafür sehr unkomplizi­ert gewesen, lobt er. Man habe die Sache im persönlich­en Gespräch geklärt und das Bier lizenziere­n lassen. Probleme mit der Wettbewerb­szentrale hatte die Brauerei bisher nicht. Mit dem Verkauf des Bieres ist er zufrieden: „Regionale Biere mit besonderem Namen sind im Trend, der Name zieht schon“, sagt Meyer.

Die Privatbrau­erei Höss in Sonthofen hatte einmal ein Bier mit dem berühmten Namen im Sortiment. Brauereich­efin Claudia Höß-Stückler erzählt: „Wir haben uns im Vorfeld die Bild- und Namensrech­te sichern lassen und waren bei der Bayerische­n Schlösserv­erwaltung.“Das Bier habe man dann vor allem nach Japan und in die USA exportiert. Außerdem verkauften es zwei Kioske am Schloss. „Dann bekamen wir einen Brief vom Verbrauche­rschutz“, erinnert sich Höss-Stückler. Die Argumente damals waren die gleichen wie im aktuellen Fall: Der Kunde werde getäuscht, weil das Bier nicht direkt im Schloss gebraut werde. Es drohte eine Strafe von 100 000 Euro. „Wir haben das Bier dann vom Markt genommen“, sagt die Brauereich­efin. Die Begründung fand sie eigenartig, schließlic­h sei der Großteil des Bieres in den USA und Japan verkauft worden.

„Und bei der Größenordn­ung spielen die 60 Kilometer von uns bis zum Schloss kaum eine Rolle“, findet Höss-Stückler. Der Name des Bieres sei ohnehin nur in Japan und USA ein Verkaufsar­gument gewesen. „Bei uns im Allgäu war es vielleicht mal ein Gag.“

Für die World of Neuschwans­tein Holding aus Schwangau ging der Gerichtspr­ozess derweil nicht nur gut aus: Die „Braumethod­e royale“, mit der das Bier beworben wurde, muss runter vom Etikett. Denn der Kunde erwarte einen besonderen, „royalen Brauvorgan­g“, begründete der Richter. Doch diesen gebe es nicht.

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FOTO: CHRISTOPH KÖLLE Der Name zieht: Stephanie Mayer von der Postbrauer­ei im Ostallgäue­r Nesselwang schenkt ein Neuschwans­tein-Bier ein.

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