Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)
Das Bier, der König und das Lizenzrecht
Die Bayerische Schlösserverwaltung legt fest, welche Brauerei ihr Produkt „Neuschwanstein“nennen darf
SCHWANGAU/NESSELWANG - Das Märchenschloss Neuschwanstein lockt Millionen Touristen nach Bayern. Auch in vielen anderen Branchen verspricht der Name hohe Verkaufszahlen – unter anderem beim Bier. Aber wann darf ein Bier so heißen wie das berühmte Schloss?
Diese Frage beschäftigte im Februar das Oberlandesgericht München: Die Zentrale für Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs klagte gegen die „World of Neuschwanstein Holding GmbH & Co KG“aus Schwangau (Ostallgäu). Diese vertreibt ein Bier mit dem Namen „Neuschwansteiner“. Das Märzen gibt es in einer 0,75 Liter Flasche mit Champagnerverschluss für etwa 40 Euro, verkauft wird das Luxusgetränk beispielsweise in Hongkong und Russland.
Geklagt wurde, weil das Bier nicht im Schloss gebraut wird, sondern knapp zwei Kilometer Luftlinie entfernt in Schwangau. Das würde den Verbraucher in die Irre führen, behauptete die Wettbewerbszentrale. Das Landgericht hatte der Zentrale Recht gegeben. Die Brauerei ging in Berufung. Vor dem Oberlandesgericht bekam sie Recht: Das Bier darf weiterhin Neuschwansteiner heißen. Die Begründung des Richters: Kein Kunde könnte glauben, dass auf dem Schloss neben all den Souvenirständen noch eine Brauerei Platz hätte.
Geschäftsführer Christian Seitz von der World of Neuschwanstein Holding möchte sich selbst nicht zu dem Verfahren äußern. In einer Pressererklärung lässt das Unternehmen verlauten: Man gehe nicht davon aus, dass das Bier im Schloss gebraut werde, das sei schließlich ein Museum. Außerdem handele es sich bei „Neuschwansteiner“nicht um eine geografische Herkunftsangabe. Schließlich gebe es keinen Ort Neuschwanstein. Das sei ein Fantasiename.
100 000 Euro Strafe angedroht
Die Braumanufaktur Allgäu in Nesselwang bietet ebenfalls ein Bier mit dem Namen „Neuschwansteiner“an. Auch Brauereichef Karl Meyer kann von rechtlichen Schwierigkeiten mit dem Getränk berichten. Seine Firma habe eine Abmahnung von der bayerischen Schlösserverwaltung bekommen, berichtet er. Diese hat Neuschwanstein als Marke geschützt. Wer den Namen verwenden will, muss dort Lizenzrechte erwerben. „Die wollen eine geregelte Marktsituation“, sagt Meyer. Das sei verständlich. Die weitere Zusammenarbeit sei dafür sehr unkompliziert gewesen, lobt er. Man habe die Sache im persönlichen Gespräch geklärt und das Bier lizenzieren lassen. Probleme mit der Wettbewerbszentrale hatte die Brauerei bisher nicht. Mit dem Verkauf des Bieres ist er zufrieden: „Regionale Biere mit besonderem Namen sind im Trend, der Name zieht schon“, sagt Meyer.
Die Privatbrauerei Höss in Sonthofen hatte einmal ein Bier mit dem berühmten Namen im Sortiment. Brauereichefin Claudia Höß-Stückler erzählt: „Wir haben uns im Vorfeld die Bild- und Namensrechte sichern lassen und waren bei der Bayerischen Schlösserverwaltung.“Das Bier habe man dann vor allem nach Japan und in die USA exportiert. Außerdem verkauften es zwei Kioske am Schloss. „Dann bekamen wir einen Brief vom Verbraucherschutz“, erinnert sich Höss-Stückler. Die Argumente damals waren die gleichen wie im aktuellen Fall: Der Kunde werde getäuscht, weil das Bier nicht direkt im Schloss gebraut werde. Es drohte eine Strafe von 100 000 Euro. „Wir haben das Bier dann vom Markt genommen“, sagt die Brauereichefin. Die Begründung fand sie eigenartig, schließlich sei der Großteil des Bieres in den USA und Japan verkauft worden.
„Und bei der Größenordnung spielen die 60 Kilometer von uns bis zum Schloss kaum eine Rolle“, findet Höss-Stückler. Der Name des Bieres sei ohnehin nur in Japan und USA ein Verkaufsargument gewesen. „Bei uns im Allgäu war es vielleicht mal ein Gag.“
Für die World of Neuschwanstein Holding aus Schwangau ging der Gerichtsprozess derweil nicht nur gut aus: Die „Braumethode royale“, mit der das Bier beworben wurde, muss runter vom Etikett. Denn der Kunde erwarte einen besonderen, „royalen Brauvorgang“, begründete der Richter. Doch diesen gebe es nicht.