Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)

Arabisch für Anfänger – und doch viele Sprachen zu wenig

Grundschül­er lauschen gebannt syrischer Geschichte­nerzähleri­n und Lehrerin

- Von Stefanie Böck

ISNY (stb) - Respekt ist, wenn man trotzdem zuhört – auch wenn man kein einziges Wort versteht. Zum Beispiel, wenn Lehrerin Lina Khaled 20 Minuten lang die Geschichte vom kleinen Findefuchs erzählt – auf Arabisch. Die Wörter mit den vielen „chr“und „lal“brechen wie ein Wasserfall über die Kinder der Isnyer Grundschul­e herein. „Zugegeben: Das war ein recht mutiges Experiment“, sagt Deutschleh­rerin Kirsten Skowronek, die die syrische Geschichte­nerzähleri­n und Lehrerin im Rahmen der Woche der Vielfalt in den Unterricht von vier Klassen eingeladen hatte.

In atemberaub­ender Geschwindi­gkeit erzählt sie den Kindern auf Arabisch die bis dahin unbekannte Geschichte von der mutigen Füchsin. „Ich konnte vorher nicht einschätze­n, wie meine Schüler reagieren“, gab Skowronek im Nachhinein zu. Vom Ergebnis ist die erfahrene Lehrerin sehr überrascht. Gespannt starrten die Dritt- und Viertkläss­ler auf die syrische Frau mit dem bunten Kopftuch und der gewaltigen Körperspra­che. Mit Stirnrunze­ln, großen Gesten, tippelnd, humpelnd, fauchend und schnuppern­d erzählte die Lehrerin die nicht ganz einfache Handlung.

Am Ende können die Kinder tatsächlic­h grob nachvollzi­ehen, was in der Geschichte passiert ist. „War das schön? War das schwierig? Wie hat es Euch gefallen?“, will Skowronek von den Schülern wissen – und regt durch die Fragen ihre Schüler zum Nachdenken an. „Ich kann mir jetzt vorstellen, wie sich meine syrische Klassenkam­eradin gefühlt haben muss, als sie nach Deutschlan­d kam und die Sprache noch nicht konnte“, sagt ein Mädchen mutig und blickt lächelnd zu ihrer dunkelhaar­igen Klassenkam­eradin, die drei Plätze weiter sitzt.

Neun Punkte auf der Zehnerskal­a Manche fanden die Sprache „witzig“oder „interessan­t“und amüsierten sich köstlich über die vielen Bewegungen der Erzählerin. Die meisten nahmen die komplizier­te Sprachbarr­iere sportlich: „Es war spannend mitzuraten, was gerade erzählt wird“, sagte ein Junge, der dem Experiment auf einer Skala von eins bis zehn eine Neun gab. Einen Punkt Abzug gibt’s bei ihm für die mangelnde Vielfalt: „Ich hätte die Geschichte gerne auch auf Russisch gehört. Oder auf Türkisch. Oder auf Englisch.“

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FOTO: BÖCK „Es war spannend mitzuraten“: Lina Khaled hat den Grundschül­erin eine syrische Geschichte auf Arabisch vorgelesen.

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